# taz.de -- "Rohstoffpartnerschaft" mit Kasachstan: Der Schatz in der Steppe | |
> Kasachstan verfügt über Rohstoffe, die für die deutsche Industrie wichtig | |
> sind. Die Bundesregierung will sich mit einer Partnerschaft den Zugang | |
> sichern. | |
Bild: Beim Jagen telefonieren – im Handy des kasachischen Jägers stecken unt… | |
BERLIN taz | Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwoch den | |
kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew im Kanzleramt empfängt, endet | |
ein diplomatisches Tauziehen. Monatelang haben die beiden Länder | |
verhandelt, immer wieder wurde die feierliche Unterschrift verschoben: Nun | |
endlich soll sie unterzeichnet werden, die deutsch-kasachische | |
Rohstoffpartnerschaft. | |
Die Steppe Kasachstans birgt unzählige Schätze, zum Beispiel | |
Seltenerdmetalle, Titan, Wolfram und Tantal. Geologen vermuten, das Land | |
könne in den nächsten Jahrzehnten zu einem der wichtigsten Lieferanten | |
Seltener Erden weltweit aufsteigen. Allerdings: Der mittelasiatische Staat | |
will seine Rohstoffe nicht einfach exportieren. Nach dem Zerfall der | |
Sowjetunion habe man Gas- und Ölvorkommen an den Meistbietenden verkauft, | |
sagt der kasachische Vizeminister für Industrie und Technologie, Albert | |
Rau. | |
Dabei sei die wirtschaftliche Entwicklung zu kurz gekommen. "Wir verkaufen | |
Millionen Barrel Öl, müssen aber Benzin importieren", ärgert er sich. Das | |
soll anders werden. "Für unsere Metalle und Seltenen Erden wollen wir | |
Technologietransfer und Hilfe bei der Industrialisierung", fordert der | |
deutschstämmige Minister. | |
An einem direkten Tausch Rohstoffe gegen Industriehilfe aber hatte die | |
deutsche Industrie wenig Interesse, die Verhandlungen verschleppten sich. | |
Ein hochrangiger kasachischer Politiker seufzte im Sommer über Demokratie | |
und Marktwirtschaft in Deutschland. Mit Ländern wie Südkorea sei die Sache | |
viel einfacher. Dort unterschreibe die Regierung und Samsung liefere. | |
## Unterdrückung hat Tradition, Demokratie nicht | |
Demokratie und Menschenrechte spielen in Kasachstan traditionell keine | |
große Rolle. Im Dezember eskalierte ein seit Mai andauernder Ölstreik in | |
der Westprovinz Mangistau. Die Polizei schlug ihn nieder, dutzende Menschen | |
starben, hunderte wurden verletzt. Der kasachische Präsident äußerte zwar | |
Verständnis für die Ölarbeiter, aber der Staat reagierte mit Repression. | |
Allein in den letzten zwei Wochen nach den von der Organisation für | |
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OSZE) als undemokratisch | |
bezeichneten Parlamentswahlen Mitte Januar wurden reihenweise kasachische | |
Oppositionspolitiker verhaftet. Doch Nasarbajew kommt nicht ohne Morgengabe | |
nach Berlin. Der 2009 zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilte | |
Menschenrechtler Jewgenis Jowtis wurde kurz vor der Abreise Nasarbajews | |
amnestiert und soll in zwei Wochen freigelassen werden. | |
Das von den Kasachen geforderte Konzept "Rohstoffe gegen Industriehilfe" | |
liegt auch der ersten bislang beschlossenen Rohlstoffpartnerschaft mit der | |
Mongolei zu Grunde. Vorgesehen ist etwa, bei der Erkundung, Gewinnung und | |
Verarbeitung von Rohstoffen zusammenzuarbeiten; die dafür notwendige | |
technische Infrastruktur zu schaffen und auszubauen; die Rohstoff- und | |
Ressourceneffizienz zu verbessern sowie bei der Gewinnung Umwelt- und | |
Sozialstandards umzusetzen. | |
## Ansätze für Menschenrechtspolitik | |
Grundsätzlich böten bilaterale Abkommen gute Ansätze für | |
Menschenrechtspolitik, sagt Katharina Spieß von Amnesty International. | |
Wichtig sei aber, dass in den Abkommen auch konkret Bezug auf sie genomen | |
würde. Die Umwelt- und Sozialstandards der Rohstoffpartnerschaft mit der | |
Mongolei etwa beträfen aber nur Arbeitnehmerrechte. Die Frage etwa, wie | |
viel Transparenz im Rohstoffsektor - und damit wie viel Korruption - | |
herrsche, sei damit nicht gestellt. | |
Den Rohstoffpartnerschaften mit der Mongolei und Kasachstan sollen weitere | |
folgen, darunter mit Chile und Kanada. Die Betonung liege auf | |
"Partnerschaft", angestrebt werde eine nachhaltige Entwicklung für beide | |
Seiten, betonte Werner Ressing, Abteilungsleiter Industriepolitik im | |
Bundeswirtschaftsministerium, kürzlich auf einer Rohstofftagung der | |
Kreditanstalt für Wiederaufbau in Berlin. | |
## BASF, Bayer, BMW | |
Partnerschaftlich soll es auch in einem anderen Instrument deutscher | |
Rohstoffpolitik zugehen, der Rohstoffallianz. Zunächst zwölf Unternehmen, | |
darunter die Chemiekonzerne BASF, Bayer, Wacker Chemie, die | |
Automobilhersteller BMW, Daimler und die Stahlerzeuger Stahl-Holding-Saar | |
und ThyssenKrupp, haben sich in einer Allianz zusammengeschlossen. | |
Sie habe den "Aufbau von Beteiligungen an Rohstoffprojekten zum Ziel, um so | |
die Versorgung der Industrie mit Rohstoffen langfristig zu verbessern", | |
teilte der Bundesverband der Deutschen Industrie mit, der das Projekt | |
initiiert hat. Wie die Allianz organisiert und was ihr konkretes | |
Tätigkeitsfeld werde, müsse sich noch entwickeln, so der BDI. | |
6 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
M. Bensmann | |
H. Holdinghausen | |
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