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# taz.de -- Interview zur Mietenentwicklung: "Eine Frage der Bereitschaft"
> Der Stadtsoziologe Andrej Holm fordert die Vergabe von Wohnungen nach
> sozialen Kriterien.
Bild: Selbst in der Platte wirds teuer.
taz: Herr Holm, in den letzten Tagen wurden neue Daten zur Mietentwicklung
veröffentlicht. Hat Sie an den Ergebnissen etwas überrascht?
Andrej Holm: Frappierend ist, dass die Mieten nicht nur in den
Kernbereichen rasant steigen. Abgesehen von wenigen Ausnahmen in Spandau
oder Marzahn haben wir flächendeckend starke Mietsteigerungen.
Was sind die Ursachen dafür?
Steigende Einwohnerzahlen und eine geringe Zahl von Neubauten – daraus wird
gerne gefolgert, das würde die starken Preissteigerungen wie ein
Naturgesetz erklären. Das unterschlägt aber, dass es politische
Entscheidungen waren, die die Weichen für diese Entwicklungen gestellt
haben. Etwa mit dem Ausverkauf städtischer Wohnungen. Davon gingen nur 4
bis 5 Prozent an die Mieter – der größte Teil an sogenannte Private Equity
Fonds. Dazu kam eine Veränderung der Politik: Die bisherigen
Förderprogramme für sozialen Wohnungsbau wurden gestoppt.
Hat die Politik das Problem erkannt?
Anders als beim vorherigen Senat gibt es zumindest ein Problembewusstsein.
Gleichzeitig ist das eine recht hilflose Vorstellung, die die Politik
liefert: Das angekündigte Neubauprogramm geht am Kern des Problems vorbei.
Natürlich ist Neubau nötig. Neubauten richten sich aber an ein anderes
Publikum. Den Mietern, die mit Mieterhöhungen oder Verdrängung kämpfen,
hilft das nichts.
Welche Maßnahmen würden denen helfen?
Das Land muss Vereinbarungen mit den städtischen Wohnungsbaugesellschaften
treffen, die Vergabe von Wohnungen muss an soziale Kriterien geknüpft
werden – in Aufwertungsgebieten müsste man etwa städtische Wohnungen
vorrangig an Hartz-IV-Empfänger geben. Und die Bemessungsgrenze für
Hartz-IV-Empfänger muss dringend angepasst werden.
Hat die Politik denn überhaupt Handlungsspielraum?
Spielraum hat Politik immer, das ist eine Frage der Bereitschaft. Die
Länder haben durchaus Möglichkeiten, Druck aus dem Wohnungsmarkt zu nehmen,
sie könnten auch wieder Wohnungen aufkaufen. Wohnungspolitik ist auch
Umverteilungspolitik. Es wird sich nur mit Druck etwas ändern.
Sehen Sie diesen Druck?
Die letzten zwei bis drei Jahre sind viele Initiativen entstanden. Die
verstreuten Gruppen tun sich jetzt zusammen und stellen gemeinsame
politische Forderungen. Da ist eine größere Bewegung im Kommen.
3 Mar 2012
## AUTOREN
Juliane Schumacher
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