# taz.de -- Kehlmann-Romanverfilmung „Ruhm“: Die Wunder bleiben aus | |
> "Ruhm" basiert auf dem erfolgreichen Roman von Daniel Kehlmann. Ebenso | |
> wenig wie der Autor im Roman nimmt Regisseurin Isabel Kleefeld ihre | |
> Figuren ernst. | |
Bild: Heino Ferch als Ralf Tanner in „Ruhm“. | |
Am schlimmsten ist der Moment, in dem Daniel Kehlmann einen sogenannten | |
„Gastauftritt“ hat. Er spielt einen abgehalfterten Vertreter des | |
Literaturbetriebs, der einem emotional heruntergekommenen Autor einen Preis | |
zu verleihen hat. Die Laudatio gerät zu einem nicht verständlichen | |
Patchwork von in diesem Zusammenhang durchaus üblichen Floskeln. Zur | |
Erinnerung: Wir befinden uns in der Verfilmung von Daniel Kehlmanns eigenem | |
Roman. | |
Daniel Kehlmann, das ist dieser Superstar, der eines der vier | |
bestverkauften Bücher der deutschsprachigen Nachkriegsliteratur geschrieben | |
hat, ohne dass er dafür auch nur auf eine einzige wohlwollende Stimme aus | |
jenem Literaturbetrieb angewiesen war, den er nun zu karikieren wünscht. | |
Ha. Ha. Selten so gelacht. | |
Grob zusammengefasst handelt es sich bei „Ruhm“, dem neuen Film von Isabel | |
Kleefeld – wie bei dessen Romanvorlage –, um eine Art Spiegelkabinett. | |
Erzählt wird von acht Hauptfiguren – im Roman Kehlmanns sind es noch ein | |
paar mehr –, die dermaßen in der Sackgasse stecken, dass ihnen nur noch | |
große Wunder helfen können. Ein müder Elektroingenieur lässt sich von | |
seiner Frau überreden, ein Handy zu kaufen. Das Ding klingelt ohne | |
Unterlass, doch die Anrufe gelten dem gelangweilten Schauspieler Ralf | |
Tanner, gespielt von Heino Ferch. Dessen Handy schweigt seit Tagen. Uh! Es | |
liegt ein Rollentausch in der Luft! | |
Eine depressive, erfolglose Krimiautorin, gespielt von Gabriele Maria | |
Schmeide, nimmt anstelle des eingangs erwähnten Schriftstellers eine | |
Journalistenreise in irgendein seltsames Land im Osten an – und weil ihr | |
Name bis zum Schluss nicht in den offiziellen Delegationslisten auftaucht, | |
fügt sie sich am Ende in ein Schicksal, das offenbar besser zu ihr passt. | |
Uh! Sie geht verloren! | |
## | |
## Ein Mops, der zum Sprung ansetzt | |
Klingt witzig? Ist es aber nicht. Denn ebenso wie Kehlmann im Roman nimmt | |
Isabel Kleefeld ihre erbärmlichen Figuren so ernst wie man einen Mops ernst | |
nehmen kann, der gerade zum Sprung ansetzt, um einer Kuh die Kehle | |
durchzubeißen. | |
Es ist sogar noch schrecklicher: Nicht einmal die Darsteller – Heino Ferch | |
sowieso nicht, aber auch nicht Gabriela Maria Schmeide und Senta Berger – | |
nehmen ernst, wen sie da spielen. Keine Sekunde fragen sie, warum diese | |
Jammerlappen eigentlich so verzweifelt sind. Sie sind Karikaturen, die zu | |
verraten ein Leichtes ist, und den ganzen Film über wird man das Gefühl | |
nicht los, als hätte sich das Filmteam am Set nach jedem Cut kräftig auf | |
die Schenkel geklopft. | |
Doch warum das alles? Wahrscheinlich soll „Ruhm“ nur eine Fingerübung sein, | |
ein Gedankenspiel, bei dem die traurigen Helden, die es tragen, ruhig so | |
unwichtig sein dürfen wie Schachfiguren. Und worum geht es in diesem | |
Gedankenspiel? Um so tiefsinnige wie brandaktuelle Themen wie den Verlust | |
von Bodenhaftung bei zu viel Erfolg oder die Auflösung des Subjekts im | |
Zeitalter der alles umfassenden Technisierung. Eben um Schein. Und um Sein. | |
Uh! | |
21 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Susanne Messmer | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Nationalsozialismus | |
Schriftsteller | |
Familie | |
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