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# taz.de -- Pumpspeicherwerk auf der Kippe: Kein Schwarzwaldstrom auf Pump?
> Die Energiewirtschaft beschwört die Notwendigkeit von Stromspeichern. Die
> Wirtschaftlichkeit der Pumpspeicherung wird inzwischen angezweifelt.
Bild: Ob im Südschwarzwald wie hier im Saaletal jemals die Pumpen in Betrieb g…
Der Bau des größten deutschen Pumpspeicherwerkes im Südschwarzwald steht
aus wirtschaftlichen Gründen auf der Kippe. Zum einen explodieren die
Kosten: Die Schluchseewerk AG kalkuliert inzwischen mit 1,6 Milliarden
Euro; bei der Präsentation des Projektes mit dem Namen Atdorf im Herbst
2008 war sie noch von 700 Millionen Euro ausgegangen.
Zudem hat das Pumpspeicherwerk durch die energiewirtschaftlichen
Veränderungen seit Fukushima ökonomisch an Attraktivität eingebüßt. Die
Schluchseewerke, eine Tochter der Stromkonzerne EnBW und RWE, betreiben in
Südbaden bereits mit fünf Anlagen das größte Netz von Pumpspeicherwerken in
Deutschland.
Der Plan für die neue Anlage sieht vor, in 1000 Meter Höhe ein Betonbecken
zu bauen, 1100 Meter lang und fast 400 Meter breit. 600 Meter tiefer ist
ein zweites Becken ähnlicher Größe geplant. Zwischen beiden soll künftig
Wasser hin und her fließen: Bei Stromüberschuss fördern Pumpen das Nass
empor, bei Stromknappheit fließt es über die Turbinen zurück.
Für jede Kilowattstunde, die erzeugt wird, müssen zuvor allerdings etwa
1,25 Kilowattstunden aufgewendet werden. Bei vollem Speichersee soll die
Anlage für gut neun Stunden eine Leistung von 1400 Megawatt bereit stellen
können, womit sich ein Speichervermögen von rund 13 Gigawattstunden ergibt.
## Atomausstieg macht Pumpen unrentabel
Doch während im Zuge des Atomausstiegs die gesamte Energiewirtschaft von
wachsendem Speicherbedarf spricht, ist das Projekt durch das Abschalten der
Meiler wirtschaftlich sogar unattraktiver geworden. Denn als in Deutschland
statt derzeit 9 noch 17 Atomkraftwerke liefen, gab es jede Nacht einen
Überschuss an Strom, der billig zum Pumpen genutzt werden konnte. Die
Atommeiler lassen sich schließlich kaum vernünftig drosseln.
Mittags hingegen, zu Zeiten größter Nachfrage, war Strom knapp und damit
teuer. Also konnte der Strom aus den Pumpspeichern zu guten Preisen als
sogenannter Spitzenstrom vermarktet werden. Zwischenzeitlich aber hat sich
die Stromwirtschaft gewandelt.
Heute ist Mittagsstrom aufgrund der starken Präsenz der Photovoltaik oft
kaum noch teurer als Nachtstrom - da sind die Margen für Pumpspeicher, die
vor allem von Preisdifferenzen im Tagesverlauf leben, gering. Und auch in
Zukunft wird die Situation für RWE und EnBW nicht unbedingt besser: Jedes
flexible Kraftwerk - zum Beispiel ein Gaskraftwerk -, das an die Stelle
eines unflexiblen Atommeilers tritt, reduziert den Bedarf an Speichern.
## Wirtschaftlich schwieriges Umfeld
Entsprechend zögerlich sind inzwischen die Mutterfirmen der
Schluchseewerke, wenn es um die Milliardeninvestition geht. RWE und EnBW
sprechen einmütig von einem "wirtschaftlich schwierigen Umfeld" und davon,
dass "eine abschließende Bewertung der Wirtschaftlichkeit derzeit nicht
möglich" sei. Die endgültige Investitionsentscheidung soll erst fallen,
wenn eine rechtskräftige Baugenehmigung vorliegt.
Das Planfeststellungsverfahren, das ursprünglich 2013 abgeschlossen sein
sollte, hat sich bereits um ein halbes Jahr verzögert, womit auch die
bislang geplante Inbetriebnahme im Jahr 2019 bereits als unrealistisch
gilt.
Skepsis gegenüber der Pumpspeicherkraft wird inzwischen auch in der Schweiz
laut: Die Schweizerische Energie-Stiftung empfahl in diesen Tagen dem
zuständigen Kanton Bern, dem geplanten Pumpspeicherwerk Grimsel 3 keine
Konzession zu erteilen. Mit ähnlicher Argumentation: Das 600
Millionen-Projekt sei "unnötig und ökonomisch riskant".
21 Mar 2012
## AUTOREN
Bernward Janzing
## TAGS
Energiewende
Schwerpunkt Klimawandel
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