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# taz.de -- Gedenken an Neonazi-Mordopfer: "Ich bitte um Verzeihung"
> Das Gedenken für die Opfer der Neonazi-Terrorzelle NSU hat begonnen.
> Bundeskanzlerin Merkel entschuldigte sich bei den Angehörigen für falsche
> Verdächtigungen durch die Ermittler.
Bild: Gedenken.
BERLIN dpa/afp | Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich bei
Angehörigen der von Neonazis ermordeten Menschen für falsche
Verdächtigungen der Ermittlungsbehörden entschuldigt. "Dafür bitte ich Sie
um Verzeihung", sagte die Kanzlerin am Donnerstag in Berlin bei der
zentralen Gedenkveranstaltung im Konzerthaus am Gendarmenmarkt.
Gedacht wurde der neun ermordeten Kleinunternehmer türkischer und
griechischer Herkunft, einer deutschen Polizeibeamtin sowie weiteren Opfern
rechtsextremistischer Gewalt.
Die Ermittler waren bei der Mordserie in einigen Fällen zunächst unter
anderem von Straftaten im Drogen-Milieu ausgegangen und hatten Ermordete
und Angehörige verdächtigt, darin verstrickt zu sein. Die Kanzlerin sagte,
es sei besonders beklemmend, dass Angehörige zu Unrecht unter Verdacht
gestanden hätten.
Die zum Teil mehr als zehn Jahre von den Behörden unentdeckten Verbrechen
seien "beispiellos für unser Land", sagte die Kanzlerin. Sie verlas die
Namen der Getöteten. Zu Beginn ihrer Rede bat sie um schweigendes Gedenken:
"Mit diesem Schweigen ehren wir die Opfer der Mordserie." Mit Blick auf die
Täter und deren Morde sagte sie: "Sie sind eine Schande für unser Land."
## "Aus Worten können Taten werden"
Merkel forderte die Deutschen eindringlich zu mehr Wachsamkeit gegenüber
Rechtsextremismus aufgefordert. Intoleranz und Rassismus äußerten sich
keinesfalls erst in Gewalt, sagte Merkel. Oft stünden Gleichgültigkeit und
Unachtsamkeit am Anfang eines Prozesses einer schleichenden Verrohrung des
Geistes. Überall in der Gesellschaft sollten die Bürger ein feines Gespür
für Bemerkungen entwickeln: "Aus Worten können Taten werden", mahnte
Merkel. Der Kampf gegen Vorurteile, Verachtung und Ausgrenzung müsse
täglich geführt werden.
Die Töchter zweier Opfer der Neonazi-Mordserie riefen zum gemeinsamen
Einsatz gegen Hass und Gewalt auf. "Ich habe meinen Vater verloren. Lasst
uns verhindern, dass das auch anderen Familien passiert", sagte Semiya
Simsek.
Auf ihren Vater war am 9. September 2000 geschossen worden, der
Blumenhändler starb später im Krankenhaus. Seine Tochter erinnerte an die
Belastung, lange mit dem falschen Verdacht leben zu müssen, dass familiäre
oder kriminelle Motive hinter der Tat gestanden haben könnten. "Elf Jahre
durften wir nicht einmal reinen Gewissens Opfer sein."
Gamze Kubasik, deren Vater am 4. April 2006 in seinem Kiosk in Dortmund
erschossen wurde, sprach von der Hoffnung "auf eine Zukunft, die von mehr
Zusammenhalt geprägt ist". Dies solle eine Kerze symbolisieren, die beide
junge Frauen zum Abschluss der Veranstaltung unter Beifall aus dem Saal
trugen.
Zudem sprach Ismail Yozgat vor den rund 1.200 Gästen, dessen Sohn Halit
2006 in Kassel getötet worden war. Er dankte für die von den
Verfassungsorganen ausgerichtete Gedenkfeier. Explizit erwähnte er den am
vergangenen Freitag zurückgetretenen Bundespräsidenten Christian Wulff, der
auf der Veranstaltung hätte sprechen sollen. "Wir sind seine Gäste", sagte
Yozgat.
23 Feb 2012
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Schwerpunkt Rechter Terror
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