# taz.de -- Parlamentswahlen in Kasachstan: Regierungspartei in Gesellschaft | |
> Die Gruppierung des Präsidenten erreicht 80 Prozent. Zwei weitere | |
> Parteien ziehen ins Parlament ein. Die OSZE meint: Demokratische | |
> Standards wurden verfehlt. | |
Bild: Freude über "transparente Wahlen": Der kasachische Staatspräsident Nurs… | |
AKTAU taz | Die Regierungspartei des Kasachischen Präsidenten Nursultan | |
Nasarbajew, Nur-Otan, ist nicht mehr allein zu Haus. Bei den | |
Parlamentswahlen am Sonntag erhielt das "Licht des Vaterlandes" zwar satte | |
80 Prozent der Stimmen. Jedoch übersprangen mit der Partei Ak-Schol (weißer | |
Weg) und den Nationalkommunisten zwei weitere Gruppierungen die | |
Siebenprozenthürde und ziehen in das Parlament ein. | |
"Das kasachische Volk hat Nur-Otan erneut eine Carte blanche gegeben", | |
freute sich der 71-jährige Präsident und lobte die Transparenz der Wahl. | |
Die Schaffung eines Mehrparteienparlaments war der Zweck des vorgezogenen | |
Urnengangs in dem rohstoffreichen Staat in Zentralasien, an dem sich 75 | |
Prozent der Wahlberechtigten beteiligten. Zuvor saß in der Volkskammer nur | |
die Partei der Macht. | |
Die eigentliche Oppositionspartei OSDP erreichte 1,5 Prozent und beschwerte | |
sich über massive Wahlfälschungen. | |
Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zeigte | |
sich unzufrieden mit den Wahlen und erklärte, dass die Schlüsselelemente | |
für eine demokratische Wahl gefehlt hätten. "Die Wahl fand in einem eng | |
kontrollierten Umwelt statt", sagte Miklós Haraszti vom OSZE-Büro für | |
demokratische Institutionen und Menschenrechte in Astana. Ein genuiner | |
Pluralismus bedürfe nicht einer derartigen Orchestrierung. | |
Die Kritik der OSZE lässt die kasachische Macht kalt. Besonders freut sich | |
Nasarbajew über das Ergebnis von 70 Prozent für Nur-Otan in der | |
westkasachischen Stadt Schanaozen. Am 16. Dezember, zu den Feiern des 20. | |
Unabhängigkeitstages der ehemaligen Sowjetrepublik, eskalierte dort der | |
seit Mai währende Ölarbeiterstreik. Die Polizei schoss in die Menge, 16 | |
Männer wurden getötet, rund hundert verletzt. | |
"Das Wahlergebnis zeigt, dass das einfache Volk und die Ölarbeiter | |
unschuldig sind", sagte Nasarbajew und beschuldigt erneut Dritte, für die | |
Ausschreitungen verantwortlich zu sein. Die Wahlen in Schanaozen fanden | |
unter hohen Sicherheitsvorkehrungen statt. Journalisten durften nur in | |
Begleitung ausgewählte Wahllokale besuchen. | |
Orasali ist nicht zur Wahl gegangen. Sein Bruder wurde zwei Tage nach den | |
Ereignissen am 16. Dezember schwer verletzt im Krankenhaus aufgefunden. | |
Kurz darauf starb er. "Mein Bruder wurde zu Tode geprügelt, dabei hatte er | |
sich nicht an dem Streik beteiligt", sagte der Ölarbeiter. | |
16 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Marcus Bensmann | |
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