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# taz.de -- SPD steckt im Finanzmarktdilemma: Das Zweidrittel-Problem
> Die SPD will dem Fiskalpakt ohne Finanzmarktsteuer nicht zustimmen.
> Verhandlungen mit der Bundesregierung sollen helfen. Merkel ist
> gesprächsbereit, die FDP mauert.
Bild: Hat sich mit der strikten Absage an einen Fiskalpakt ohne Finanztransakti…
BERLIN taz | Es war der Montagvormittag vergangener Woche, als die SPD
einen folgenschweren Entschluss fasste. Im Berliner Willy-Brandt-Haus hatte
sich der Parteivorstand versammelt, auf dem Tisch lag ein Antrag der Jusos.
Solange Schwarz-Gelb die Finanztransaktionssteuer blockiere, stand dort,
„kann die SPD einem Fiskalpakt nicht zustimmen“.
Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier ergriff als Erster das Wort: „Ich
danke für diesen Antrag“, sagte Steinmeier, „und unterstütze ihn.“ Nach
kurzer Diskussion ging das Papier glatt durch. Die SPD ist seitdem in einem
Dilemma. Denn mit dem Beschluss ist nun als Parteilinie festgelegt, dass
die SPD dem europäischen Fiskalpakt im Bundestag nur zustimmen kann, wenn
sich die Bundesregierung bei der Finanztransaktionssteuer
verhandlungsbereit zeigt.
Allerdings hat die FDP keinerlei Interesse, sich in der Sachfrage zu
bewegen. Die Fronten sind verhärtet. Den Liberalen schaudert es vor jeder
Steuer, und die Finanztransaktionssteuer gilt erst recht als linkes
Kampfinstrument. Nun soll ein Gespräch der SPD-Spitze mit Kanzlerin Angela
Merkel (CDU) einen Kompromiss bringen.
Denn die Kanzlerin braucht die SPD-Stimmen im Bundestag, da bei der
Abstimmung eine Zweidrittelmehrheit benötigt wird. Noch immer warten die
Sozialdemokraten aber auf einen Termin im Kanzleramt. Dennoch: Die
Verhandlungsposition der SPD scheint vor dem Gespräch besser, als sie
wirklich ist. Denn ein „Nein“ der Sozialdemokraten in dieser für Europa
immens wichtigen Frage würde die Regierungsfähigkeit der SPD infrage
stellen. Schließlich hatte Deutschland auf den Pakt wie kein anderes Land
gedrängt.
## Warten, was die Landtagswahlen bringen
Der in der Vorstandssitzung noch begeisterte Frank-Walter Steinmeier
distanzierte sich deshalb schon kurz nach dem Beschluss wieder von der
Deutung, eine Zustimmung hänge mit einem „Ja“ der Bundesregierung zur
Steuer zusammen. Die Finanztransaktionssteuer sei „nicht die einzige Sache,
über die ein Weg zur Zweidrittelmehrheit führt“, sagte er Spiegel Online.
Juso-Chef und Antragsinitiator Sascha Vogt kontert: „Den Beschluss
einzuhalten, ist eine Frage der Glaubwürdigkeit“, sagt er.
In Parteizentrale und Fraktion gilt nun vor allem die Linie: Warten, was
die kommenden drei Landtagswahlen im Saarland, in Schleswig-Holstein und
Nordrhein-Westfalen bringen. Das Kalkül: Fliegt die FDP aus den Landtagen
raus, ist möglicherweise auch die Blockade in den Verhandlungen dahin –
wenn nicht sogar die Koalition. Gelingt den Liberalen dagegen bei der
wichtigsten Wahl in Nordrhein-Westfalen der Einzug, wären sie
möglicherweise vor lauter Glück zu überraschenden Kompromissen bereit.
Mit dem Kalkül spielt nun besonders Fraktionschef Steinmeier auf Zeit.
Eigentlich soll die Abstimmung über den Fiskalpakt im Juni stattfinden. In
Steinmeiers Umfeld heißt es nun, es sei nicht zu verstehen, warum man sich
in der Frage beeilen sollte. Man hätte bis Ende des Jahres Zeit, die könne
man auch ausnutzen.
Geht die Rechnung nicht auf, könnte der Vorstandsbeschluss zum echten
Problem für die SPD werden. Dann müsste sich im Zweifel die Fraktionsspitze
gegen den Vorstandsbeschluss wenden, um europäischer Verantwortung gerecht
zu werden. Und der Konflikt um die Finanztransaktionssteuer wäre mitten in
der SPD gelandet.
22 Mar 2012
## AUTOREN
Gordon Repinski
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