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# taz.de -- Abgeschobene Familie zurückgeholt: "Ein besonderer Einzelfall"
> Sie waren mustergültig integriert, doch CDU-Minister Schünemann ließ sie
> trotzdem abschieben. Weil es sogar Protest aus der eigenen Partei gab,
> holte er sie nun zurück.
Bild: Dürfen wieder in Deutschland leben: die Nguyens.
BREMEN taz | 83 Tage war Ngoc Lan Nguyen allein. Sie blieb zurück, als am
8. November um drei Uhr früh Polizisten die Familie der 20-jährigen
Vietnamesin aus ihrem Haus in der niedersächsischen Kleinstadt Hoya geholt
und nach Vietnam abgeschoben hatten. 19 Jahre hatten die Nguyens in der
Bundesrepublik gelebt, nur die älteste Tochter hatte ein Aufenthaltsrecht
bekommen.
Seit Dienstag ist die Familie wieder vereint. Um 10.55 Uhr landeten die
Eltern und die beiden minderjährigen Geschwister von Ngoc Lan auf dem
Flughafen in Hannover-Langenhagen. Außer der Tochter empfingen sie
Schulkameraden, Freunde und Unterstützer mit Willkommensplakaten, Blumen
und Luftballons. "Es ist ein Traum in Erfüllung gegangen", sagte Ngoc Lan.
Zurückgeholt hatte die Familie der gleiche Mann, der sie aus Deutschland
entfernen ließ: Niedersachsens CDU-Innenminister Uwe Schünemann. Der wird
seit Jahren für seine harte Ausländerpolitik kritisiert. Allein 2011 stieg
die Zahl der Abschiebungen aus Niedersachsen um 10 Prozent an. Doch im Fall
der Nguyens hatte Schünemann nicht nur Opposition, Kirchen und
Flüchtlingsinitiativen gegen sich. Auch Teile der niedersächsischen
CDU-Basis und viele CDU-Parlamentarier protestierten. Selbst Dunja
McAllister, die Frau des Ministerpräsidenten, soll sich wegen des Umgangs
mit den Nguyens massiv beklagt haben.
Denn die christliche Familie galt als mustergültig integriert, die
niedersächsischen Medien bis zur Bild-Zeitung schlugen sich mit großem Elan
auf ihre Seite. Der Vater arbeitete seit 19 Jahren in einer Baumschule, die
Kinder hatten gute Schulnoten, die Familie war in der kleinen Stadt
beliebt.
## Absurd
Doch weil der Vater Tuong Nguyen bei der Einreise 1992 einen falschen Namen
angegeben hatte, ließ Schünemann die Familie gegen den Willen der lokalen
Ausländerbehörde abschieben und behauptete, dies sei rechtlich zwingend.
Der frühere Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, Gottfried
Mahrenholz, nannte dies damals "absurd": Es werde "auf ewig sein Geheimnis
bleiben", warum Schünemann die Abschiebung nicht per einfacher Weisung
gestoppt habe.
Nach nur acht Tagen musste Schünemann dem Druck nachgeben. Am 16. November
bat er die deutsche Botschaft in Hanoi, den Nguyens ein Visum für eine
Rückkehr nach Deutschland zu erteilen. "In diesem besonderen Einzelfall"
sei humanitäre Hilfe geboten, so Schünemann. In Hanoi gehe es der Familie
nicht gut. Die Botschaft kam der Bitte nach. "Wir wollen doch gut
integrierte Menschen halten", sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete Axel
Knoerig. Hoya liegt in seinem Wahlkreis. Knoerig hatte sich im November mit
anderen CDU-Leuten bei der Bundesintegrationsbeauftragten Maria Böhmer für
die Nguyens eingesetzt.
Kai Weber, der Sprecher des niedersächsischen Flüchtlingsrats, sagte am
Dienstag, die Abschiebung von Familien, die lange in Niedersachsen gelebt
haben, gehe unverändert weiter. "Wir haben seit der Kehrtwende bei den
Nguyens keine Änderung beim täglichen Vollzug festgestellt. Es häufen sich
die unangekündigten Abschiebungen im Morgengrauen", sagte Weber.
31 Jan 2012
## AUTOREN
Christian Jakob
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