# taz.de -- Kommentar Hotelverbot für NPD-Chef: Zu differenziert, um Einfluss … | |
> Neonazis dürfen in Hotels Hausverbot bekommen, aber nicht wenn sie schon | |
> einen Vertrag haben. Das BGH-Urteil ist wohlabgewogen, wird aber bald | |
> wieder verpuffen. | |
Ein Brandenburger Wellness-Hotel durfte dem damaligen NPD-Vorsitzenden Udo | |
Voigt ein Hausverbot erteilen. Allerdings gilt das Hausverbot nicht, wenn | |
das Hotel bereits einen Vertrag mit Voigt geschlossen hatte. Dies entschied | |
am heutigen Freitag der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Unter dem | |
Strich haben beide Seiten einen Teilerfolg erzielt, das Hotel und der | |
Rechtsxtreme. Da in den Vorinstanzen das Hotel zwei Mal in vollem Umfang | |
gewonnen hatte, ist Voigt zumindest der Sieger des Tages. | |
Der Fall ist paradox. Ausgerechnet ein Rechtsextremer will nicht | |
diskriminiert werden und fordert die Gleichbehandlung aller Menschen im | |
Alltag. Er vertritt also – ausnahmsweise – die richtigen Werte, doch man | |
gönnt ihm die Diskriminierungserfahrung von Herzen. | |
Dagegen verteidigt der Hotelier sein Gästeparadies, indem er sich gegenüber | |
Udo Voigt betont ungastlich zeigt. „Keine Gastfreundschaft für die Feinde | |
der Gastfreundschaft“ ist seine Devise. Man kann ihn verstehen, aber wie | |
immer in solchen Fällen stellt sich die Frage, ob man Werte wie Egalität | |
und Toleranz überzeugend vertritt, in dem man sie ausdrücklich nur selektiv | |
gelten lässt. | |
Das Signal des BGH ist nun alles andere als eindeutig. Einerseits haben die | |
Richter darauf verwiesen, dass eine Privatperson nicht alle Menschen gleich | |
behandeln muss, wenn sie keine Lust dazu hat. Zurecht, denn ein Hotel ist | |
keine Behörde. Auch das Recht, zu diskriminieren, ist grundrechtlich | |
geschützt. | |
Zugleich haben die Richter aber Ausnahmen angedeutet und zugelassen. So | |
gilt das Urteil erst einmal nur für exklusive Wellness-Hotels. Außerdem | |
muss ein bereits geschlossener Vertrag grundsätzlich eingehalten werden. | |
Das wird darauf hinauslaufen, dass künftig an Hotelrezeptionen „schwarze | |
Listen“ von Personen ausliegen, mit denen das Personal auf keinen Fall | |
einen Beherbergungsvertrag abschließen soll. Auch kein schöner Gedanke. | |
Aber letztlich läuft selbst das leer, wenn Hotelverträge über Portale wie | |
HRS im Internet geschlossen werden oder über größere Reiseveranstalter. | |
Differenzierte Signale freuen zwar die Juristen, weil sie eine | |
wohlabgewogene Lösung andeuten – und viel Potenzial für neue | |
Rechtsstreitigkeiten verheißen. Gesellschaftlich wird das BGH-Urteil aber | |
verpuffen. Entweder die Leute steigen nicht mehr durch oder jeder zitiert | |
nur das, was ihm gerade passt. | |
Deshalb wäre jede andere Lösung besser gewesen, sei es ein klarer Sieg für | |
Voigt und die Gleichbehandlung oder ein eindeutiger Erfolg für das Hotel | |
und die Privatautonomie. | |
9 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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