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# taz.de -- Kommentar Proteste in Russland: Druck auf Putins Supermann-Gehabe
> In Moskau demonstrieren nicht mehr nur die Sorgenfreien. Putin sollte
> sich auf Kompromisse einlassen. Wenn die Straße ihn nicht dazu bewegt,
> wird es die eigene Entourage tun.
Bild: Weißes Band als Zeichen des Protests: Auch Hunde demonstrierten am Sonnt…
Russlands Bürger erobern die Straße. Friedlich, gut gelaunt und ohne
Rachegelüste. In zwei Monaten hat das Land einen Quantensprung vollzogen.
200.000 Menschen gingen am Wochenende demonstrieren. Die einen für, die
anderen gegen Putin. Der Protest seit den Wahlfälschungen im Dezember rang
dem System nicht nur Zugeständnisse ab. Das Regime sieht sich gezwungen,
auf gleiche Weise zu reagieren. Zigtausende Unterstützer brachte der
Machtapparat auf die Straße. Bei weitem nicht alle kamen freiwillig. Trotz
Manipulation ist das System jedoch offener geworden, offen bleibt aber auch
der Ausgang des Kräftemessens.
Noch ist Putin zu Dialog und Einlenken mit den Gegnern nicht bereit. In der
Verweigerung bestärkt ihn eine Phalanx von Anhängern aus der Provinz,
Millionen Beamte und Empfänger staatlicher Zuwendungen, mit denen indes
kein moderner Staat zu machen ist. "Wir haben etwas zu verlieren" war denn
auch das Motto der Putinschen Gegendemonstration. Den Strategen schien die
Doppeldeutigkeit der Aussage nicht bewusst zu sein.
Dass Putins Entourage das Land wie eine Besatzungsmacht regiert und ihm die
Zukunft raubt, ist einer der Gründe, warum sich Bürger mit Geld und Bildung
wehren und den Rückzug des Allmächtigen verlangen. Arroganz der Macht und
dümmliche Verleumdungen, die den Unzufriedenen gebetsmühlenartig
unterstellen, gedungene Söldner der USA zu sein, lassen von Mal zu Mal den
Protest anschwellen. Die Macht macht sich lächerlich. Längst demonstrieren
nicht mehr nur die Sorgenfreien. Der Protest schlägt weitere Kreise.
Deshalb wäre Wladimir Putin gut beraten, sich auf Kompromisse einzulassen
und Fehler auch mal zuzugeben. Die Präsidentschaftswahl wird er zwar noch
gewinnen, die Weigerung, den Wahlfäschungen vom Dezember auf den Grund zu
gehen, wird aber auch den Urnengang im März belasten. Seine Legitimität
hängt a priori schon an dünnem Faden. Zumal der Druck der Straße nicht
nachlassen wird.
Putin kann vom Supermann-Gehabe unterdessen nicht lassen. Nachgeben, auch
nur Zuhören, bedeutet in seiner Weltsicht Schwäche. Wenn die Straße ihn
nicht zum Einlenken bewegt, wird die eigene Entourage ihn über kurz oder
lang dazu nötigen. Nicht im Dialog sondern durch eine Palastrevolution.
Denn sie hätte im Ernstfall nicht nur etwas, sondern sehr viel zu
verlieren.
5 Feb 2012
## AUTOREN
Klaus-Helge Donath
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