# taz.de -- FDP nach der Saar-Wahl: In der bundespolitischen Schmollecke | |
> Nach dem desaströsen Ausgang der Saar-Wahl verschärft die FDP ihren Ton | |
> gegenüber der Union. Die Liberalen wollen sich nun stärker abgrenzen. | |
> Differenzen gibt's genug. | |
Bild: Augen zu und durch: der FDP-Vorsitzende Rösler und sein Saar-Spitzenkand… | |
BERLIN taz | Die FDP grenzt sich nach ihrer 1,2-Prozent-Demütigung im | |
Saarland eilig von ihrem Koalitionspartner im Bund ab – und nun fürchtet | |
die CDU, dass die FDP sich künftig noch tiefer als bisher in die | |
bundespolitische Schmollecke drückt. Konfliktpunkte mit der Union gibt es | |
genug, wie der Streit zwischen beiden Parteien vor der Wahl des neuen | |
Präsidenten Joachim Gauck zeigte. | |
Als – in den Augen der CDU – unsichere Kantonistin könnte die FDP | |
schließlich politische Entscheidungen unmöglich machen und so den Bruch der | |
Koalition bewirken. Auf diese Weise könnte die FDP aber auch wieder an | |
eigenem politischem Profil gewinnen, um bei der nächsten Bundestagswahl | |
erneut ins Parlament zu kommen. | |
Derlei Befürchtungen der Christdemokraten und ihrer Regierungschefin Angela | |
Merkel zu zerstreuen, bemühte sich Philipp Rösler am Montag. Gemeinsam mit | |
dem gescheiterten Saar-FDP-Chef Oliver Luksic trat er in Berlin vor die | |
Presse. Seine Botschaft: Die FDP arbeite in der Berliner Koalition weiter | |
an den Großthemen Wirtschaft, Energie und Haushalt mit. | |
Als 3-Prozent-Partei strebe man selbstredend bessere Ergebnisse im Bund an, | |
zugleich sei man in den Landtagswahlkämpfen aber auch „eine eigenständige | |
Partei“. Andere drücken sich klarer aus. Hessens FDP-Chef Uwe Hahn forderte | |
seine Liberalen auf, sich nach dem Saar-Desaster endlich deutlicher von der | |
Union abzusetzen. „Die FDP darf nicht sozialdemokratisiert werden“, sagte | |
Hahn der Financial Times. | |
## Gehäufte Differenzen | |
Schleswig-Holsteins FDP-Spitzenkandidat Wolfgang Kubicki warnte in der | |
Leipziger Volkszeitung: „Die Union sollte nicht die Gunst der Stunde nutzen | |
und sich aus einer laufenden Koalition durch Verrat verabschieden.“ Und | |
Generalsekretär Patrick Döring sprach in der ARD von „viel Spielraum“, den | |
die CDU den Liberalen in den Wahlkämpfen lasse. „Den müssen wir nutzen.“ | |
Im Bund häufen sich seit Wochen die Differenzen zwischen den | |
Koalitionspartnern. Mal geht es um die Vorratsdatenspeicherung, die das | |
FDP-geführte Justizministerium strikt ablehnt. Dann wieder setzt sich | |
Gesundheitsminister Daniel Bahr dafür ein, die Praxisgebühr für den | |
Arztbesuch abzuschaffen. | |
Auch beim Mindestlohn, den die CDU anstrebt, lässt die FDP nicht mit sich | |
reden. Dafür zeigt sie Bestrebungen, die Zuverdienstgrenzen für | |
Hartz-IV-Bezieher anzuheben. Im Thomas-Dehler-Haus mahnte Parteichef Rösler | |
dennoch zur Gelassenheit. Es gebe „gute Beschlüsse im Koalitionsausschuss“, | |
jedoch fehle, etwa im Rechtsbereich, die Bereitschaft des Partners, diese | |
auch umzusetzen. | |
Bei der Union ließ es sich Angela Merkel derweil nicht nehmen, das Ergebnis | |
persönlich zu analysieren. Sie trat am Montag zusammen mit der angereisten | |
Wahlsiegerin Annegret Kramp-Karrenbauer im Konrad-Adenauer-Haus in Berlin | |
auf. Die Richtung der Kanzlerin: Rückschlüsse auf den Bund seien fehl am | |
Platze. Jeder wisse, sagte Merkel, „dass das Saarland das Saarland ist“. | |
Die Auflösung der Jamaika-Koalition – die an Personalquerelen der FDP | |
gescheitert war – lasse „keinerlei Vergleich“ mit der Situation in Berlin | |
zu. | |
## Option auf die große Koalition | |
Dass die schrumpfende FDP im Bund zu Verzweiflungstaten neigen könnte, um | |
ihr Profil zu schärfen, sieht Merkel nicht als Gefahr: Union und | |
Freidemokraten hätten bei vielen Fragen Kompromisse gemacht und Wege | |
gefunden, sagte sie. „Ich gehe davon aus, dass das so weitergeht.“ Merkel | |
ist fest entschlossen, sich das Regieren nicht verderben zu lassen. Und sie | |
weiß: Im Zweifel hat auch sie im Bund die Option der großen Koalition. | |
Als Kramp-Karrenbauer neben ihr von diesem Bündnis redet, von den „stabilen | |
Verhältnissen“, die es garantiere, schaut Merkel sie von der Seite lächelnd | |
an. Wenig später sagt sie auf die Frage, ob die Union durch das | |
Verschwinden der FDP nicht taktisch eingeengt werde, selbst noch einen Satz | |
zur großen Koalition: „Ich bin mit der Machtoption von Annegret | |
Kramp-Karrenbauer sehr zufrieden.“ | |
26 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
A. Maier | |
U. Schulte | |
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