| # taz.de -- "Captive" im Berlinale-Wettbewerb: Der Einsatz zahlreicher Sprengmi… | |
| > Perfekt für den Festivalparcours: "Captive" von Brillante Mendoza ist | |
| > eine internationale Koproduktion mit Isabelle Huppert und nach wahren | |
| > Begebenheiten (Wettbewerb). | |
| Bild: Mitten im Dschungel: Die Entführten Iabelle Huppert und Maria Isabel Lop… | |
| Die südphilippinische Hauptinsel Mindanao bildet einen der seltener | |
| beachteten Konfliktherde im globalen Zusammenhang. Feudalen Verhältnis | |
| Perfekt für den Festivalparcour: "Captive" von Brillante Mendoza ist eine | |
| internationale Koproduktion, Isabelle Huppert spielt mit und tatsächlich | |
| ereignet hat sich die Geschichte auch (Wettbewerb) sen und korrupten | |
| Autoritäten stehen dort muslimische Kämpfer gegenüber, deren Aktionen die | |
| Verhältnisse eher verfestigt als verändert haben. | |
| Seit längerer Zeit war davon die Rede, dass die beiden derzeit wichtigsten | |
| Filmemacher der Philippinen, Lav Diaz und Brillante Mendoza, an einem | |
| Mindanao-Projekt arbeiteten. Mendoza hat seines nun zuerst abgeschlossen, | |
| und zwar in einer Form, die geradezu perfekt die Erfordernisse des | |
| internationalen Festivalparcours erfüllt: "Captive" ist eine Koproduktion | |
| mit Arte France, Isabelle Huppert spielt eine der Hauptrollen, daneben ist | |
| zum Beispiel Rustica Carpio zu sehen, eine der beiden Hauptdarstellerinnen | |
| aus Mendozas "Lola" (2009). Der Film beruht auf "tatsächlichen Ereignissen" | |
| und gibt sich durch die in Inserts erscheinenden Zeitangaben, die auf die | |
| Jahre 2001 und 2002 verweisen, ein zeithistorisches Gepräge. | |
| Die eigentliche Erzählung setzt umstandlos ein: Ein Boot legt an einem | |
| nächtlichen Ufer an, bewaffnete Männer gehen an Land, Menschen werden aus | |
| dem Schlaf gerissen. Wenig später schon befindet sich eine größere Gruppe | |
| im Geiselhaft: philippinische Ehepaare, internationale Hilfskräfte, | |
| darunter eben auch die französische Staatsbürgerin Thérèse. Für sie beginnt | |
| eine Odyssee, die über ein Jahr dauert und mit einer Kommandoaktion | |
| irgendwo im Dschungel endet. | |
| ## Monotonie und dramatische Zuspitzung | |
| Die Herausforderung, die für einen Filmemacher daraus resultiert, ist der | |
| für die Geiseln ähnlich: Er muss Monotonie und dramatische Zuspitzung | |
| miteinander vermitteln, er muss die Normalität, die sich unweigerlich | |
| irgendwann einstellt, ebenso zeigen wie die (meistens dann doch wieder | |
| nicht) entscheidenden Ereignisse. Die ambivalente Rolle der Armee und der | |
| Regierungsbehörden nimmt Mendoza dabei vor allem indirekt in den Blick, | |
| denn er beschränkt sich in der Perspektive des Films auf die der Opfer. | |
| Dabei ist "Captive" keineswegs auf Isabelle Huppert zugeschnitten, sondern | |
| verfolgt eine eher dezentrale Starpolitik, die erst gegen Ende | |
| konventioneller wird. Wenn die Terroristen mit ihren Geiseln schließlich | |
| kurz bei einer Schule im tiefen Hinterland Station machen, dann ist das so | |
| etwas wie ein Verweis auf Mendozas großartigen Film "Manoro" (2006), in dem | |
| er die Schwierigkeiten beim Aufbau demokratischer Strukturen in der Provinz | |
| zum Thema machte. | |
| Diesen Film sollte man bei "Captive" im Hinterkopf haben, andernfalls | |
| könnte der Realismus der Unmittelbarkeit, den Mendoza hier zum Prinzip | |
| macht, ein wenig tautologisch werden: Der Einsatz zahlreicher Sprengmittel, | |
| aber auch die in die Tierwelt abschweifenden Blicke, die Undurchsichtigkeit | |
| der Geschehnisse in der äußeren Welt (zu denen auch als wesentliche | |
| Markierung die Anschläge von 9-11 zählen) - all das lässt "Captive" zu | |
| einer zwar eindringlich erzählten, aber (für einen Zeitgeschichtsfilm) | |
| seltsam ahistorischen Film werden, der viele Ambivalenzen des gegenwärtigen | |
| Weltkinos eher verkörpert als bearbeitet. | |
| ## "Captive" heute 12 Uhr und 20.30 Friedrichstadtpalast; 15. 2., 15 Uhr | |
| Friedrichstadtpalast; 19. 2., 21.45 Uhr Friedrichstadtpalast | |
| 13 Feb 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Bert Rebhandl | |
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