# taz.de -- SPD und neuer Präsident: "Merkel bekommt nun Probleme" | |
> Versteckte oder offene Freude? Angst vor der großen Koalition? Die | |
> Gefühlslage der Sozialdemokraten am Tag des Wulff-Rücktritts ist | |
> widersprüchlich. | |
Bild: Und jetzt? Sigmar Gabriel und Andrea Nahles. | |
BERLIN taz | Eigentlich ist es ja ein Erfolg. Unter bestimmten Umständen | |
kann es aber auch ein Risiko sein. Es könnte schließlich ein falsches | |
Signal geben. Oder vielleicht ist doch alles gut? Hat man das nicht immer | |
gewollt? | |
So ungefähr lässt sich die Gefühlslage der Sozialdemokraten am Tag des | |
Wulff-Rücktritts beschreiben. Zunächst einmal haben sie erreicht, was sie | |
im Laufe der Affäre gehofft haben - Wulff tritt zurück. Doch es gibt eben | |
nicht nur Vorteile. Die Chance eines eigenen Kandidaten im Jahr 2015 ist | |
mit der Neuwahl dahin. Und auch in der aktuellen Kandidatensuche ergeben | |
sich Risiken. | |
Schnell war in der SPD klar, dass man keinen eigenen Kandidaten aufstellen | |
würde, das Angebot Merkels eines gemeinsamen Vorschlags wurde offen | |
aufgenommen. "Jetzt muss der Vorschlag ein gemeinsamer sein", sagt der | |
schleswig-holsteinische Landesvorsitzende Ralf Stegner, "Kanzlerin Merkel | |
hat die letzten zwei Kandidaten ausgesucht und ist damit gescheitert." | |
Ebenso äußerte sich Generalsekretärin Andrea Nahles: "Für einen echten | |
Neuanfang und eine breite Unterstützung in der Bundesversammlung ist es | |
unerlässlich, dass es jetzt von keiner Seite aus Vorfestlegungen gibt." Mit | |
entsprechenden Plänen waren Parteichef Gabriel und Fraktionschef Steinmeier | |
am Freitag mit der Kanzlerin in Kontakt. | |
## "Sie hat ihn aufs Schild gehoben" | |
Bei aller Kooperation - die unter staatstragenden Statements versteckte | |
Freude über die Krise in der Union brach hier und da doch durch. Nahles | |
sagte über Merkel und Wulff: "Sie hat ihn aufs Schild gehoben, sie hat ihn | |
durchgesetzt in drei Wahlgängen, und sie hat sehr lange - obwohl ja nun | |
nicht erst seit gestern oder heute Zweifel an der Ausübung des Amtes | |
gegeben waren - an ihm festgehalten". | |
Ähnliches war aus den Landesverbänden zu hören: "Merkel bekommt nun auch | |
Probleme, schließlich hat sie Wulff immer gestützt", sagt der saarländische | |
Landesvorsitzende Heiko Maas. Der neue Bundespräsident wird voraussichtlich | |
eine Woche vor der Landtagswahl in Maas Bundesland bestimmt. In beiden | |
Wahlen kündigt sich eine überparteiliche Kooperation an. | |
Die Bundesversammlung als erstes Signal einer großen Koalition - im | |
Saarland und später im Bund? "Das ist kein Signal für die große Koalition", | |
sagt Maas, "bei der Auswahl des Bundespräsidentschaftskandidaten sind nicht | |
nur Union und SPD beteiligt". Dennoch, so ganz lässt sich der Eindruck | |
nicht wegwischen. Die große Koalition scheint auch bei den Sozialdemokraten | |
den Schrecken von 2009 langsam, aber sicher zu verlieren. | |
17 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Gordon Repinski | |
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