| # taz.de -- Lohnunterschiede von Frauen und Männern: Was Frauen wert sind | |
| > Seit 20 Jahren hat sich am Verdienstunterschied zwischen Frauen und | |
| > Männern kaum etwas geändert. Dabei ist der Westen der Republik besonders | |
| > rückständig. | |
| Bild: Verantwortung für Kinder wird häufig gering geschätzt. | |
| BERLIN taz | Lang und ruhig verläuft die Linie, die den | |
| Verdienstunterschied von Frauen und Männern im Verlauf der Jahre anzeigt. | |
| 1995 lag sie bei 21 Prozent, 1999 taucht sie mal kurz unter 20 Prozent, | |
| dann erhöht sie sich auf 23 Prozent – und da bleibt sie bis heute. Weit | |
| unter ihrem Ende befindet sich ein Punkt: Er liegt bei 15 Prozent, das war | |
| das offizielle Ziel für 2010. | |
| Sind die Deutschen noch zu erretten aus ihrer exorbitanten Lohnlücke, die | |
| sie an den drittletzten Platz der 27 EU-Länder schiebt? Nach Deutschland | |
| kommen nur noch Österreich und Tschechien. Bis zum 23. März 2012 müssen | |
| Frauen theoretisch arbeiten, um die Männerlöhne von 2011 einzuholen. Ein | |
| Aktionsbündnis hat ihn deshalb „Equal Pay Day“ getauft und ruft bundesweit | |
| zu Aktionen auf. | |
| Zeit, dass sich etwas tut, finden auch DGB und SPD. Am Mittwoch forderte | |
| DGB Vizechefin Ingrid Sehrbrock zusammen mit der Präsidentin des | |
| Wissenschaftszentrums Berlin (WZB), Jutta Allmendinger, dass gesetzlich | |
| gegen die Lohnlücke vorgegangen wird. Die SPD kündigte ein | |
| Entgeltgleichheitsgesetz an. | |
| Die Verdienstlücke setzt sich aus verschiedenen Faktoren zusammen. Frauen | |
| sind in niedrigeren Hierarchiestufen beschäftigt, unterbrechen ihre | |
| Berufstätigkeit öfter und arbeiten oft in Teilzeit. Diese Faktoren | |
| betreffen eher eine strukturelle Diskriminierung, die sich im Mangel von | |
| Kinderbetreuung und in der ungleichen Aufteilung der Hausarbeit zwischen | |
| Männern und Frauen – besonders im Westen Deutschlands – ausdrückt. Im | |
| Westen beträgt die Lücke 25 Prozent, im Osten nur 6 Prozent. | |
| Es gibt aber auch einen Faktor, der je nach Rechnung 8 bis 13 Prozent der | |
| Lücke ausmacht, und der bemisst, dass Frauen, die in vergleichbaren | |
| Positionen und die gleiche Zeit wie Männer arbeiten, dennoch weniger | |
| verdienen. Er entsteht, weil Arbeitsplätze, die überwiegend von Frauen | |
| bekleidet werden, weniger wertgeschätzt werden als die von Männern. | |
| Allmendinger wies darauf hin, dass die Verantwortung einer Erzieherin für | |
| eine Gruppe Kinder geringer geschätzt werde als die eines Forstarbeiters | |
| für seinen Wald. TechnikerInnen werden höher eingestuft als | |
| AltenpflegerInnen, die immerhin mit dementen oder sterbenden Menschen | |
| umgehen. Verantwortung für Menschen und psychische Belastungen tauchen in | |
| vielen Tarifverträgen nicht auf. Die Belastungen eines Lagerarbeiters | |
| dagegen werden minutiös aufgeschlüsselt, was zu einem höheren Lohn führt. | |
| Einig sind sich Gewerkschaften mit der SPD darüber, dass es gesetzliche | |
| Regelungen geben muss. Der Mindestlohn und eine gesetzliche Quote für | |
| Führungsjobs würde die Ballung der Frauen am unteren Ende der Lohnskala | |
| verringern, also die strukturellen Probleme angehen. Um aber die | |
| Diskriminierung in den unterschiedlichen Jobbeschreibungen und | |
| Leistungszulagen zu vermeiden, müssten Unternehmen ihre Vergütungsordnungen | |
| danach untersuchen, ob Frauenjobs unterbewertet sind. In der Schweiz ist | |
| das Usus und führt dazu, dass etwa Krankenschwestern heute besser bezahlt | |
| werden. | |
| Die SPD will im Mai einen Gesetzentwurf vorlegen, nach dem Betriebe sich | |
| mit einem Prüfsystem analysieren und dann auch Benachteiligungen abbauen | |
| müssen. Die Prüfung soll durch Verbände einklagbar sein und Tatenlosigkeit | |
| zu Geldbußen führen. „Wir wollen nicht in 20 Jahren immer noch am | |
| Brandenburger Tor stehen und für Entgeltgleichheit demonstrieren, ohne dass | |
| sich etwas bewegt“, so Caren Marks, die frauenpolitische Sprecherin der | |
| SPD-Fraktion im Bundestag. | |
| Allmendinger wies auf die größeren Zusammenhänge hin: „Die Lohnlücke füh… | |
| zu einer gewaltigen Rentenlücke von 59,6 Prozent. Wenn Sie die gesamten | |
| Einkommen vergleichen, dann läge der Equal Income Day irgendwann im | |
| August.“ Die meisten Frauen könnten von ihrem Einkommen nicht eigenständig | |
| leben. „Der Heiratsmarkt zahlt sich für sie mehr aus als der Arbeitsmarkt. | |
| Das können wir nicht wollen.“ | |
| 22 Mar 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Heide Oestreich | |
| ## TAGS | |
| Frauen | |
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