# taz.de -- Entscheidungen des Bundesrats: Einigkeit bei Telefon und Abfall | |
> Die Opposition lehnt im Bundesrat die schwarz-gelben Steuerpläne ab, die | |
> Regierung verhindert einen gesetzlichen Mindestlohn. Dafür werden die | |
> Rechte von Telefonkunden vielfach gestärkt. | |
Bild: Kennen Sie diese drei MinisterpräsidentInnen und ihre Bundesländer ohne… | |
BERLIN afp/dpa/rtr | Die ab 2013 geplanten Steuersenkungen bleiben eine | |
Zitterpartie für die schwarz-gelbe Koalition. Den von SPD und Grünen | |
geführten Ländern gelang es in der ersten Beratung der Länderkammer am | |
Freitag in Berlin zwar nicht, die geplante Entlastung um jährlich 6,1 | |
Milliarden Euro schon im ersten Anlauf zu kippen. Aber auch Union und FDP | |
fanden im Bundesrat keine Mehrheit für die Regierungspläne. | |
Befürworter und Gegner stehen sich weiter unversöhnlich gegenüber. Da sich | |
beide Seiten nicht durchsetzen konnten, kann der Bundestag wie geplant | |
seine Beratungen zunächst fortsetzen. Der Bundesrat muss dann in einem | |
zweiten Anlauf über eine Zustimmung zu der kleinen Steuerreform oder das | |
endgültige Aus entscheiden. Kanzlerin Angela Merkel hatte zuvor an die | |
Länder appelliert, die Steuersenkung nicht scheitern zu lassen. An einer | |
Erhöhung des Grundfreibetrages komme auch die Opposition nicht vorbei, | |
sagte die CDU-Chefin. | |
Die Koalition will die "kalte Progression" mildern. Die entsteht, wenn eine | |
Lohnerhöhung gerade den Preisanstieg ausgleicht. Die reale Kaufkraft des | |
Arbeitnehmers steigt dann nicht, er muss aber mehr Steuern zahlen. Nach den | |
Plänen soll der Grundfreibetrag in den Jahren 2013 und 2014 um insgesamt | |
350 Euro auf dann 8.354 Euro für Ledige pro Jahr angehoben werden. Parallel | |
dazu soll – mit Ausnahme der "Reichensteuer" – der Tarifverlauf so geändert | |
werden, dass die Steuersätze künftig erst bei einem höheren Einkommen | |
greifen. Profitieren sollen vor allem untere und mittlere Einkommen. | |
## Kein gesetzlicher Mindestlohn | |
Auch eine Initiative der SPD- oder Grünen-geführten Bundesländer zur | |
Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns hat im Bundesrat keine Mehrheit | |
gefunden. Zwar unterstützten am Freitag auch verschiedene | |
CDU-Ministerpräsidenten grundsätzlich das Anliegen, gegen Lohndumping | |
vorzugehen. Thüringens Regierungschefin Christine Lieberknecht (CDU) | |
verlangte jedoch, dass dabei vor allem die Tarifpartner einbezogen werden | |
müssten. | |
"Es besteht kein Zweifel, dass Dinge in Deutschland aus dem Lot geraten | |
sind", räumte Lieberknecht mit Blick auf die Zunahme prekärer | |
Arbeitsverhältnisse ein. Die CDU-Politikerin steht einer | |
Koalitionsregierung mit der SPD in Thüringen vor. "Wer Vollzeit arbeitet, | |
muss davon auch leben können", sagte sie. | |
Mehrere SPD-Politiker warfen der Union Verzögerungstaktik vor. Immer mehr | |
Unionspolitiker würden die Probleme auf dem Arbeitsmarkt erkennen, wegen | |
des Koalitionsfriedens mit der FDP jedoch weiter kuschen, sagte | |
Baden-Württembergs Bundesratsminister Peter Friedrich (SPD). | |
## Reform des Telekommunikationsrechts verabschiedet | |
Einstimmig beschlossen wurde hingegen – nach der Einigung im | |
Vermittlungsausschuss – die Reform des Telekommunikationsrechts. Damit | |
werden Telefonkunden künftig deutlich besser gestellt: Sie müssen nicht | |
mehr für Warteschleifen zahlen, beim Wechsel des Anbieters dürfen sie nur | |
noch höchstens einen Tag ohne Anschluss dastehen und Rufnummern-Mitnahme | |
soll auch einfacher werden. | |
Der Vermittlungsausschuss hatte am Mittwochabend eine Einigung zwischen | |
Bund und Ländern bei der Vergabe von Mobilfunk-Frequenzen erzielt, die | |
ebenfalls in dem Telekommunikationsgesetz geregelt wird. Der sächsische | |
Staatsminister Karl Johannes Beermann (CDU) sagte im Bundesrat, die | |
gefundene Lösung nutze den Ländern wie dem Bund gleichermaßen. | |
Nach Beermanns Worten sollen die Länder bei der Versteigerung von | |
Frequenzen künftig mindestens die Hälfte der Erlöse bekommen. Zudem muss | |
der Bundesrat bei Frequenzvergaben seine Zustimmung geben. Der | |
Vermittlungsausschuss hatte sich ebenfalls darauf geeinigt, dass die | |
staatliche Förderbank KfW den Ausbau der Breitbandnetze auch künftig | |
unterstützt. | |
## Der Weg ist frei für die Wertstofftonne | |
Auch dem neuen Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz hat der Bundesrat | |
nach einem Kompromiss im Vermittlungsausschuss zugestimmt. Der Kompromiss | |
sorge für einen "fairen Ausgleich" zwischen privatem Wettbewerb und | |
öffentlicher Daseinsvorsorge und verhindere die "Rosinenpickerei" privater | |
Recyclingunternehmen bei der Abfallentsorgung auf Kosten der | |
Gebührenzahler, sagte die rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin | |
Eveline Lemke (Grüne). | |
Die von Privatfirmen angebotene Entsorgung müsse nun "wesentlich | |
leistungsfähiger" sein als das Angebot eines öffentlich-rechtlichen | |
Entsorgers, sagte Lemke. In der vorherigen Fassung des Gesetzes hätte | |
bereits die Gleichwertigkeit der Leistung genügt. Am Donnerstag hatte der | |
Bundestag dem Gesetz zugestimmt. | |
Das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz ist auch Voraussetzung für eine Reform | |
des Wertstoffgesetzes. Es soll ermöglichen, dass künftig alle Arten von | |
Plastik und Metallen in einer Tonne landen und dann abgeholt werden. | |
Künftig könnten Verbraucher also auch alte Plastikschüsseln oder kaputtes | |
Spielzeug in eine sogenannte Wertstofftonne werfen. | |
## Banken-Rettungsschirm reaktiviert | |
Der vorsorgliche Rettungsschirm für die deutschen Banken wegen der | |
Euro-Schuldenkrise steht. Der Bundesrat ließ am Freitag das Gesetz zur | |
befristeten Reaktivierung des Bankenrettungsfonds SoFFin passieren. Der | |
Bundestag hatte bereits grünes Licht gegeben. Wie in der Finanzkrise vor | |
drei Jahren kann der SoFFin Geldhäuser mit staatlichen Garantien bei der | |
Geldbeschaffung unterstützen oder ihr Eigenkapital verstärken. Dafür stehen | |
maximal 480 Milliarden Euro bereit. Der Fonds ist bis zum Ende dieses | |
Jahres geöffnet. | |
Der SoFFin hatte eigentlich Ende 2010 seine Tore geschlossen. Anlass für | |
seine Wiedereröffnung ist der Blitz-Stresstest der europäischen | |
Bankenaufsicht EBA. Diese sieht erst bei einer Eigenkapitalquote von neun | |
Prozent die systemrelevanten Banken in Europa ausreichend gegen die | |
Schuldenkrise abgeschirmt. | |
In Deutschland müssen sechs Institute bis zum 30. Juni insgesamt gut 13 | |
Milliarden Euro auftreiben, um die Quote zu erfüllen. Bisher haben alle | |
erklärt, dies ohne Staatshilfe zu schaffen, auch die Commerzbank mit einer | |
Kapitallücke von 5,3 Milliarden Euro. | |
10 Feb 2012 | |
## TAGS | |
Verbraucherschutz | |
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