# taz.de -- Verbraucherschützer warnen vor Abzocke: Song gesaugt, abgemahnt | |
> Hunderttausende Nutzer sind bereits abgemahnt worden, weil sie angeblich | |
> illegal Songs oder Videos aus dem Netz geladen haben. Verbraucherschützer | |
> beschweren sich über Abzocke. | |
Bild: Wird oft illegal herunter geladen: Musik im Netz. | |
BERLIN dpa | Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) will | |
Internet-Nutzer vor überhöhten und ungerechtfertigten Abmahnforderungen im | |
Urheberrecht schützen. In einem Gesetz müsse klar geregelt werden, dass | |
eine erste Abmahnung von privaten Verbrauchern maximal 100 Euro kosten | |
dürfe, forderte der Verband am Dienstag. Bislang verlangten Anwälte und | |
Rechteinhaber von Anwendern, die eine Software, ein Video oder ein | |
Musikstück unerlaubt aus dem Netz geladen haben, häufig Abmahnsummen von | |
deutlich über 1.000 Euro. | |
"Die derzeitige Regelung enthält zu viele Schlupflöcher und kann die | |
Abmahnindustrie nicht stoppen", sagte die Leiterin des Fachbereichs | |
Wirtschaft und Internationales beim Verbraucherzentrale Bundesverband e.V., | |
Cornelia Tausch. Der stellvertretende Vorsitzende der | |
SPD-Bundestagsfraktion, Ulrich Kelber, forderte ebenfalls: "Die | |
Abmahnindustrie muss in die Schranken verwiesen werden." Privatpersonen | |
dürften für kleinste, oft unwissentliche Verstöße gegen das Urheberrecht | |
nicht mit hohen Abmahnkosten belastet werden. | |
Das derzeit geltende Urheberrechtsgesetz aus dem Jahr 2008 sieht bereits | |
vor, die Kosten für die erste Abmahnung unter bestimmten Voraussetzungen | |
bei 100 Euro zu deckeln. In vielen Fällen würden jedoch private und | |
nicht-kommerzielle Verstöße von Verbrauchern als "gewerblich" gewertet, | |
sagte Tausch. Betroffen von Abmahnungen seien auch Menschen, die weder | |
einen Computer noch eine Internet-Zugangsbox (DSL-Router) besitzen oder zum | |
fraglichen Zeitpunkt nachweislich nicht im Netz waren. "Es geht uns nicht | |
darum, Rechtsverstöße zu bagatellisieren. Aber es drängt sich der Eindruck | |
auf, dass Rechteinhaber und Anwälte Abmahnungen als lukratives | |
Geschäftsmodell entdeckt haben." | |
Die Verbraucherschützer sprachen sich am Dienstag auch gegen das | |
Warnhinweis-Modell aus, das in der aktuellen Debatte um ein neues | |
Urheberrecht von den Rechteinhabern favorisiert wird. Dabei müssten die | |
Internetprovider das Nutzerverhalten protokollieren, speichern und bei | |
Urheberrechtsverstößen Warnmeldungen an die Kunden verschicken. | |
"Dienstleister dürfen keine Hilfssheriffs sein, die ihre Kunden ausspähen", | |
kritisierte Tausch. Wenn Rechteinhaber Verbraucher bei einfachen Verstößen | |
warnen wollen, so könnten sie ihnen schon heute per Post einen Brief | |
schicken. | |
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen verwies in seinem | |
Positionspapier auf eine Statistik des Internet-Branchenverbandes Eco, | |
wonach bei deutschen Internet-Providern massenhaft die Kontaktdaten von | |
Internet-Anwendern ermittelt werden, weil sie online mutmaßlich gegen das | |
Urheberrecht verstoßen haben. Monatlich würden rund 300.000 | |
IP-Adressauskünfte erfragt. Dabei werden die genutzten Netz-Adressen | |
(IP-Adressen) den jeweiligen Anschlussinhabern zugeordnet, um | |
Rechtsverstöße im Netz juristisch verfolgen zu können. | |
Die Verbraucherschützer verlangen auch, dass sich Rechteinhaber für ihre | |
Klagen künftig nicht mehr die Gerichte aussuchen können, die in der Praxis | |
häufig zu ihren Gunsten entschieden haben. Der "fliegende Gerichtsstand" | |
begünstige die Rechteinhaber und führe zu einer sehr einseitigen | |
Entscheidungspraxis. "Bei Urheberrechtsverletzungen von Verbrauchern muss | |
ausschließlich das Gericht am Wohnsitz des Verbrauchers zuständig sein", | |
forderten die Verbraucherschützer. | |
14 Feb 2012 | |
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