# taz.de -- FDP und CDU nach Saarland-Wahl: Auf den Rauswurf folgt die Abgrenzu… | |
> Bei den Liberalen wird nach dem desaströsen Wahlergebnis im Saarland die | |
> Direktive ausgegeben, „die Nerven zu bewahren“. Bundeskanzlerin Merkel | |
> sieht keine Gefahr auf Bundesebene. | |
Bild: „Wählerstimmen mobilisieren“ statt Notausgang: für die kommenden La… | |
BERLIN dpa | Nach der Saarland-Wahl mit einem klaren Sieg der CDU und dem | |
dramatischen Absturz der FDP sind beide Parteien in Berlin um eine | |
Beruhigung des Koalitionsklimas bemüht. FDP-Gesundheitsminister Daniel Bahr | |
warnte seine Partei nach dem 1,2-Prozent-Debakel vor | |
Kurzschluss-Reaktionen. | |
„Ich rate uns allen, jetzt die Nerven zu bewahren“, sagte er am Montag vor | |
einer Präsidiumssitzung. In der Berliner Koalition mit der Union sollten | |
die Liberalen auf gelassene Sacharbeit setzen. „Und nicht überlegen, wie | |
man Konflikte sucht und um des Teufels willen für die Wahlen irgendetwas | |
nach vorne treibt.“ | |
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Union im Bundestag, Peter Altmaier | |
(CDU), warnte die FDP vor Profilierungsversuchen. Die Liberalen hätten sich | |
im Saarland „selbst zerlegt“, sagte er im Deutschlandradio Kultur. Er hoffe | |
auf einen gewissen Nachdenkeffekt als Folge der Wahlergebnisse. „Einer | |
dieser Schlüsse ist, dass die Menschen nicht wollen, dass wir streiten“, | |
betonte Altmaier. „Das gilt für alle, das gilt auch für unseren | |
Koalitionspartner.“ | |
Bei der Landtagswahl im Saarland kam die CDU laut vorläufigem amtlichen | |
Endergebnis auf 35,2 Prozent der Stimmen und lag damit leicht über ihrem | |
Niveau von 2009 (34,5). Die bislang oppositionelle SPD gewann rund sechs | |
Punkte auf 30,6 Prozent (2009: 24,5). Die Linke mit Spitzenkandidat Oskar | |
Lafontaine verlor gut fünf Punkte auf 16,1 Prozent (2009: 21,3). | |
## Negativrekord der FDP | |
Die FDP stürzte auf 1,2 Prozent ab (2009: 9,2) - ihr bisher schlechtestes | |
Landtagswahlergebnis in einem westdeutschen Bundesland. Die Grünen | |
schafften mit 5,0 Prozent gerade noch den Einzug in den Landtag (2009: | |
5,9). Die Piraten erreichten 7,4 Prozent und ziehen nach Berlin zum zweiten | |
Mal in ein Landesparlament ein. | |
Die FDP flog damit innerhalb eines Jahres bereits zum sechsten Mal aus | |
einem Landtag. Auch bei den Wahlen in Schleswig-Holstein (6. Mai) und | |
Nordrhein-Westfalen (13. Mai) droht ihr ein Scheitern. Um dies zu | |
verhindern, setzen die Liberalen zunehmend auf eine schärfere Abgrenzung | |
von der Union. | |
Der designierte Generalsekretär Patrick Döring sagte am Montag im | |
ARD-„Morgenmagazin“, in beiden Ländern lasse die CDU mit ihrer | |
Positionierung der FDP viel Platz. „Und den müssen wir nutzen - auch in | |
Abgrenzung zur Union.“ Jede Partei kämpfe für sich. „Es gibt keine | |
Koalitionsaussage in beiden Ländern, und deshalb muss die FDP mit eigenen | |
Themen (...) Wählerstimmen mobilisieren.“ | |
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe bezeichnete im Deutschlandfunk die Lage | |
des Koalitionspartners im Bund als „sehr ernst“. Er betonte aber, das | |
schlechte Abschneiden am Sonntag sei ein „sehr starkes | |
Saarland-spezifisches Ergebnis“, das unter anderem auf die Zerrissenheit | |
der Saar-FDP zurückzuführen sei. Es sei verfrüht, so zu tun, als werde die | |
FDP bald von der politischen Landkarte verschwinden. „Gleichzeitig gilt: | |
Jede Partei wirbt für sich selbst.“ | |
## Sozialdemokratie gewinnt, sagt Gabriel | |
SPD-Chef Sigmar Gabriel wertete das Saar-Ergebnis als guten Auftakt für die | |
bevorstehenden Wahlen. „Die Sozialdemokratie hat gewonnen“, sagte er im | |
WDR. Nach seiner Ansicht war die Entscheidung an der Saar „ein gutes | |
Zeichen“ für die beiden weiteren Wahlen im Mai, auch wenn die SPD ihr | |
Hauptziel nicht erreicht habe. In Schleswig-Holstein und | |
Nordrhein-Westfalen sei die Ausgangslage für die SPD günstiger, weil es | |
dort klare rot-grüne Optionen gebe. | |
Im Saarland steuern CDU und SPD derweil auf die Bildung einer großen | |
Koalition zu. Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) kündigte | |
an, die SPD als vollwertigen Partner zu akzeptieren. „Wir werden auf jeden | |
Fall eine Koalition auf Augenhöhe sein - auch getragen von Respekt“, sagte | |
sie dem Saarländischen Rundfunk (SR). | |
„Deswegen wird das sicherlich auch ein gutes Einvernehmen in dieser | |
Koalition geben.“ Für den Absturz der Saar-Liberalen trägt nach ihren | |
Worten die FDP-Landesparteispitze die Verantwortung. „Vor allen Dingen war | |
es auch das Verhalten des Führungspersonals, das die Partei selbst an die | |
Wand gefahren hat.“ | |
Der saarländische SPD-Spitzenkandidat Heiko Maas strebt rasche | |
Koalitionsverhandlungen mit der CDU an. Dabei werde seine Partei aus einer | |
„machtvollen Position“ heraus verhandeln, kündigte er am Montag vor einer | |
Treffen mit dem SPD-Bundesvorstand in Berlin an. | |
## Lafontaine: Gemeinsamkeiten mit der SPD hervorheben | |
Maas verwies auf den Stimmenzuwachs von sechs Prozent für die SPD. „Wir | |
sind die, ohne die es nicht geht.“ Er hätte sich gewünscht, als künftiger | |
Ministerpräsident nach Berlin zu kommen. Nun habe er mit dafür gesorgt, der | |
SPD eine weitere Regierungsbeteiligung zu sichern. | |
Saar-Linksfraktionschef Oskar Lafontaine will künftig die Gemeinsamkeiten | |
mit der SPD hervorheben. „Es geht nicht um irgendwelche Buchstaben, es geht | |
um politische Inhalte“, sagte er am Montag. „Die linke Mehrheit heißt für | |
mich Mindestlohn (...) und nicht die Sanierung des Haushaltes in erster | |
Linie über Einsparungen im öffentlichen Dienst.“ | |
## Merkel sieht Koalition nicht gefährdet | |
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht ihre schwarz-gelbe Koalition | |
durch den Niedergang der FDP bei der Landtagswahl im Saarland nicht | |
gefährdet. „Wer sich mit den Details des Saarlandes befasst hat, weiß dass | |
das Saarland das Saarland ist. Wir arbeiten in Berlin gut zusammen“, sagte | |
Merkel am Montag bei einem gemeinsamen Auftritt mit der saarländischen | |
Ministerpräsidentin mit Kramp-Karrenbauer in Berlin. | |
Es gebe keinerlei Parallelen zwischen der Situation an der Saar und in | |
Berlin. CDU, CSU und FDP hätten im Bund in vielen Fragen Kompromisse | |
gefunden. „Wir haben viel vor uns und werden unsere Arbeit in der | |
christlich-liberalen Koalition gut weitererfüllen. (...) Ich gehe von einer | |
vernünftigen, guten Zusammenarbeit im Dienste der Sache und den notwendigen | |
Entscheidungen in Deutschland aus.“ | |
Merkel bescheinigte Kramp-Karrenbauer Mut, die schwarz-gelb-grüne Koalition | |
im Januar wegen der internen Differenzen der FDP aufgekündigt zu haben. | |
„Annegret Kramp-Karrenbauer ist einen mutigen Weg gegangen.“ Anfänglich | |
hätten die Umfragewerte für die CDU nicht so gut ausgesehen. Dann habe sie | |
mit einem deutlichen Vorsprung gewonnen. „Wir haben gesehen, dass kämpfen | |
sich lohnt.“ Das sei auch Ansporn für die Spitzenkandidaten der CDU für die | |
Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen im Mai. | |
26 Mar 2012 | |
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