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# taz.de -- Diskriminierung wegen des Alters: Tabuthema Lebensjahre
> Die Antidiskriminierungsstelle hat untersucht, welche Menschen sich wegen
> ihres Alters benachteiligt fühlen. Jüngere fühlen sich im Beruf
> zurückgesetzt, Ältere bei der Jobsuche.
Bild: Ältere Menschen fühlen sich besonders bei der Jobsuche benachteiligt.
BERLIN taz | Die Altersdiskriminierung hat viele Gesichter. Im Berliner
Szeneclub "Watergate" zum Beispiel bleiben ganz junge Frauen draußen, weil
"wir nur Leute ab 21 reinlassen", beschied ein Türsteher einer jungen
Blondine. Die reife Mutter des Mädchens war allerdings einige Monate vorher
auch abgewiesen worden; hier das Alter offen als Begründung zu nennen,
hatte der Türmann nicht gewagt.
Das Alter als Ausschluss- oder Einschlusskriterium ist eine Frage des
Standpunktes. Mehr Junge als Alte fühlen sich wegen ihres Alters
diskriminiert, ergab eine Umfrage im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle
(ADS) des Bundes, die am Montag vorgestellt wurde. 21 Prozent der 1.500
Befragten gaben dabei an, schon einmal aufgrund ihres Alters benachteiligt
worden zu sein. Von den 18- bis 29-Jährigen waren dies 29 Prozent, unter
den über 60-Jährigen nur 18 Prozent. Das Thema "Altersdiskriminierung" soll
der Schwerpunkt im diesjährigen Themenjahr der ADS sein.
Jüngere Menschen fühlten sich vor allem diskriminiert, wenn man ihnen im
Beruf bestimmte Kompetenzen nicht zutraue und sie immer nur befristet
beschäftige, erklärte die Leiterin der ADS, Christine Lüders, der taz. "Die
erleben zum Beispiel, dass sie trotz guter Qualifikation nicht zur Gruppen-
oder Referatsleiterin befördert werden." Den Jüngeren im Betrieb sage man
dann, sie müssten "noch ein bisschen warten". "Das Senioritätsprinzip" sei
noch in vielen Köpfen verankert.
Die Älteren seien aufgrund des Arbeitsrechts zwar "übermäßig geschützt",
solange sie im Betrieb sind, sagte der Rechtswissenschaftler Felipe
Temming. Das kehre sich jedoch um, wenn sie den Job verlören und es dann
sehr schwer hätten, wieder eine Arbeit zu finden. Von den Befragten im
mittleren Alter zwischen 45 bis 59 Jahren erklärten 22 Prozent, schon
einmal wegen ihrer Lebensjahre benachteiligt worden zu sein. Dem Satz "Ab
45 bekommt man heutzutage praktisch keinen Job mehr" stimmten in der
Forsa-Erhebung immerhin 42 Prozent der Befragten zu, bei den Frauen sogar
48 Prozent.
## Per Gesetz verbieten
##
Wer eine höhere Bildung hat, rechnet sich auch in späteren Jahren noch
bessere Beschäftigungschancen aus. Von den HauptschülerInnen erklärten 57
Prozent, dass man ab 45 kaum noch eine Stelle finde, unter den Leuten mit
Abitur und Studium waren dies nur 33 Prozent. Unter den Selbständigen
erklärten lediglich 29 Prozent, schon einmal wegen ihres Alters
benachteiligt worden zu sein.
Die Diskriminierung junger und älterer Menschen aufgrund des Alters sollte
per Grundgesetz verboten werden, forderte Lüders. Sie schlug eine
Erweiterung des Artikels 3 vor. Dieser verbietet unter anderem die
Benachteiligung aufgrund des Geschlechts, der Herkunft und der Religion.
Lüders verwies auf die Verfassungen der Schweiz, Finnlands und Schwedens,
in denen entsprechende Regelungen verankert seien. Das
Antidiskriminierungsgesetz in Deutschland verbietet bereits eine
Benachteiligung wegen Alters.
Einen Betrieb wegen Altersdiskriminierung bei der Einstellung zu verklagen,
ist allerdings schwierig, da man nachweisen muss, aufgrund des Alters
abgewiesen worden zu sein. Einfacher ist es, gegen Stellenanzeigen mit
Altersgrenzen vorzugehen. So verklagte ein älterer Bewerber ein
Unternehmen, das Leute für sein "junges, dynamisches Team" suchte. Er
erhielt eine kleinere Entschädigungssumme, berichtete Bernhard Franke,
Berater bei der ADS.
23 Jan 2012
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
## TAGS
Schule
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