# taz.de -- Arabische Liga in Syrien: Beobachtermission vorerst gestoppt | |
> Zu viel Blutvergießen: Die Arabische Liga will der Gewalt in Syrien nicht | |
> länger zusehen und hat ihre Mission zunächst unterbrochen. Nun soll | |
> endlich der UN-Sicherheitsrat handeln. | |
Bild: Anfang Januar wurde noch in orangenen Westen beobachtet – hier in einer… | |
KAIRO dapd/dpa | Die Arabische Liga hat die Beobachtermission in Syrien | |
wegen der eskalierenden Gewalt vorerst gestoppt. Bundesaußenminister Guido | |
Westerwelle erklärte am Samstag, eine klare Reaktion des UN-Sicherheitsrats | |
sei nun umso dringlicher. In den vergangenen drei Tagen starben nach | |
Angaben von Menschenrechtsorganisationen etwa 100 Menschen, darunter | |
etliche Kinder. Andere Berichte sprechen sogar von mehr als 200 Menschen. | |
Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil Elarabi, sagte am Samstag, | |
die Organisation habe sich entschlossen, die Beobachtermission angesichts | |
des Blutvergießens umgehend abzubrechen. Bis der Rat über das weitere | |
Vorgehen entschieden habe, werde die Arbeit der Delegierten eingestellt. | |
Elarabi machte Damaskus für die Eskalation der Gewalt verantwortlich. Das | |
Regime habe seine Versprechungen, die blutige Niederschlagung der Proteste | |
zu beenden, nicht gehalten, sondern im Gegenteil noch mehr Militär | |
eingesetzt. Die Opfer der Gewalt seien "unschuldige Bürger", erklärte | |
Elarabi und widersprach damit den Aussagen des Regimes von Präsident | |
Baschar Assad, "Terroristen" zu bekämpfen. | |
Elarabis Stellvertreter, Ahmed Ben Heli, sagte Medienvertretern, die etwa | |
100 Beobachter blieben in Damaskus, während der Rat des Staatenbundes das | |
Thema erörtere. Ben Heli signalisierte die Wiederaufnahme der Arbeit der | |
Beobachter zu einem späteren Zeitpunkt. Auf die Frage, ob die Beobachter | |
abgezogen würden, erklärte er, der Stopp sei angesichts der Ereignislage | |
zwingend gewesen, um die Sicherheit der Beobachter zu gewährleisten. | |
Allerdings sprach er davon, dass die Beobachter möglicherweise andere Orte | |
besuchen könnten. | |
Wie die Nachrichtenagentur dpa aus dem Umfeld der Beobachter erfuhr, hatten | |
sich die Teams wegen der andauernden Gewaltexzesse geweigert, | |
weiterzuarbeiten. Die meisten Delegierten verließen demnach schon Freitag | |
und Samstag nicht mehr ihre Hotels in Damaskus und warteten auf eine | |
Entscheidung über einen Abzug. | |
## Syrische Regierung zeigt sich überrascht | |
Die syrische Regierung hat den Abbruch der Beobachtermission der Arabischen | |
Liga bedauert. Man sei von der Entscheidung überrascht, zitierte die | |
staatliche Nachrichtenagentur Sana in der Nacht zum Sonntag einen | |
namentlich nicht genannten Regierungsvertreter. | |
Seit Beginn des Aufstands gegen das Regime von Assad im März vergangenen | |
Jahres wurden nach UN-Angaben mindestens 5.400 Menschen getötet. | |
Elarabi und der Ministerpräsident von Katar wollten noch am Sonntag nach | |
New York aufbrechen, um die Vereinten Nationen um Unterstützung für einen | |
arabischen Friedensplan zu bitten, mit dem die Krise in Syrien beendet | |
werden soll. Die Initiative sieht die Bildung einer Einheitsregierung | |
innerhalb von zwei Monaten vor, wobei Assad die Macht an seinen | |
Stellvertreter abgeben soll. Damaskus lehnt das Vorhaben mit der Begründung | |
ab, es verstoße gegen die Souveränität des Landes. | |
Westerwelle forderte angesichts des Abbruchs der Beobachtermission eine | |
klare Reaktion des UN-Sicherheitsrats. Der Außenminister forderte noch | |
zögernde Staaten auf, "sich der notwendigen und angesichts der Verschärfung | |
der Situation überfälligen Resolution nicht länger in den Weg zu stellen". | |
Der von europäischen und arabischen Staaten gemeinsam erarbeitete | |
Resolutionsentwurf sei "eine gute Grundlage für eine eindeutige | |
Verurteilung der Gewalt durch das syrische Regime". | |
Insbesondere Russland hat Vorbehalte gegenüber der vorgelegten Resolution. | |
Der von Marokko eingebrachte Entwurf überschreite für Moskau mehrere "rote | |
Linien", sagte der russische UN-Botschafter Witali Tschurkin am Freitag in | |
New York. Dazu gehörten alle Andeutungen von Sanktionen und eines | |
Waffenembargos. "Wir müssen uns darauf konzentrieren, einen politischen | |
Dialog einzuleiten", sagte Tschurkin. | |
## "Wir wollen eine einstimme Resolution" | |
Der britische UN-Botschafter Mark Lyall Grant betonte hingegen, dass in dem | |
Text, der auf den jüngsten Empfehlungen der Arabischen Liga basiere, keine | |
Sanktionen und kein Waffenembargo erwähnt seien. Der Entwurf stoße auf | |
breite Unterstützung bei den anderen Mitgliedern des Sicherheitsrats. "Wir | |
wollen, wie die Araber, eine einstimmige Resolution", sagte Lyall Grant. | |
"Es wird Zeit, dass wir die Bemühungen der Arabischen Liga unterstützen." | |
Katar will den Sicherheitsrat über die Lage in Syrien am Dienstag | |
informieren. Der französische UN-Botschafter Gerard Araud erklärte, er | |
erwarte, dass dann ab Mittwoch ein "sehr entschlossener | |
Verhandlungsprozess" auf Botschafterebene beginnen werde. | |
Unterdessen kamen bei neuerlichen Kämpfen zwischen Regierungstruppen und | |
abtrünnigen Soldaten in Syrien und bei anderen Gewaltakten nach | |
unterschiedlichen Angaben von Menschenrechtsaktivisten zwischen mindestens | |
20 und 34 Menschen ums Leben. Die staatliche Nachrichtenagentur SANA | |
meldete am Samstag, "Terroristen" hätten nahe der Stadt Duma, einem Vorort | |
von Damaskus, einen Bus mit Armeeoffizieren überfallen und sieben von ihnen | |
getötet. | |
29 Jan 2012 | |
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