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# taz.de -- Nach Tod von Kriegsverbrecher: „Eine Welt ohne Demjanjuk ist bess…
> Nach dem Tod des Kriegsverbrechers John Demnjanjuk äußern Opferverbände
> bedauern darüber, dass der 91-Jährige auf freiem Fuß gestorben ist.
> Demjanjuk war in einem Pflegeheim gestorben.
Bild: John Demjanjuk starb in einem Pflegeheim im Landkreis Rosenheim.
ROSENHEIM afp | Der wegen Beihilfe zum Mord an tausenden Juden verurteilte
Kriegsverbrecher John Demjanjuk ist tot. Der in der Ukraine geborene
ehemalige KZ-Wärter starb am Samstag im Alter von 91 Jahren in einem
Pflegeheim im Landkreis Rosenheim, wie die Polizei mitteilte. Demjanjuk war
im Mai 2011 in München der Beihilfe zum Mord an 27.900 Juden im
Vernichtungslager Sobibor schuldig gesprochen und zu fünf Jahren Haft
verurteilt worden.
Nach der Verurteilung war Demjanjuk überraschend auf freien Fuß gesetzt
worden. Das Gericht verwies bei dieser Entscheidung auf Demjanjuks hohes
Alter und auf die Tatsache, dass er staatenlos war. Deswegen sei eine
Fluchtgefahr auszuschließen. Bis zu seinem Tod lebte Demjanjuk in einem
Pflegeheim in Bad Feilnbach bei Rosenheim in Oberbayern.
Der französische Nazi-Jäger Serge Klarsfeld kommentierte die Todesnachricht
mit den Worten: „Eine Welt ohne Demjanjuk ist besser als eine Welt mit
Demjanjuk.“ Der Direktor des Simon-Wiesenthal-Zentrums, Efraim Zuroff,
bedauerte, dass Demjanjuk „im Bett eines Pflegeheims gestorben ist und
nicht in einer Gefängniszelle“. Ähnlich äußerte sich der Direktor der
Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem: Die Tatsache, dass
Demjanjuk als freier Mann gestorben stelle „ein Versagen der Systeme“ dar,
erklärte Avner Shalev.
Demjanjuks Sohn beschrieb seinen Vater als Opfer. Die Geschichte werde
zeigen, dass Deutschland seinen Vater „schändlicherweise als Sündenbock
missbraucht hat, um hilflose ukrainische Kriegsgefangene für die Taten
Nazi-Deutschlands verantwortlich zu machen“, erklärte der in den USA
lebende John Demjanjuk jr.
## „Teil dieser Vernichtungsmaschinerie“
John Demjanjuk war 2009 nach langem juristischem Tauziehen aus seiner
Wahlheimat USA nach Deutschland überstellt worden. Mit seiner Verurteilung
war einer der mutmaßlich letzten NS-Kriegsverbrecherprozesse in Deutschland
zu Ende gegangen. Der Prozess galt als historisch, weil mit Demjanjuk
erstmals ein als KZ-Wärter von der SS zwangsverpflichteter Osteuropäer –
ein sogenannter Trawniki – vor ein deutsches Gericht gestellt worden war.
Demjanjuk war laut Urteil 1943 ein halbes Jahr in Sobibor an der
massenhaften Judenvernichtung beteiligt. Während der Einsatzzeit Demjanjuks
kamen in Sobibor 27.900 Juden ums Leben. „Der Angeklagte war Teil dieser
Vernichtungsmaschinerie“, hatte es in der Begründung des Münchner Urteils
geheißen. Jeder Trawniki habe gewusst, „dass er Teil eines eingespielten
Apparates war“. Obwohl keine Augenzeugen Demjanjuk identifizieren konnten,
zeigte sich das Gericht aufgrund von Akten und Gutachten von dessen Schuld
überzeugt.
Demjanjuk wurde am 3. April 1920 in der Ukraine geboren. Die Nazis nahmen
ihn im Frühjahr 1942 gefangen und sollen ihn als Hilfskraft in das
Konzentrationslager Treblinka geschickt haben. In den Gaskammern von
Treblinka wurden 1942 und 1943 etwa 800.000 Juden und Tausende Sinti und
Roma umgebracht. 1943 wurde Demjanjuk dann zum Einsatz ins Lager Sobibor
geschickt, wo bis zu 300.000 Menschen umgebracht wurden.
Nach dem Krieg lebte Demjanjuk zunächst unerkannt in den USA. 1981 entzogen
die Behörden ihm die US-Staatsbürgerschaft, nachdem Demjanjuks Einsatz im
KZ Treblinka bekannt geworden war. Einem von Israel gestellten
Auslieferungsgesuch wurde 1986 entsprochen. Nach sieben Jahren Haft in
Israel wurde Demjanjuk von Israels Oberstem Gerichtshof aber
freigesprochen, weil letzte Zweifel an seiner Identität nicht ausgeräumt
werden konnten. Demjanjuk durfte wieder in die USA zurück. Seiner
Auslieferung nach Deutschland hatte er sich jahrelang mit juristischen
Mitteln widersetzt. Erst 2009 ordnete ein US-Gericht die Auslieferung an.
18 Mar 2012
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John Demjanjuk
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