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# taz.de -- Kommentar Wohnungsnot: Vernachlässigtes Betongold
> Weniger Wohnungen zu bauen, war falsch und riskant. Die Politik hat aus
> der alternden Bevölkerung die falschen Schlüsse gezogen. So kamen
> Privatinvestoren zum Zug.
Wohin man in deutschen Städten schaut: Es wird gebaut. Und selbst viele,
die bis vor Kurzem noch überzeugte Mieter waren, setzen inzwischen aufs
Eigenheim. Dieser Bauboom ist keineswegs nur den niedrigen Zinsen für
Baukredite geschuldet, sondern Ausdruck einer vernachlässigten
Wohnungspolitik. Die Leute kaufen, weil sie Angst vor steigenden Mieten
haben.
Die Bau- und Immobilienwirtschaft hat mit dem Mieterbund ermittelt, dass
aktuell 100.000 Mietwohnungen fehlen, bis 2017 müssten bis zu 825.000 neu
gebaut werden. Eine gigantische Zahl. Nun kommt zum Tragen, dass Bund und
Länder in 15 Jahren die Wohnungsbauförderung konsequent zurückgefahren
haben, den sozialen Wohnungsbau gar um 80 Prozent. Die politischen
Entscheidungsträger waren davon ausgegangen, private Investoren würden den
Wohnbedarf schon abdecken.
Zwar sind die Mieten, abgesehen von wenigen boomenden Ballungsräumen,
einige Jahre lang tatsächlich stabil geblieben. Im Zuge der Turbulenzen auf
den Finanzmärkten haben Anleger weltweit nun aber das vermeintlich sichere
Deutschland entdeckt. Sie investieren fleißig in hiesiges Betongold. Und
weil die öffentliche Hand mit ihrem zusammengeschrumpftem Wohnungsbestand
nicht mehr über das Instrument verfügt, den Wohnungsmarkt zu regulieren,
gelingt es Spekulanten, eifrig die Preise in die Höhe zu treiben.
Aber auch aus der demografischen Entwicklung hat die Politik die falschen
Schlüsse gezogen. Eine schrumpfende und alternde Bevölkerung bedeutet
keinen niedrigeren, sondern höheren Bedarf an Wohneinheiten. Denn die Zahl
der Single-Haushalte steigt. Auf der Strecke bleiben all jene, die sich ein
Eigenheim auch künftig nicht leisten können. Und das sind ganz schön viele.
1 Mar 2012
## AUTOREN
Felix Lee
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