Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Deutsche Waffenexporte: Tote in Mexiko, Profite in Oberndorf
> Der Rüstungsfirma Heckler & Koch wird vorgeworfen, illegalerweise
> Sturmgewehre nach Mexiko geliefert zu haben. Damit soll die Polizei
> StudentInnen erschossen haben.
Bild: Das G36, die Standardinfanteriewaffe der Bundeswehr, kann bei korrektem E…
BERLIN taz | Hat Heckler & Koch mit Exporten nach Mexiko gegen das
Kriegswaffenkontrollgesetz verstoßen? Das schwäbische Rüstungsunternehmen
steht einmal mehr unter dem Verdacht, bei der Lieferung von Kleinwaffen
deutsche Ausfuhrbestimmungen nicht eingehalten zu haben.
Recherchen der taz ergaben, dass Polizisten bei einer Aktion gegen
protestierende Studenten im Bundesstaat Guerrero höchstwahrscheinlich mit
Sturmgewehren vom Typ G36 bewaffnet waren. Diese Waffen hätten nach
deutschen Exportvorgaben nie in die Hände der Beamten gelangen dürfen.
Bei dem Angriff auf die Demonstranten in der Landeshauptstadt Chilpanchingo
wurden am 12. Dezember letzten Jahres zwei Menschen erschossen. Im Rahmen
ihrer heute beginnenden Kampagne „Hände hoch für Waffenkontrolle“ verweist
Amnesty International Deutschland auf den Fall.
Zwischen 2005 und 2007 genehmigte das Bundesausfuhramt der Oberndorfer
Waffenschmiede die Lieferung von 8.710 G36-Gewehren. Bedingung: Die Waffen
dürfen nicht an Polizeikräfte der Bundesstaaten Chihuahua, Chiapas, Jalisco
und Guerrero geliefert werden. Das Geschäft wurde über die staatliche
mexikanische Beschaffungsstelle für Waffen und Munition (DCAM) abgewickelt.
## Kampagne von Amnesty
Nachdem jedoch Polizeibehörden aus den „verbotenen“ Ländern Ersatzteile f…
die Kleinwaffe bestellt haben sollen, erstattete der Rüstungsgegner Jürgen
Grässlin im April 2010 Anzeige gegen Heckler & Koch. Zudem seien, so
Grässlin, Beamte in Jalisco an den Waffen ausgebildet worden. Seither
ermittelt die Stuttgarter Staatsanwaltschaft, die Exportgenehmigung liegt
auf Eis.
Nach den Ereignissen in Chilpancingo bestätigte nun eine Person, die mit
den Ermittlungen vertraut ist, dass Polizisten bei der Aktion G36-Gewehre
getragen hätten. Fotos von dem Einsatz, die der taz vorliegen, unterstützen
diese Aussage. Es sei „sehr wahrscheinlich“ dass die Aufnahmen diese Waffen
zeigen, sagt der Amnesty-Rüstungsexperte Mathias John.
Mit einer Kampagne will Amnesty Druck machen, bevor die UNO im Juli ein
weltweites Waffenhandelsabkommen (Arms Trade Treaty, ATT) verabschieden
soll. Die Organisation fordert mehr Transparenz bei Rüstungsexporten und
das Verbot von solchen Lieferungen, wenn mit den Waffen in den
Empfängerländern schwere Verletzungen der Menschenrechte und des
humanitären Völkerrechts begangen werden könnten.
## Kontrolle des Endverbleibs der Waffen ist nicht vorgesehen
„Zudem muss in dem UN-Abkommen eine Endverbleibskontrolle festgeschrieben
werden“, so John. Dann könnte die deutsche Regierung auf völkerrechtlicher
Grundlage dafür verantwortlich gemacht werden, wenn schwäbische
Sturmgewehre nach Guerrero gelangten, einer Region, in der Polizisten immer
wieder brutal gegen die Bevölkerung vorgehen.
Im deutschen Ausfuhrkontrollrecht ist eine nachträgliche Kontrolle des
Endverbleibs ausgeführter Rüstungsgüter vor Ort nicht vorgesehen. Für
Markus Löning, den Menschenrechtsbeauftragten der schwarz-gelben Koalition,
steht folglich die Oberndorfer Waffenschmiede in der Pflicht. „Allein
Heckler & Koch ist für den Endverbleib der Waffen verantwortlich“, sagte er
der taz.
Martina Tydecks, die Pressesprecherin des Rüstungsproduzenten, verweist
darauf, dass lediglich lokale Polizisten keine G36-Gewehren erhalten
dürften, Beamte der Bundespolizei dagegen schon. Allerdings geht sowohl aus
den Fotos als auch aus einem Bericht der Nationalen
Menschenrechtskommission Mexikos hervor, dass es sich bei den betroffenen
Polizisten nicht um föderale, sondern um lokale Einsatzkräfte gehandelt
hat. Nun hat die Staatsanwaltschaft das Wort.
23 Mar 2012
## AUTOREN
Wolf-Dieter Vogel
## ARTIKEL ZUM THEMA
Streit der Woche: „Waffenhandel muss begrenzt werden“
Deutschland muss weg von Rang drei aller Waffenexporteure, findet Edelgard
Bulmahn von der SPD. Georg Adamowitsch von der Sicherheits- und
Verteidigungsindustrie sieht's anders.
Regeln für Waffenhandel: Alle Rüstungsexporte stoppen?
Deutschland verdient gut am Waffenhandel in andere Länder. Doch selbst
legale Geschäfte laufen nicht immer wie gewünscht ab. Kritiker fordern
scharfe Beschränkungen.
Verhandlungen über Waffenhandel: Berlin bereit zum Kompromiss
Die Bundesregierung will in den Verhandlungen zum internationalen
Waffenhandelsvertrag die EU-Standards vertreten – ohne große Hoffnung auf
deren Durchsetzung.
Kommentar Waffenhandel: Es riecht nach doppelter Moral
Seit gut zwanzig Jahren dauert nun schon der Kampf, die Kontrolle des
Waffenhandels auf die Tagesordnung der EU zu setzen. Jetzt ist es endlich
soweit.
Schwarzer Teenager in den USA erschossen: Lynchjustiz und Rassismus
In Florida erschießt ein weißes Bürgerwehr-Mitglied einen schwarzen
Teenager in einem Reichenviertel und bleibt auf freiem Fuß. Der Fall
erschüttert das Land.
Kindheit in Bolivien: In der Schule des Verbrechens
Antony Guzmán ist zehn, er hat nichts verbrochen. Trotzdem wächst er im
Knast mit Vergewaltigern und Mördern auf. Ein Besuch in einem
Gefängnisdorf.
Entführungen in Mexiko: Trau keinem über den Weg
Padre Solalinde betreibt eine Herberge an der Zugstrecke der „Bestie“, die
Migranten in die USA bringt. Er bietet Schutz vor Erpressung und
Entführung.
Kriminalität in Mexiko: Bandenkrieg hinter Gittern
44 Menschen sterben bei Auseinandersetzungen in einem mexikanischen
Gefängnis. Nicht zum ersten Mal setzt sich der Krieg rivalisierender
Kartelle im Knast fort.
Drogenkonsum in Lateinamerika: Straße frei für Kokser und Kiffer
Weil Guatemalas Präsident den Krieg gegen die Kartelle für gescheitert
hält, will er den Gebrauch von Rauschmitteln erlauben. Die USA reagieren
verschnupft.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.