Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Facebooks neue Timeline: Der Lebenslauf für jeden
> Der US-Konzern führt seine neue Chronik für alle 800 Millionen Mitglieder
> verpflichtend ein. Deutsche Datenschützer sehen die Umstellung kritisch.
Bild: Am besten das ganze Leben dokumentieren, findet Facebook-Gründer Zuckerb…
Es ist mittlerweile ein eingespielter Ablauf: die Zentrale des sozialen
Netzwerks Facebook gibt eine Änderung bekannt, und deutsche Datenschützer
empören sich. So wirft der Datenschutzbeauftragte von Schleswig-Holstein
Thilo Weichert dem Unternehmen in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
"ultradreistes Verhalten" vor und spricht von einem Bruch der
Versicherungen. des US-Unternehmens, Nutzer vor großen Änderungen erst um
Erlaubnis zu fragen. Und Facebook sagt erst einmal nichts.
Was ist passiert? Im offiziellen Facebook-Blog sieht die Neuerung harmlos
aus. "In den nächsten Wochen wird jeder die neue Timeline bekommen",
[1][//blog.facebook.com/blog.php?post=10150408488962131:heißt es dort].
Nicht Mal einen neuen Eintrag ist die Kunde wert, die demnächst alle 800
Millionen Mitglieder des Dienstes betreffen wird. Denn mit der "Timeline" –
zu deutsch: Chronik – geht Facebook in seine neuste Inkarnation. Und wie
immer ist das Motto: Teile so viele Daten wie möglich.
Das Prinzip der Chronik, die Facebook-Chef Mark Zuckerberg bereits [2][im
vergangenen Jahr vorgestellt] hat, ist einfach. Jedes Mitglied bekommt zur
Selbstdarstellung eine lebenslange Zeitleiste erstellt, in der sämtliche
Beiträge, Fotos, Freundschaften oder "Likes" zusammengetragen werden. Ein
digitaler Lebenslauf, der mit Kinderbildern bis hin zur Geburt fortgesetzt
werden kann. Statt sich einen Dreh zur Selbstpräsentation zu überlegen,
können die Nutzer nun einfach ihre Beiträge für sich sprechen lassen. Man
muss nicht seine Musikvorlieben eintragen, wenn sämtliche Konzertbesuche in
der Chronik stehen.
"Auf den ersten Blick ändert sich nur die Form der Darstellung", erklärt
Henry Krasemann, Referent beim Unabhängigen Landeszentrum fuer Datenschutz
Schleswig-Holstein im Gespräch mit taz.de. Aber natürlich änderten sich
durch die neue Darstellungsform die Spielregeln. War Facebook bisher vor
allem ein flüchtiges Medium, das ganz auf das Jetzt konzentriert ist und
bei dem die vielen Beiträge der Freunde und Bekannten nur so vorbeirasen,
ist das Netzwerk jetzt auf Dauerhaftigkeit gegründet.
## Sieben Tage zum Bereinigen
"Informationen, die vorher nicht mehr wahrgenommen wurden, sind jetzt
deutlich sichtbarer", sagt Krasemann. So kann man die letzten Beziehungen
genau so nachschlagen wie Fotos aus ferner Vergangenheit. Sofern der
Facebook-Nutzer das erlaubt. Denn vor der Umstellung auf das neue Prinzip
kann jeder Nutzer relativ einfach seinen Facebook-Lebenslauf durchgehen und
bereinigen.
Es gibt sogar eine Funktion, alle älteren Beiträge pauschal nur seinen
Facebook-Freunden zugänglich zu machen. Dass der Konzern den Mitgliedern im
Zweifel aber nur sieben Tage Zeit gibt um alle Beiträge zu sichten, ist für
Krasemann aber eindeutig zu wenig.
Parallel zur Timeline führt Facebook einen Ticker ein, in dem besonders
flüchtige Informationen gesammelt werden: welche Musik hört man grade,
welche Filme guckt man online, welche Artikel liest man? Viele
Kooperationspartner koppeln ihre Angebote an Facebook an und erhalten so
wieder mehr Zugriff auf die Daten der Facebook-Nutzer.
Wer zum Beispiel einen Link auf einen Artikel der britischen Zeitung The
Guardian klickt, muss erst eine Facebook-Applikation installieren und so
Facebook mitteilen, welche Artikel er denn liest. Abstellen kann man diese
Applikationen derzeit nur, wenn der Herausgeber es erlaubt. Ergebnis:
Entweder man teilt alles oder man klickt nicht mehr auf Links. So sollen
die Nutzer motiviert werden, möglichst alles, was sie am Computer und im
restlichen Leben machen, mit Facebook zu teilen. Das widerum macht Facebook
für die Werbeindustrie interessanter.
Ob die Facebook-Nutzer das neue Prinzip annehmen werden, muss sich erst
zeigen – sie haben auch in der Vergangenheit viele Funktionen boykottiert,
die Facebook Geld in die Kassen spülen sollten. Musik-Streaming-Dienste wie
Spotify und Simfy, die das ständige Teilen der eigenen Playlist integriert
haben, können dem Ticker kräftigen Zustrom bringen. Wenn die
Facebook-Anbindung aber nur offenbart, welch schlechten Musikgeschmack der
eigene Freundeskreis doch hat, wird der Ticker weder für die Nutzer, noch
für die Werbeindustrie ein Gewinn sein.
27 Jan 2012
## LINKS
[1] http://https
[2] /Zuckerberg-stellt-Neuerungen-vor/!78763/
## AUTOREN
Torsten Kleinz
## TAGS
Schwerpunkt Meta
Schwerpunkt Meta
Schwerpunkt Meta
## ARTIKEL ZUM THEMA
Timeline der "New York Times": Nur für seriöse Zeitreisende
Die "New York Times" hat in der Facebook-Timeline ihre Geschichte
aufbereitet. Beim Stöbern kommen alte Kamellen, Angebereien und ein
laszives Bild der Monroe ans Licht.
Frankreichs Präsident online: Facebook gefällt Sarkozy
Das Internet vergisst nichts – besonders Facebooks "Timeline" lässt keinen
Exfreund und keine Party aus der Vergangenheit ruhen. Nur bei Sarkozy, da
ist alles hübsch.
ARD-Dokumentation über Facebook: Noch mal alles ordentlich erklärt
Eine ARD-Doku über Facebook liefert einen Grundkurs – und ein bisschen
mehr. Vor allem fürs Interview mit Zuckerberg könnte es "Gefällt
mir"-Klicks geben.
Zensur in Indien: Weg mit Facebook und Google
15 Tage haben Google und Facebook Zeit, Inhalte von ihren Websiten in
Indien zu löschen. Das schreibt ein Gesetz vor. Falls das nicht geschieht,
drohen chinesische Verhältnisse.
Facebooks Timeline: Der Ex-Ex-Freund? Gefällt mir!
Jeder weiß, was wer auf Facebook letzten Sommer getan hat, wenn die
Timeline da ist? Nicht doch. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum neuen
Look.
Facebook beantragt Börsengang: Das teuerste Netzwerk der Welt
Facebook könnte an der Börse zu einem der teuersten Unternehmen der Welt
werden. Doch dafür muss das soziale Netzwerk mehr Werbekunden gewinnen.
Kreative Zahlenspiele eigener Experten: Wirtschaftswunder Facebook
Facebook will in Europa für eine Wertschöpfung von 15,3 Milliarden Euro
verantwortlich sein. Wie kommen die firmeneigenen Experten auf diese Summe?
Soziale Netzwerke in der Google-Suche: Auch Facebook will dabei sein
Ergebnisse aus Google+ werden bei einer Google-Suche bevorzugt angezeigt.
Programmierer von Facebook und Twitter haben nun ein Addon geschrieben, mit
dem sie auch berücksichtigt werden.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.