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# taz.de -- STÄDTEBAU: Lösungen vom Nachwuchs
> In der Ausstellung "Neue Heimaten" präsentieren Studierende konkrete
> architektonische Vorschläge für sechs soziale Brennpunkte Bremens
Bild: Die Grohner Düne in Bremen-Vegesack - und wie sie, zumindest im Modell, …
Sie galt einmal - und das ist erst 40 Jahre her! - als "Modellprojekt für
modernes Wohnen": Die Grohner Düne hinter dem Vegesacker Bahnhof, von BILD
unlängst zum "größten Armenhaus Bremens" ausgerufen. Gut 3.000 Menschen
können dort wohnen, MieterInnen aus fast 30 Nationen leben hier zusammen.
Mehr als 500 Wohneinheiten fasst die Kleinstadt im Hochhausformat. Und
ursprünglich sollten es noch viel mehr werden. "Die Wohnbedingungen und das
Wohnumfeld sind zum Teil skandalös", sagt Stefan Rettich,
Architektur-Professor an der Hochschule Bremen. Also hat er seine
StudentInnen beauftragt, die soziale Frage an Orten wie diesem einmal mit
architektonischen Mitteln zu beantworten. Das Ergebnis ist ab sofort im
alten Postamt am Bahnhof zu sehen. Die Ausstellung "Neue Heimaten" wird
dabei ergänzt um eine Schau, die verschiedene soziale Konflikte kartiert
und bei der es unter anderem um Gewalt in U-Bahnen, private
Sicherheitskräfte, Motorradrocker oder Gentrifizierung geht.
Für gleich sechs Brennpunkte Bremens haben sich die Siebtsemester
realistische städtebauliche Lösungen überlegt. Neben der Grohner Düne
gehören dazu die Trabantenstadt der Lüssumer Heide in Lüssum-Bockhorn und
das Schweizer Viertel in Alt-Osterholz. Aber auch für die Hochhaussiedlung
in Kattenturm-Mitte, die Behelfsbauten am Sacksdamm in Sebaldsbrück sowie
für die Discomeile präsentieren die Studierenden konkrete Lösungen. "Immer
wieder", sagt Rettich, geht es dabei um den Besitz der "Bremischen", die
heute zur Vitus-Gruppe gehört.
Auch in der Grohner Düne war "spätestens mit der Privatisierung der soziale
Niedergang besiegelt", sagt Rettich, Geld werde heute nur noch für das
Nötigste investiert. Die Studierenden wollen nun den, wie Rettich sagt,
"verwahrlosten" Innenhof durch künstlich aufgeschüttete Dünen aufwerten,
auf denen verschiedene Angebote für die MieterInnen entstehen könnten.
Vorne würden die unteren beiden Geschosse abgerissen - so soll ein
großzügiges Eingangstor in den Hof entstehen, dazu eine Mischung aus
Sozialraum, Ladenlokal und Hauseingang. Auch die Treppenhäuser sollen
aufgewertet werden, durch farbliche Gestaltung und Ornamente, die die
ethnische Zugehörigkeiten der BewohnerInnen aufgreifen.
Nicht immer sind die Ideen der Studierenden in erster Linie rein
architektonische. Am Sacksdamm etwa verfolgen sie vor allem einen
integrativen Ansatz, der das dortige, weitgehend selbstbestimmte Wohnmodell
für Ärmere erhalten soll. Die Siedlung besteht aus schlichten,
eingeschossigen Arbeiterquartieren aus den Zwanzigern, die zum Teil bis
heute weder Heizung noch Warmwasser haben. Wer hier wohnt, zahlt Mieten von
100 Euro für 30 Quadratmeter - und will meist nicht ausziehen. Als
Alternative kämen wohl nur Hochhauswohnungen in Frage. Und um die bezahlen
zu können, müssten die Leute vom Sacksdamm mehr - oder überhaupt - Geld vom
Amt bekommen. Ein Abriss eines der Häuschen würde knapp 44.000 Euro kosten,
eine Sanierung weniger als 17.000 Euro, errechneten die Studierenden - und
planen mit viel Eigenleistung der BewohnerInnen. Die Idee: ein Fonds, der
zinslose, zweckgebundene Kredite vergibt. Die könnten dann durch leichte
Mieterhöhungen schrittweise wieder getilgt werden.
Auch für die Discomeile hat sich der Architekten-Nachwuchs etwas überlegt:
Der zweigeschossige Flachbau "Auf der Brake" wird abgerissen, hier könnte
ein neues Skaterareal entstehen, als Ersatz für jenes vor dem Hauptbahnhof,
das bald überbaut wird. Aus der schmalen Straße zwischen der Hochstraße und
den Discotheken wird eine breite Fußgängerzone, die lange Betonwand davor
zur Lichtskulptur mit Sitzgelegenheiten umfunktioniert. Und unter der
Hochstraße selbst entstehen erleuchtete Pavillons.
Rettich ist "zufrieden" mit dem, was seine Studenten sich da überlegt
haben. An diesen Problemen "beißen sich auch Profis die Zähne aus", sagt
er.
Bis 26. März, An der Weide 50c, 1. Stock. Montag, Donnerstag & Sonntag,
jeweils 14 bis 18 Uhr
13 Feb 2012
## AUTOREN
Jan Zier
Jan Zier
## TAGS
Immobilien Bremen
Wohnungsleerstand
Bremen
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