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# taz.de -- Inklusion an Schulen: Pi mal Daumen gerechnet
> Stadtteilschulen erhalten zu wenig Ressourcen für förderbedürftige
> Schüler. Das neue Verteilungs-Modell orientiert sich an einem veralteten
> Sozialindex.
Bild: Förderbedarf, der in Hamburg vielleicht nicht finanziert ist: Inklusions…
Bei der Inklusion geht Hamburg neue Wege. Ab Sommer werden Förderstunden
für Schüler in den Bereichen Lernen, Sprache und Emotionale Entwicklung
(LSE) nicht mehr pro Kind, sondern pauschal den Stadtteilschulen
zugewiesen. Je nach Sozialindex gibt es unterschiedlich viele
Förderstunden. Doch das Rechenmodell der Schulbehörde erweist sich als
wenig praxistauglich. „Es ist zu befürchten, dass Schulen weniger
Lehrerstunden bekommen als sie brauchen“, warnt GAL-Politikerin Stefanie
von Berg.
Sie hatte im März eine Anfrage gestellt, durch die bekannt wurde, dass die
Zahl der Inklusionskinder an einigen Schulen enorm steigt. Bei der jetzigen
Anmelderunde für die 5. Klassen brachten die Kinder erstmals einen Bogen
der Grundschule über möglichen Förderbedarf mit. Bei zwölf Stadtteilschulen
betraf dies mehr als 20 Prozent der Schüler, an einigen sogar weit über 30
Prozent. Unterm Strich hat fast jede zweite der 56 Stadtteilschulen eine
Quote, die über 14 Prozent liegt.
SPD-Schulsenator Ties Rabe kündigte daraufhin zweierlei an: Zum einen
würden die angemeldeten Kinder noch einmal angeschaut. Aufgrund
wissenschaftlicher Erfahrungswerte gehe er davon aus, „dass die anerkannten
Bewilligungen insgesamt weit niedriger sein werden als die ursprünglich
gemeldeten Schülerzahlen“. Zum anderen sollte über eine
Organisationskonferenz dafür gesorgt werden, dass möglichst keine Klasse
mehr als vier Inklusionskinder hat. Ob dies gelungen ist und wie die
Verteilung nun aussieht, soll in den nächsten Tagen bekannt werden. Noch
habe man „keine qualitätsgesicherten Daten“, sagt Rabes Sprecher Peter
Albrecht.
Doch auch wenn eine Schule diesen Vierer-Schlüssel einhält – was bei der
Klassengröße von 23 Kindern etwa 17 Prozent ausmacht – reichen die
Ressourcen nicht aus. Denn diese hängen von den sogenannten Kess-Faktoren
ab. Nur Schulen in sehr armen Gebieten haben Faktor 1. Sie sollen für 14,1
Prozent der Schüler die LSE-Förderung bekommen (siehe Kasten). Theoretisch.
Denn laut Schulbehörde hat derzeit keine Stadtteilschule Kess 1.
Eine Schule im sozialen Brennpunkt, die über 20 Prozent LSE-Kinder hat,
bekäme nach diesem Verfahren nur für elf Prozent der Kinder die Förderung.
Der Grund: Sie hat den besseren Kess-Faktor 2. Und eine Schule in den
Walddörfern, die den Kess-Faktor 4 hat, bekommt nur für 5,7 Prozent die
Förderressource, obwohl sie 20 Prozent LSE-Kinder hat. Die Nachricht, dass
sie nicht mehr als Kess-1-Schule gilt, kommt für manche Schule
überraschend. Die Faktoren wurden 2009 provisorisch neu festgelegt, als
viele kleine Schulen zu größeren Stadtteilschulen fusionierten. Man habe
sich mit einer „Pi-mal-Daumen-Regelung“ beholfen, so ein Behördenvertreter.
Inzwischen arbeitet die Behörde an einem neuen Sozialindex. Doch für die
jetzt anstehende Stellen-Verteilung gilt noch der alte. Man versuche die
neuen Faktoren zum August 2012 einzuführen, könne dies aber „nicht
sicherstellen“, sagt Albrecht. Ob es mehr Ressourcen für Schulen gibt, auf
die das Modell nicht passt, sei „nicht entschieden“.
12 Apr 2012
## AUTOREN
Kaija Kutter
## TAGS
Inklusion
Inklusion
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