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# taz.de -- Parteireform der SPD: Knatsch um die Kungelrunden
> Die Parteireform sollte in der SPD alles erleichtern und die Gremien
> effizienter machen. Nun ist ein kurioser Streit über die
> Arbeitsgemeinschaften ausgebrochen.
Bild: Erst abstimmen, später streiten.
BERLIN taz | Die Tischvorlage für den neuen SPD-Vorstand war
unmissverständlich. Im frisch gewählten Gremium sollte fortan flotter
gearbeitet werden, vertrauliche Informationen sollten in Zukunft intern
bleiben. Die Arbeitsgemeinschaften sollten deshalb bis auf wenige Ausnahmen
an den Sitzungen nicht mehr teilnehmen.
Der Tagesordnungspunkt wurde aufgerufen, alle Finger gingen hoch. Mit einem
Streich waren rund ein Dutzend Interessenvertretungen in der SPD – von den
Jusos bis zur AG 60 Plus – aus den Vorstandssitzungen rausgeworfen.
Was im Dezember auf der ersten Sitzung des Gremiums nach dem
Bundesparteitag beschlossen wurde, sorgt nun für Streit innerhalb der SPD.
Denn die AGs wollen sich nicht mit ihrer geschrumpften Rolle abfinden. Es
ist eine Auseinandersetzung um Geld und Einfluss. Und um die
Schwierigkeiten einer Parteispitze, die den eigenen Laden reformieren will.
„Man hat den Eindruck, die Arbeitsgemeinschaften werden politisch rasiert“,
sagt Elke Ferner, Sprecherin der AG-Frauen.
Seinen Ursprung hat die Parteiposse in der Strukturreform der SPD, einer
der wichtigsten Baustellen von Chef Sigmar Gabriel und Generalsekretärin
Andrea Nahles. Das Ziel war, Parteipräsidium, -vorstand, -rat und weitere
informelle Runden zusammenzufassen. Am Ende sollten Gremien stehen, in
denen effizienter gearbeitet werden kann. Zudem sollte die SPD für
Nichtmitglieder geöffnet werden. Die alte Partei sollte kräftig gelüftet
werden – seit Jahren fliehen schließlich die Mitglieder in Massen.
## Ein neues Chaosgremium droht
Auf dem Parteitag ist das zumindest zum Teil gelungen: Das Parteipräsidium
wurde abgeschafft, der Bundesvorstand damit gestärkt. Gleichzeitig gelang
aber weiteren Interessenvertretungen die Anerkennung zur
Arbeitsgemeinschaft: Neben den Schwusos auch den MigrantInnen und der
Vertretung der Behinderten.
Und da die Arbeitsgemeinschaften bis dahin als kooptierte Mitglieder an
Bundesvorstandssitzungen teilnehmen durften, drohte aus Sicht der
Parteispitze nun ein neues Chaosgremium zu entstehen, in dem viel
entschieden werden soll, leider aber auch sehr viele Personen mitsprechen
dürfen.
Das zweite Problem ist ein finanzielles. Denn die Arbeitsgemeinschaften
erhalten von der Bundespartei Zuwendungen, mehr AGs kosten also auch mehr
Geld. Geht nicht, sagte Parteichef Gabriel – das bestehende Budget wurde
nicht aufgestockt, sondern lediglich neu verteilt.
Nun wäre die SPD nicht die SPD, wenn all diese Entscheidungen einfach so
akzeptiert würden. „Da werden entstandene Mehrkosten zulasten der
Arbeitsgemeinschaften wieder reingeholt“, klagt Elke Ferner, und spielt auf
teure neue Parteikonvente an, die es in Zukunft geben soll.
Und auch was die Mitsprache im Bundesvorstand angeht, gibt es Ärger: Noch
im Dezember taten sich die großen AGs – Jusos, Frauen, ArbeitnehmerInnen
und SeniorInnen – zusammen und formulierten einen Protestbrief an die
Parteispitze. Seitdem läuft es hierbei auf einen Kompromiss hinaus: Die
vier Großen dürfen wohl in Zukunft regulär an den Sitzungen teilnehmen,
während die kleineren nur alle drei Monate dazugeladen werden. Entschieden
werden soll noch im März.
Verlierer sind die kleineren Arbeitsgemeinschaften, auch da gibt es nun
Ärger. „Man wird an Diskussionsprozessen nicht mehr beteiligt“, sagt
Schwuso-Sprecher Ansgar Dittmar. Der Widerstand organisiert sich: „Es ist
der Partei dienlich“, sagt der Vizesprecher der AG Selbständige, Metin
Hakverdi, „wenn alle Arbeitsgemeinschaften beteiligt werden.“
5 Mar 2012
## AUTOREN
Gordon Repinski
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