# taz.de -- Arabische Liga trifft sich in Bagdad: Reden über Syrien | |
> Die Staatschefs der Arabischen Liga treffen sich erstmals seit Beginn der | |
> arabischen Revolution. Viel hat sich verändert, eine Neuausrichtung der | |
> Liga wird es nicht geben. | |
Bild: Erstmals sind die Syrer nicht zum Gipfeltreffen der arabischen Liga einge… | |
KAIRO taz | Geht es um das symbolische Neue und politische Premieren, ist | |
das Gipfeltreffen der Arabischen Liga in Bagdad etwas Besonderes. | |
Einige langjährige Teilnehmer fehlen. Der Ägypter Husni Mubarak sitzt in | |
U-Haft, der Libyer Muammar al-Gaddafi ist tot, der Tunesier Zine el-Abidine | |
Ben Ali ist ins saudische Exil geflüchtet, und der Jemenit Abdallah Saleh | |
musste das Amt des Präsidenten an seinen Vize abtreten. Diese Staaten | |
werden beim Gipfel am Donnerstag mit neuen Führungen vertreten sein. Neu | |
ist auch, dass die syrische Regierung nicht eingeladen wurde. | |
Erstmals seit zwei Jahrzehnten treffen sich die Präsidenten, Könige und | |
Emire wieder in Bagdad. Der Gastgeber hofft, drei Monate nach dem Abzug der | |
US-Truppen in der Staatengemeinschaft als Mitglied wieder ernst genommen zu | |
werden. Und er will beweisen, dass der Irak als Austragungsort sicher ist. | |
Dafür sind 100.000 Mitglieder des Sicherheitsapparates im Einsatz. | |
Den politischen Premieren steht allerdings keine wirkliche Neuausrichtung | |
der Liga gegenüber. Denn die arabische Welt ist de facto dreigeteilt, mit | |
Ländern wie Tunesien, Ägypten und Libyen, die nach den Aufständen vor | |
großen politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen stehen, Staaten | |
wie Syrien, Bahrain und Jemen, in denen der Sturz des Regimes noch nicht | |
vollzogen oder abgeschlossen ist, sowie den ölreichen Golfstaaten, in denen | |
wenig revolutionäres Potenzial schlummert. | |
Zum wichtigsten Punkt der Tagesordnung, Syrien, wird wenig Neues erwartet. | |
Die Liga, wird, so heißt es in einem Diskussionsentwurf zur | |
Abschlusserklärung, den Plan Kofi Annans, des Syriengesandten der Liga und | |
der UNO, unterstützen, der einen Waffenstillstand und einen Dialog zwischen | |
dem Regime in Damaskus und der Opposition vorsieht. | |
## Syrien lehnt alles schon vorher ab | |
Die syrische Opposition wird aufgerufen, sich zu vereinen und sich auf eine | |
Rolle als Dialogpartner vorzubereiten, heißt es in dem Entwurf, der zuvor | |
von den Außenministern diskutiert wurde. Außerdem wird das syrische Regime | |
aufgefordert, Gewalthandlungen sofort einzustellen, Zivilisten zu schützen | |
und friedliche Demonstrationen zuzulassen. Die Forderung nach dem Rücktritt | |
von Diktator Baschar al-Assad wird hingegen vermutlich nicht aufgenommen, | |
wie der irakische Außenminister Hoschyar Zebari erklärte. In Damaskus | |
erklärte ein Außenministeriumssprecher, Syrien werde jedwede Initiative des | |
Gipfels ablehnen. | |
Eigentlich hätte das Gipfeltreffen bereits 2011 in Bagdad stattfinden | |
sollen; wegen des Umbruchs in der Arabischen Welt wurde es verschoben. Auch | |
wurde die irakische Hauptstadt damals als zu unsicher eingestuft. Kurz vor | |
dem Gipfel erinnerte die Anschlagsserie einer al-Qaida-nahen Gruppe daran, | |
dass die Lage immer noch alles andere als beruhigt ist. Schließlich liegt | |
der Schatten der sunnitisch-schiitischen Gegensätze über dem Gipfel. | |
Die von Schiiten dominierte irakische Regierung wird von sunnitischen | |
arabischen Führungen mit Skepsis und als eine fünfte Kolonne des Iran | |
betrachtet, mit all den praktischen Konsequenzen, die daraus entstehen. So | |
unterstützen die Golfstaaten, allen voran Saudi-Arabien, die vorwiegend | |
sunnitische syrische Opposition und wollen sie sogar bewaffnen, was der | |
schiitische irakische Premier Nuri al-Maliki mit Sorge sieht. Eine | |
bewaffnete sunnitische Opposition in seinem Nachbarland könnte schnell zu | |
seinem Gegner von morgen werden. | |
Die irakische Führung knüpft an den Arabischen Gipfel die Hoffnung, ihr | |
Land endlich wieder in die arabische Welt integrieren zu können. Ken | |
Pollack vom US-Institut Brookings warnt: „Wenn sich die Iraker abgelehnt | |
fühlen, werden sie in die Arme des Iran getrieben.“ | |
28 Mar 2012 | |
## AUTOREN | |
Karim Gawhary | |
Karim El-Gawhary | |
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