# taz.de -- Kritik am Eisenbahnregulierungsgesetz: Monopolisten auf der Schiene | |
> Ein vom Verkehrsministerium vorgeschlagenes Bahngesetz soll die Kosten | |
> für die Nutzung der Schienen dämpfen. Klappt aber nicht, sagen Verbände | |
> und Grüne. | |
Bild: Unternehmen, die das Schienennetz in Deutschland nutzen wollen, müssen G… | |
BERLIN taz | Das Bundesverkehrsministerium unternimmt einen Vorstoß, die | |
Konkurrenz auf der Schiene fairer zu machen und mehr Wettbewerb zu | |
schaffen. Darüber äußerten sich Verbände privater Zugunternehmen am | |
Mittwoch in Berlin kritisch. Sie stimmen zwar dem Ziel zu, sehen den | |
Entwurf jedoch als völlig unwirksam. | |
Auch der Vorsitzende des Bundestags-Verkehrsausschusses, Toni Hofreiter | |
sieht das Ziel in der Vorlage klar verfehlt: der jetzige Stand des Entwurfs | |
sei „ein typisches Beispiel für Lobby-Einfluss der Deutschen Bahn AG.“ | |
Das „Eisenbahnregulierungsgesetz“ soll dazu führen, dass die Preise für | |
Bahntrassen sinken. Derzeit müssen Unternehmen, die die Schienen in | |
Deutschland nutzen wollen ein Entgeld an die DB Netz AG - eine 100 | |
prozentige Bahn-Tochter - entrichten. Ihre Gewinne, jährlich ca. 1 | |
Milliarde Euro, fließen an den Bahn-Konzern. | |
Das Gesetz will die Entgelte auf die Nutzung von Schienen und Bahnhöfen | |
regulieren, damit die Bahn nicht willkürlich Preise festlegen kann, sondern | |
nur noch so viel Geld fordern kann, wie für den effizienten Betrieb der | |
Netze gebraucht wird. Die Kontrolle soll die Bundesnetzagentur (BNA) | |
übernehmen. Dafür bekommt sie gerichtsähnliche Beschlusskammern, in denen | |
Schienenanbieter und Nutzer ihre Preise verhandeln können. | |
## Positiven Effekt zunichte gemacht | |
Diese Idee findet auch der Grünen-Abgeordnete und | |
Verkehrsausschussvorsitzende Toni Hofreiter „richtig gut.“ Besonders ein | |
Punkt im Entwurf mache aber den Effekt zunichte: die BNA darf nur bei | |
Betriebskosten urteilen, nicht aber bei Unterhaltskosten. | |
Die genaue Definition davon sei unmöglich, meint Hofreiter. Wenn zum | |
Beispiel ausgefallene Signale repariert und neue Signallampen eingesetzt | |
werden, ist das für den täglichen Betrieb nötig. Damit wären die | |
Reperaturen Betriebskosten. Aber auch zum Unterhalt der Strecke trägt die | |
Reparatur bei, deshalb kann man die Maßnahme auch zu Unterhaltskosten | |
zählen. | |
Wenn nicht geregelt ist, wo der Unterschied liegt, dann „ist der Streit | |
zwischen Bundesnetzagentur und Bahn vorprogrammiert“, prophezeit Hofreiter. | |
Dieser müsste dann vor Gericht ausgetragen werden. Eine billigere | |
Schienennutzung käme so nicht zustande. „Die brauchen wir aber, um die | |
Konkurrenzfähigkeit der Schiene gegenüber der Straße zu stärken“, meint d… | |
grüne Verkehrsexperte. | |
Die Privatbahnverbände mofair und Netzwerk Europäischer Eisenbahnen (NEE) | |
sehen darin ebenfalls keine Lösung, vor Gericht sei die Bahn sowieso gut | |
aufgestellt. Dazu meint mofair-Präsident Wolfgang Meyer: „Die Bahn reagiert | |
ja auf Konkurrenz immer schon umgehend durch die Vergrößerung ihrer | |
Rechtsabteilung.“ | |
## Trennung von Schienennetz und Bahnkonzern gefordert | |
Das schwache Gesetz sei offensichtlich ein großer Erfolg der | |
Bahn-Lobbyabteilung und ihrer „politischen Landschaftspflege“. Privatbahnen | |
würden mit dem Gesetz sogar schlechter gestellt als heute - beispielsweise | |
durch wegfallende Klagemöglichkeiten. | |
Stattdessen fordern die Verbände die Trennung von Schienennetz und | |
Bahnkonzern. So würden die Gewinne, die durch die Nutzung der Schienen und | |
Bahnhöfe entstehen, in neue Infraktruktur investiert, anstatt an den | |
Konzern zu gehen. | |
Das käme allen Zugunternehmen zugute. Auch die EU-Kommission drängt | |
Deutschland die Schienen und den Bahnkonzern zu trennen. Ein | |
Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland läuft. Mit einem Urteil wird | |
im Herbst gerechnet. | |
Die Preise für Trassen und den Strom für die Bahnen sind in den letzten | |
zehn Jahren um knapp 40 Prozent gestiegen. Das kostet nicht nur | |
Privatbahnen viel Geld, sondern auch die von Ländern und Kommunen | |
unterhaltenen Nahverkehrs-unternehmen müssen an den Bahnkonzern zahlen. | |
Die Bahn selbst stören die hohen Preise nicht, schließlich sind alle ihre | |
Tochterunternehmen fest im Konzernnetz verwoben. Man spielt also, wie es | |
Hofreiter ausdrückt "linke Tasche, rechte Tasche", während andere Anbieter | |
auf den Kosten sitzen bleiben. | |
14 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Ben Seel | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Stuttgart 21 | |
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