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# taz.de -- Landtagswahl Saarland: Gescheit gescheitert
> Heiko Maas ist die tragische Figur des Wahlabends: Er wird wieder nicht
> Ministerpräsident, sondern höchstens Minister und Juniorpartner in einer
> großen Koalition.
Bild: Gewinner und Verlierer dicht beieinander.
SAARBRÜCKEN taz | Als hätte Heiko Maas geahnt, wie es ausgeht, hat er in
den letzten Tagen vor der Wahl im kleinen Kreis eine Rechnung aufgestellt.
Im Saarland sei im linken Spektrum der Platz sehr eng. Neben seiner SPD
gebe es nicht nur die Grünen und die im kleinsten Bundesland sehr starke
Linkspartei, sondern neuerdings auch noch die Piraten.
Maas bewegte sich in diesen Momenten zwischen Hoffnung und Skepsis.
Eigentlich war die Stimmung ja gut für ihn, schließlich war die Regierung
von CDU-Konkurrentin und Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer
geplatzt. Aber euphorisch wurde der 45-Jährige nicht.
Er hat recht behalten. Das linke politische Spektrum im Saarland ist am
Sonntag mit fast zwei Dritteln der Stimmen viel stärker als das
konservativ-liberale Lager. Dennoch wird die CDU-Frau Kramp-Karrenbauer
Ministerpräsidentin bleiben. Denn Maas kam am Ende doch deutlicher hinter
ihr ins Ziel, als mancher Sozialdemokrat an der Saar und der Spree gehofft
hatten.
Heiko Maas ist damit zur tragischen Figur des Abends geworden. Er wird
wieder nicht Ministerpräsident des Saarlandes. Ihm bleibt höchstens ein
Ministeramt und Juniorpartner in einer Koalition mit der CDU. Schon wieder
verloren, nachdem er 2004 und 2009 gescheitert war.
Nachdem die Jamaika-Koalition aus CDU, FDP und Grünen im Januar an Querelen
innerhalb der FDP zerbrochen war, lief es schnell auf diese Option hinaus.
Alles andere war ausgeschlossen oder unrealistisch. Zunächst hatten Maas
und Kramp-Karrenbauer über eine Lösung ohne Neuwahlen verhandelt, doch die
Gespräche scheiterten.
## Kollegiales Verhältnis
Aber das Verhältnis zwischen Kramp-Karrenbauer und Maas blieb auch nach dem
Scheitern kollegial. Der Weg zu einer Zusammenarbeit nach den Neuwahlen
sollte offen bleiben. Der Wahlkampf bis zu diesem Sonntag wurde ein
Kopf-an-Kopf-Rennen. So manches Mal mussten sich die Kontrahenten im Laufe
der vergangenen Wochen fragen lassen, warum man denn eigentlich als
Saarländer zur Wahl gehen solle. Schließlich stünde das Ergebnis doch schon
fest.
Beide haben darauf überzeugende Antworten zu finden versucht.
Kramp-Karrenbauer argumentierte mit ihrer Wirtschaftskompetenz, Maas zielte
auf soziale Gerechtigkeit. Aber am Ende würde man zusammenarbeiten. Denn
Kramp-Karrenbauer ist mit der FDP der Koalitionspartner verloren gegangen.
Und Maas pflegte zu den Spitzenkandidaten von Grünen und Linken ein
Verhältnis intensiver, beidseitiger Abneigung.
Grünen-Chef Hubert Ulrich ist für Maas eine Persona non grata, seit dieser
sich 2009 für Jamaika entschieden hatte, obwohl Maas für die Grünen
Wahlkampf gemacht hatte und Rot-Rot-Grün möglich gewesen wäre. Das
Verhältnis zu Lafontaine ist ohnehin ein besonderes: 2004 und 2009
verhagelte der mit der Gründung der WASG und seiner Spitzenkandidatur im
Saarland dem alten SPD-Kollegen den Erfolg. Was Wunder, dass Maas jede
Zusammenarbeit ausschloss: Er habe „keinen Bock mehr“ auf die Lafontaines
personalisierte Kampagne, sagte er im taz-Interview vor wenigen Wochen.
Nun wird Maas sich wohl einer Debatte stellen müssen, die er nie wollte. Er
wird gefragt werden, warum er sich nicht mit den Stimmen der Linkspartei
zum Ministerpräsidenten wählen lassen will, wenn es die Mehrheit denn
hergebe. Linkspartei-Mann Rolf Linsler stichelte am Wahlabend schon: „Mit
uns kann er Ministerpräsident werden.“
## Hält die SPD am Kurs von Maas fest?
Doch das hat Maas mehrfach kategorisch ausgeschlossen. Offiziell trennt die
beiden Parteien die Einstellung zur Schuldenbremse. Maas will sie einhalten
und Personal im öffentlichen Dienst einsparen, Lafontaine ist dagegen. Die
Frage ist nun: Hält die SPD am Kurs von Maas fest? Der oberste
Sozialdemokrat an der Saar wird als gescheiter Gesprächspartner geschätzt.
Doch für ihn persönlich wird wohl irgendwann der Weg in die Bundespolitik
anstehen müssen. Alles andere wäre nach drei Niederlagen eine Überraschung.
Annegret Kramp-Karrenbauer wird die Verhandlungen ab Montag wohl zum Ziel
bringen. Dann gibt es die große Koalition als Ergebnis einer Zusammenarbeit
zweier unprätentiöser Politiker, die das Spektakel scheuen. Alles wird
geräuschlos verlaufen, wie die ganzen letzten Wochen.
Bei seinem ersten Statement vor den TV-Kameras war Heiko Maas gefasst, aber
ernst. Und beschreibt seine Gefühle mit dem einfachen Satz: „Ich wäre gerne
Ministerpräsident geworden.“ Dann schwenkte die Kamera zur Siegerin.
25 Mar 2012
## AUTOREN
Gordon Repinski
## TAGS
Heiko Maas
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