# taz.de -- Trauriger Rekord in Spanien: Hälfte der unter 25-Jährigen ohne Job | |
> Die Arbeitslosenquote in Spanien erreicht 22,85 Prozent, bei den unter | |
> 25-Jährigen gar 48,5 Prozent. Eine drastische Kürzung öffentlicher | |
> Ausgaben verschärft die Lage noch. | |
Bild: Arbeitslose vor einem Job-Center in Madrid. | |
MADRID taz | Spaniens Statistikamt meldet einen traurigen Rekord. 5.273.600 | |
Menschen waren zum Jahresende ohne Arbeit - 22,85 Prozent. Von | |
Arbeitslosigkeit betroffen waren damit im letzten Quartal 295.300 Personen | |
mehr. Seit Beginn der Krise gingen in Spanien insgesamt 2,7 Millionen | |
Arbeitsplätze verloren, 55 Prozent davon in der Bauwirtschaft. | |
Mehr als die Hälfte der spanischen Arbeitslosen suchen seit mehr als einem | |
Jahr einen Job. Bei den Spaniern unter 25 Jahren ist mit 48,5 Prozent knapp | |
jeder Zweite ohne Arbeit. In mehr als 1,5 Millionen Haushalten arbeitet | |
kein einziges Mitglied. | |
Die jetzige Zahl ist Rekord. Zwar waren während der letzten schweren | |
Wirtschaftskrise in Spanien 1994 offiziell 24,5 Prozent ohne Arbeit. Doch | |
laut Zentralbank wären dies nach heutiger Zählart nur 18,5 Prozent gewesen. | |
Denn es werden Menschen, die etwa an einer staatlich bezahlten Fortbildung | |
teilnehmen, nicht mehr mitgezählt. | |
Besserung ist nicht in Sicht. Die Wirtschaft steckt seit dem letzten | |
Quartal 2011 in der Rezession. Das Bruttoinlandsprodukt wird dieses Jahr um | |
mehr als einen Prozentpunkt schrumpfen. Auch für 2013 ist kein Wachstum | |
abzusehen. Hinzu kommen die Sparmaßnahmen, mit denen das Defizit von | |
derzeit 8,1 Prozent bis Ende 2012 auf 4,4 Prozent gedrückt werden soll. | |
Spanien könnte sich regelrecht totsparen. Denn die Kürzungen vernichten | |
Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst. Ein Viertel der im letzten Quartal | |
Entlassenen kommt aus Verwaltung, öffentlichen Betrieben, Schulen und dem | |
Gesundheitssystem. Allein in Madrid wurden in der Oberstufe staatlicher | |
Schulen 3.000 Lehrerstellen gestrichen. In Katalonien trifft die Sparwut | |
vor allem Krankenhäuser. Diese Entwicklung schwächt die Kaufkraft. Trotz | |
des Weihnachtsgeschäfts verlor auch der Einzelhandel Arbeitsplätze. | |
Gewerkschaften und Arbeitgeber handeln derzeit unter dem Druck der | |
konservativen Regierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy eine | |
Arbeitsmarktreform aus. Sie einigten sich, Löhne und Gehälter bis 2014 | |
einzufrieren. | |
Strittig ist eine weitere Aufweichung des Kündigungsschutzes, die laut | |
Regierung und Unternehmern Arbeitsplätze schaffen soll. Die Gewerkschaften | |
bezweifeln dies. Sie lehnen auch Rajoys Pläne einer Minijobregelung ab. | |
Schon jetzt verdienen mehr als die Hälfte derer, die noch Arbeit haben, | |
unter 1.000 Euro im Monat. | |
27 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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