# taz.de -- Turbine-Trainer Schröder zur DFB-Wahl: "Wenig Raum für Kreativit�… | |
> Bernd Schröder ist Fußballerinnen-Meistertrainer. Er spricht über | |
> Fingernägelkauen, seine Erwartungen an Niersbach und Gegenkandidat | |
> Rüttenauers Demokratiekritik. | |
Bild: Erfolgstrainer Bernd Schröder unter der Dusche. | |
taz: Herr Schröder, DFB-Präsident Theo Zwanziger ist ein leidenschaftlicher | |
Fürsprecher des Frauenfußballs. Herr Niersbach, der Anfang März sein | |
Nachfolger werden will, fehlt dieser emotionale Bezug. Das verheißt nichts | |
Gutes, oder? | |
Bernd Schröder: Theo Zwanziger hat viele Dinge durchaus auch aus dem Herzen | |
sehr schnell und unkompliziert, eigendynamisch auf dem Weg gebracht. Ich | |
denke, bei Niersbach müssen wir mit gut abgestimmter, konzeptioneller | |
Vorarbeit, mit mehr Schriftgut überzeugen. Das wird eine andere | |
Zusammenarbeit sein. | |
Eine problematischere also? | |
So will ich es nicht formulieren. Gewisse Dinge werden sicherlich | |
sensibler, weniger spontan und bedächtiger behandelt. | |
Da es bislang keine Alternative zur Wahl von Niersbach gab, hat sich unser | |
Kollege Andreas Rüttenauer entschlossen, ebenfalls für das Amt zu | |
kandidieren. Haben Sie davon mitbekommen? | |
Ja. Und im Prinzip ist die Demokratiekritik, die damit verbunden ist, auch | |
richtig. | |
Für kommenden Freitag hat er Herrn Niersbach zu einer Podiumsdiskussion | |
nach Berlin eingeladen. Es soll einen Ideenwettstreit geben. | |
Da würde ich gern dabei sein. | |
Herr Niersbach will das aber nicht. Er sagt, er wolle sich programmatisch | |
vor der Wahl nicht äußern, um Zwanziger nicht in den Rücken zu fallen. | |
Es fällt mir schwer, darin eine reale Logik zu finden. | |
Das kann ich Ihnen leider auch nicht erklären. Vermissen Sie beim DFB den | |
Wettstreit zwischen Personen und damit auch zwischen Ideen? | |
Das ist ja ein Problem, das sie nicht nur beim DFB haben. Wo sind denn die | |
Persönlichkeiten, die wir in unserer Gesellschaft eigentlich suchen und | |
brauchen, wenn es darum geht, die notwendige eigene Verantwortung | |
einzubringen. Als der Bundespräsident Köhler zurücktrat, haben wir doch | |
auch alle das Fingernägelkauen angefangen, wer denn nun sein Nachfolger | |
sein könnte. | |
Aber wo sehen Sie die Probleme beim DFB? | |
Es geht ja nicht nur um den Präsidenten. Da gibt es ja auch in den | |
Landesverbänden Strukturen, die sich am Führungsstil des DFB orientieren | |
und das auch bis in die Sachbearbeiterebene praktizieren. Nicht immer sieht | |
das die sogenannte Basis hilfreich. | |
Die Strukturen sind also so verkrustet, dass niemand mit alternativen Ideen | |
eine Chance hat, hochzukommen? | |
Verkrustet? Sagen wir mal gefestigt, auch wenn es dasselbe ist (lacht). Es | |
gibt da wenig Spielraum für Kreativität, um irgendetwas zu ändern. Aber | |
Herr Niersbach könnte da theoretisch schon etwas tun. | |
Was müsste er denn machen? | |
Entscheidend wird sein, inwieweit dieser Mann bereit ist, mit seinem | |
Gefolge auch mal in die unteren Strukturen zu gehen. Auf den untersten | |
Ebenen haben wir Riesenprobleme, den Fußball überhaupt noch zu | |
organisieren. Und das liegt nicht nur an den geburtenschwachen Jahrgängen. | |
Der DFB müsste in diesem Bereich viel mehr seine sozialen Verpflichtungen | |
wahrnehmen. In den Fußballkreisen und den entsprechenden Vereinen hat man | |
nicht selten das Gefühl, im "eigenen Saft" zu schmoren, da gab es auch | |
schon bessere Zeiten. | |
Das sagt auch DFB-Präsidentschaftskandidat Rüttenauer: Der Fußball entfernt | |
sich von der Basis. | |
Das hat Ihr Kollege richtig erkannt. Der DFB ist der größte Sportverband | |
der Welt. Da schaut man auch von außen hin, welche Tendenzen gefördert | |
werden oder nicht. Das hat eine gesellschaftspolitische Wirkung. Der DFB | |
hat auch eine soziale Aufgabe, das ist ja nichts Neues. Nicht zuletzt lebt | |
jede Struktur auch durch die handelnden Personen. | |
Und die nimmt er nicht ausreichend wahr? | |
Es ist schon manches gemacht worden. Die Schaffung der Kleinfelder etwa für | |
die Nachwuchsarbeit. Aber an der Basis hat man das grundsätzliche Gefühl, | |
und das ist der Knackpunkt, dass beim DFB niemand da ist, der sich für ihre | |
Belange einsetzt. Daher spreche ich von der allgemeinen Wahrnehmung der | |
sogenannten Basis. | |
Was spricht dagegen, dass Herr Niersbach hier neue Impulse beim DFB setzt? | |
Was dort passiert, geht ja nicht nur von einer Person aus. Für einige im | |
DFB gilt jetzt auch der Spruch: "Der König ist tot, es lebe der König." | |
Einer, der Zwanziger ganz nahe steht, hat mir kürzlich gesagt: Jetzt merken | |
wir erst einmal, wo Freund und Feind steht. Der DFB ist natürlich daran | |
interessiert, dass sich nicht viel verändert, weil es auch um Posten und | |
Positionen geht. So wird sicherlich alles bleiben, wie es ist. | |
Insofern müsste Ihnen ja die Kandidatur von Andres Rüttenauer gut gefallen? | |
Ich kann nur sagen, ich unterstütze alle demokratischen Bewegungen, die | |
einer Sache dienen. Ihren Kollegen kann ich nicht richtig einschätzen.Wenn | |
man von Demokratie spricht, muss man natürlich auch die Frage der | |
Ernsthaftigkeit stellen. | |
Prinzipiell halten Sie dieses Engagement aber für unterstützenswert? | |
Ich finde das interessant, aber das ist natürlich keine befriedigende | |
Aussage für Sie. Wir werden aufgrund meiner häufig offenen Worte zurzeit | |
als Verein beim DFB nicht immer mit Wohlwollen betrachtet. Und wegen meiner | |
Freundschaft zu Zwanziger will ich zudem nicht den Eindruck entstehen | |
lassen, wir seien beleidigt, wenn jemand anderes gewählt wird. | |
Wenn es um eine freie Wahl gehen würde, wäre das was anderes. Aber wir | |
werden nicht überrascht sein, wenn der neue Präsident Wolfgang Niersbach | |
heißt. Dafür wünschen wir ihm ein glückliches Händchen. | |
23 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Frauen-Fußball-Bundesliga: Potsdam ist fast durch | |
Am vorletzten Spieltag der Frauen-Bundesliga gewann Turbine Potsdam im | |
Spitzenspiel bei Duisburg mit 2:0. Auch Verfolger Wolfsburg siegte. Im | |
Abstiegskampf ist noch nichts entschieden. | |
EM-Qualifikation der DFB-Frauen: Bemerkenswert fitte Torjägerin | |
Celia Okoyino da Mbabi überragt beim 5:0 im Qualifikationsspiel gegen | |
Spanien. Die Teilnahme an der nächsten EM in Schweden ist damit schon | |
beinahe gesichert. | |
Designierter DFB-Chef Niersbach: Ehrenamt für schlappe 6.000 Euro | |
Wolfgang Niersbach, DFB-Chef in spe, gibt sich mit 6.000 Euro monatlich | |
zufrieden. Gegenkandidat Rüttenauer verdient bei der taz nur einen | |
Bruchteil. | |
Skandal um DFB-Präsidentschaftskandidat: Die Affäre Badeente | |
Der DFB-Präsidentschaftskandidat Andreas Rüttenauer übernachtete während | |
seiner Dienstreisen bei einer Freundin und brachte ihr Geschenke mit. Sie | |
fordert eine lückenlose Aufklärung. | |
Die schonungslose Erklärung des Kandidaten: "Ich werde die Zeche bezahlen" | |
DFB-Präsidentschaftskandidat Andreas Rüttenauer äußert sich aus gegebenem | |
Anlass zur Vorteilsnahme und den Ermittlungen gegen ihn. Die taz | |
veröffentlicht den exakten Wortlaut. | |
Rüttenauer will DFB-Präsident werden: Live-Duell der Giganten | |
Ring frei! Der lang ersehnte Schlagabtausch der | |
DFB-Präsidentschaftskandidaten Wolfgang Niersbach und Andreas Rüttenauer | |
findet nun doch statt. | |
Andreas Rüttenauer will DFB-Chef werden: Diskussion mit Niersbach-Zitaten | |
Noch hat Andreas Rüttenauer die Hoffnung nicht aufgegeben, offiziell als | |
Kandidat für die Wahl des DFB-Präsidenten nominiert zu werden. | |
Gegenkandidat Niersbach scheut noch immer ein Duell. |