# taz.de -- Entscheidung des Bundesgerichtshofes: Hotelbetreiber dürfen Nazis … | |
> Rechtsextremisten können wegen ihrer politischen Überzeugung von | |
> Hoteliers abgewiesen werden, entschied der BGH. Das gilt allerdings nicht | |
> in jedem Fall. | |
Bild: Nazifrei und Spaß dabei? Hotel in Bad Saarow, Brandenburg. | |
KARLSRUHE taz | Ein Brandenburger Hotelier durfte ein Hausverbot gegen den | |
damaligen NPD-Chef Udo Voigt verhängen, weil er die Anwesenheit von | |
Rechtsextremisten in seinem Hotel als geschäftsschädigend wertete. Dies | |
entschied jetzt ein Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH). Allerdings sei | |
das Hausverbot vom 6. bis 10. Dezember 2009 rechtswidrig gewesen - genau an | |
den Tagen, an denen Voigt mit seiner Frau dort übernachten wollte. | |
Es war keine politische Reise, das Ehepaar Voigt wollte nur ein paar Tage | |
ausspannen - im Hotel Esplanade in Bad Saarow am Scharmützelsee. Voigts | |
Frau hatte den Kurzurlaub bei Tchibo gebucht und bereits die Bestätigung | |
erhalten. Doch als Hotelier Heinz Baumeister davon erfuhr, stornierte er | |
und erteilte Voigt ein dauerhaftes Hausverbot. Schriftlich teilte er mit: | |
"Die politische Überzeugung von Herrn Voigt ist mit dem Ziel unseres | |
Hauses, jedem Gast ein exzellentes Wohlfühlerlebnis zu bieten, nicht zu | |
vereinbaren." | |
Voigt klagte gegen das Hausverbot und verlor zunächst beim Landgericht | |
Frankfurt (Oder) und beim Oberlandesgericht Brandenburg. Beim | |
Bundesgerichtshof war das Ergebnis nun weniger eindeutig. Allerdings | |
entschied auch der BGH, dass sich Voigt nicht auf das 2005 eingeführte | |
Allgemeine Gleichbehandlungsgebot berufen könne. Denn bei zivilrechtlichen | |
Geschäften sind Bürger nicht vor einer Diskriminierung wegen ihrer | |
"Weltanschauung" geschützt. Das Merkmal war kurz vor Beschlussfassung im | |
Bundestag aus dem Gesetz gestrichen worden, damit sich Rechtsradikale nicht | |
darauf berufen können. | |
Voigts Grundrecht auf Gleichbehandlung (Artikel 3 Grundgesetz) gelte | |
gegenüber einem privaten Hotel nur mittelbar, betonte Richter Wolfgang | |
Krüger. Es müsse deshalb gegen die Grundrechte des Hoteliers abgewogen | |
werden. Hier räumte der BGH dem Hausrecht des Hoteliers dann grundsätzlich | |
Vorrang ein. Er trage das wirtschaftliche Risiko für das Geschäftskonzept | |
eines Wellnesshotels - bei Voigt gehe es nur um die Freizeitgestaltung. | |
Deshalb sei das Hausverbot grundsätzlich in Ordnung. Krüger fügte hinzu, | |
dass die Abwägung bei einem weniger exquisiten Hotel ohne besonderes | |
Konzept anders ausfallen dürfte. | |
Teilweise bekam aber auch Udo Voigt recht. Denn für den gebuchten Zeitraum | |
im Dezember 2009 hätte das Hotel ihm kein Hausverbot erteilen dürfen. | |
Schließlich hatte das Hotel hier schon einen Vertrag mit Voigt | |
abgeschlossen. "Verträge sind einzuhalten", betonte Richter Krüger. Hier | |
hätte das Hotel nur kündigen können, wenn Voigt die Missionierung von | |
Gästen oder ähnliche Störungen angekündigt hätte, worauf es aber keine | |
Hinweise gab. | |
Der Brandenburger Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) wies am Freitag | |
darauf hin, dass Hotels oft erst nach Vertragsschluss erfahren, wer ihr | |
Vertragspartner ist, etwa bei Buchungen über Reisebüros oder | |
Internethotelportale wie HRS. Udo Voigt will trotz des Teilerforlgs eine | |
Verfassungsbeschwerde gegen das fortbestehende Hausverbot einlegen. (Az.: V | |
ZR 115/11) | |
9 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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