# taz.de -- Kommentar Wulff: „Ehre“ gerettet, Rente gesichert | |
> Gegen Christian Wulff ermittelt die Staatsanwaltschaft. Ihm allein | |
> deswegen die Existenzgrundlage zu entziehen, wäre falsch. Über den | |
> „Ehrensold“ muss aber geredet werden. | |
Nun ist es also amtlich: Christian Wulff bekommt seinen „Ehrensold“. | |
Glücklicherweise. Was wäre denn die Alternative gewesen? Soll das | |
Bundespräsidialamt – mithin eine Behörde – berechtigt sein, den Rücktritt | |
eines Staatsoberhauptes inhaltlich zu qualifizieren? Soll eine | |
Staatsanwaltschaft allein schon mit der Aufnahme von Ermittlungen darüber | |
befinden können, ob jemandem die Existenzgrundlage entzogen wird? | |
Eine derartige Praxis ist nicht einmal in einem Obrigkeitsstaat üblich. Wer | |
demokratische Verhältnisse wünscht – und zu demokratischen Verhältnissen | |
gehören stets auch demokratische Strukturen –, kann nicht wollen, dass | |
weisungsgebundene Beamte über die Zukunft von gewählten Volksvertretern | |
entscheiden. | |
Nicht einmal dann, wenn die Mehrheit der Bevölkerung den Vertreter oder die | |
Vertreterin am liebsten in die Wüste schicken möchten. Das Ergebnis von | |
Meinungsumfragen hat keine juristische Bedeutung. Ja, es wäre erfreulich, | |
wenn die Affäre Wulff dazu führte, dass die antiquierte Bezeichnung | |
„Ehrensold“ zum Sperrmüll geworfen würde. Es wäre auch schön – sehr, … | |
schön – wenn die Zeremonie des „Großen Zapfenstreich“ endlich abgeschaf… | |
würde als Ritual des Abschieds für Repräsentanten einer Zivilgesellschaft. | |
Aus vielen Gründen. | |
Selbstverständlich kann, muss, darf auch immer wieder darüber geredet | |
werden, welche Bezüge ehemalige Amts- und Mandatsträger erhalten sollten | |
und ob diese an Bedingungen zu knüpfen sind. Man mag diese Bezüge | |
grundsätzlich zu hoch finden. Aber das hat mit dem konkreten Fall Wulff | |
nichts zu tun. Wenn jemand mit einem Rücktritt „politische Verantwortung“ | |
übernehmen muss, dann tut er oder sie das zunächst einmal unabhängig von | |
persönlicher Schuld. | |
Sollte festgestellt werden, dass sich der Amtsinhaber Christian Wulff | |
strafbar gemacht hat, dann wird auch über den „Ehrensold“ erneut geredet | |
werden – und die Entscheidung darüber ist dann mit Fällen zu vergleichen, | |
in denen Beamte die Treuepflicht gegenüber dem Staat verletzt haben. Ob man | |
Wulff genau das vorwerfen kann, bleibt vorläufig noch abzuwarten. Bis zu | |
einer richterlichen Entscheidung ist jede Forderung nach Verweigerung von | |
Bezügen für das ehemalige Staatsoberhaupt lediglich Ausdruck blinder Wut. | |
Diese Wut hat jedoch keinen Verfassungsrang. Diese Wut und ihre | |
Ausdrucksformen – die häufig mit "die da oben" beginnen – sind nicht einmal | |
politisch zielgerichtet. Sondern lediglich ein Strohfeuer, das sich Nahrung | |
sucht. | |
29 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Bettina Gaus | |
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