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# taz.de -- Lautsprecherwagen im Wahlkampf: NPD will auch mal gehört werden
> In Schleswig-Holstein will die NPD Wähler beschallen – und so mindestens
> ein Prozent bei den Wahlen erzielen. Es geht auch um staatliche
> Parteienfinanzierung.
Bild: Mit Krach zu mehr Wählerstimmen? Die NPD will es versuchen.
HAMBURG taz | Die NPD will mit Lautsprecherwagen in Städten und Gemeinden
Wahlkampf für die schleswig-holsteinische Landtagswahl machen. In den
letzten fünf Wochen vor der Wahl sollen ihre Parolen gegen den „Euro“,
„Ausländer“ und „Schwimmbäderschließungen“ auch zu hören sein. Eine
Genehmigung für diese Wahlkampfform hat die NPD bereits beim Landesbetrieb
Straßenbau und Verkehr (LBV) beantragt. „Das ist penetrant, unerträglich
und aggressiv. Wir hoffen, dass sich möglichst wenige Menschen davon
beeinflussen lassen“, sagt Luise Amtsberg, Sprecherin für Strategien gegen
Rechtsextremismus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Die Genehmigung sei noch nicht erteilt, sagt Harald Hasse, Sprecher des
Kieler Verkehrsministeriums der taz. „Die NPD wird sie aber erhalten“,
schiebt er gleich nach. Denn die Demokratie schütze ihre Feinde. Eine
Ablehnung sei nur bei „verkehrsrechtlichen Gefahren“ möglich. Ein Verbot
müsse, wie aus einem Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg von 2007
hervorgehe, in jedem Einzelfall begründet werden. Die Wattzahl der
Lautsprecher und die Route werden genau festgelegt, sagt der Sprecher.
Deshalb habe der Landesbetrieb jetzt alle Kreise angeschrieben mit der
Bitte mitzuteilen, ob es mögliche verkehrsrechtliche Gefahren für einzelne
Straßenzüge oder schützenswerte Einrichtungen gebe.
„Das ist rassistische Zwangsbeschallung“, sagt Amtsberger. Mit der Kritik
ist sie nicht alleine: Der Spitzenkandidat der Grünen, Robert Habeck,
bezeichnete es als „entsetzlich“, dass die NPD ihre „menschenverachtenden
Parolen“ per Lautsprecher im Land verbreiten könnte. Die Hamburg-Lübecker
Bischöfin Kirsten Fehrs sieht in der Aktion „einen Übergriff auf unsere
demokratischen Werte“. Der SPD-Landesvorsitzende Ralf Stegner sagt: „Wir
wollen die Nazis nicht auf unseren Straßen haben.“
Ab dem 31. März will die NPD mit den Fahrten beginnen, sagt der
NPD-Landeschef Jens Lütke. Am 6. Mai tritt Lütke, 1978 geboren, als
Spitzenkandidat seiner Partei zu Wahl an. In zehn bis 15 Wahlkreisen, so
sagte es Lütke in einen Interview mit dem rechtsextremen Szeneportal
„Deutschland Echo“, hoffe er, auch mit Direktkandidaten antreten zu können.
Bereits 35 Kandidaten hat die NPD gefunden – von jüngeren Mitstreitern bis
zu alten Kämpfern.
## „Räuberpistole mit der sogenannten NSU“
Unter ihnen ist auch Heinrich Förster, den das Landgericht Schwerin 1995
wegen versuchten Mordes und versuchter Brandstiftung zu vier Jahren Haft
verurteilte. Das Gericht befand ihn für schuldig, 1992 rund 30 Jugendliche
angestiftet zu haben, im mecklenburgischen Boizenburg ein Asylbewerberheim
anzugreifen. Für die NPD ist das kein Problem. Lütke räumt aber ein, dass
„die Räuberpistole mit der sogenannten NSU die Leute verunsichert“.
„Jetzt-erst-recht-Zusammenstehen“ sei deswegen umso mehr das Motto. Im
Wahlkampf will die NPD neben den Lautsprecherfahrten auch Plakate aufhängen
und Material verteilen. „Die üblichen Dinge“, sagt Lütke, der seit Anfang
2010 dem Landesverband mit rund 220 Mitgliedern vorsteht. Sein Minimalziel
bei der Wahl: „Das Erreichen der Ein-Prozent-Marke.“ Das brächte dann auch
die staatlichen Mittel, die der Landesverband dringend braucht. 2009, bei
der letzten Landtagswahl, erzielte die Partei 0,9 Prozent der gültige
Zweitstimmen – absolut: 14,991 Stimmen. „Wahlziel verfehlt“, kommentierte
Lütke das Wahlergebnis. Und sagte somit unausgesprochen, dass es um das
Erreichen von einem Prozent ging, um an der staatlichen Parteifinanzierung
teilhaben zu können. Das fehlende Geld macht sich jetzt im Wahlkampf
bemerkbar. „Unsere eigenen Mittel nach dem schlechten Ergebnis sind gelinde
gesagt überschaubar“, sagt Lütke.
Als „Höhepunkt des Wahlkampfes“ verspricht Lütke, „werden wir am 1. Mai,
dem traditionellen Tag der Arbeit, in der Stadt Neumünster auf die Straße
gehen“. Als Gastredner ist der NPD-Landtagsfraktionsvorsitzende aus
Mecklenburg-Vorpommern, Udo Pastörs, angekündigt. In Neumünster aber regt
sich Protest. Im Landtag haben auf Initiative von Amtsberger alle
Fraktionen in einem Video dazu aufgerufen am 1. Mai „Hand in Hand gegen
Rechtsextremismus zu stehen“. Die Parteien rufen auch dazu auf, am 31. März
in Lübeck gegen den Trauermarsch der Neonazis zu protestieren.
19 Mar 2012
## AUTOREN
Andreas Speit
Andreas Speit
## TAGS
NPD
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