# taz.de -- Wohnen II: Mieter lassen nicht locker | |
> Transparent-Aktion und Dialog im Abgeordnetenhaus: Der Protest gegen | |
> unsoziale Mieten, Gentrifizierung und Verdrängung geht weiter. | |
Bild: Selbst in der Platte wirds teuer. | |
Der Kreuzberger Chamissokiez fällt eher durch sanierte Gründerzeitfassaden | |
und flanierendes Bionade-Bürgertum auf. Erst auf den zweiten Blick sieht | |
der aufmerksame Betrachter die Protesttransparente, die seit dem Wochenende | |
an Häuserwänden, Spielplätzen und Zäunen angebracht sind. „Verdrängung | |
stoppen“, fordert ein Transparent am Marheinekeplatz. „Bezahlbare Mieten | |
für alle“ steht in der Arndtstraße. Unter dem Motto „Flagge zeigen gegen | |
hohe Mieten“ ruft die Initiative „Wem gehört Kreuzberg“ die Berliner auf, | |
Transparente gegen Gentrifizierung und hohe Mieten aufzuhängen. Im | |
Chamissokiez ist es immerhin schon ein gutes Dutzend. Mietern, die sich | |
beteiligen wollen, aber Angst vor „bissigen Vermietern“ haben, empfiehlt | |
die Initiative, weiße Bettlaken aus dem Fenster zu hängen. | |
Und der Protest geht weiter: Am Mittwoch lädt ein Netzwerk aus Initiativen | |
und MieterInnen zum „Mietenpolitischen Dialog“ im Abgeordnetenhaus. Während | |
der Koalitionsverhandlungen im November hatte das Bündnis ein | |
„Mietenpolitisches Dossier“ mit empirischen Beispielen von Verdrängung | |
durch hohe Mieten sowie mit Vorschlägen für eine soziale Mietenpolitik | |
überreicht. Die Vertreter des Senats betonten damals, man sei offen für die | |
Anliegen der Mieter. Kurz vor Ablauf der 100-Tage-Frist des neuen Senats | |
wird nun nachgehakt: Auf der Veranstaltung sollen ExpertInnen aus | |
Wissenschaft, Recht und Mieterverbänden Stellung nehmen und Politiker | |
befragt werden. Ihre Teilnahme zugesagt haben die wohnungspolitischen | |
SprecherInnen Katrin Schmidberger (Grüne), Katrin Lompscher (Linkspartei), | |
Oliver Höfinghof (Piraten) sowie die baupolitische Sprecherin der SPD, Iris | |
Spranger. | |
Ursprünglich hatte die Dossiergruppe Räume im Roten Rathaus angefragt. Doch | |
so sensibel gegenüber Mieterinteressen war man dort anscheinend nicht. 66 | |
Tage nach der ersten Anfrage und nach umfangreicher Korrespondenz kam die | |
endgültige Absage. „Das spricht für sich“, findet Melanie Dyck von der | |
Dossiergruppe. Es habe wohl „Abstimmungsprobleme“ gegeben, mutmaßt dagegen | |
Senatssprecher Richard Meng gegenüber der taz. „Das kann auch mit der | |
Anlaufphase der Regierung zu tun haben.“ Immerhin: Auf der Veranstaltung | |
wird mit Staatssekretär Ephraim Gothe ein Senatsvertreter mitdiskutieren. | |
Der Mietenpolitische Dialog sei der Versuch, nochmal in Dialog zu treten, | |
sagt Melanie von der Dossiergruppe. „Aber wenn der Senat seine Hausaufgaben | |
nicht macht, sind die Berliner MieterInnen gezwungen sich selbst zu | |
helfen“, zeigt sich die Aktivistin kämpferisch. Zunächst aber soll am | |
Mittwoch noch eruiert werden, was Berliner MieterInnen vom schwarz-gelben | |
Senat zu erwarten haben. | |
27 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Moritz Wichmann | |
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