| # taz.de -- POSTEN: "Privilegien feudaler Art" | |
| > In der SPD regen sich Zweifel an der Bezahlung des | |
| > Bürgerschafts-Direktors: Wofür braucht Bremen einen, der nichts zu sagen | |
| > hat und dafür 8.500 Euro bekommt? | |
| Bild: Manchmal ist gar nicht so wichtig, wer etwas wird oder was ihn genau qual… | |
| Ein unbeliebter, weil oft unbequemer Genosse ist Martin Korol, ein | |
| ehemaliger Schulleiter und Ortsvereinsvorsitzender der SPD am Weidedamm. | |
| „Welche Genossin, welcher Genosse soll da an die Krippe?!“, fragte er kurz | |
| vor Ostern in einem offenen Brief. Die Stelle des Bürgerschaftsdirektors | |
| war wieder einmal ausgeschrieben worden, dotiert ist sie mit B 7 der | |
| Beamtenbesoldung, also etwa 8.500 Euro im Monat. Das ist anderenorts das | |
| Gehalt eines Generalmajors oder Ministerialdirigenten. | |
| Die jüngste Ausschreibung war eher versteckt, und die Anforderung an den | |
| Job gegenüber letzten Ausschreibung von 2007 deutlich abgesenkt: | |
| „Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst“, stand damals in der | |
| Stellenanzeige und, dass die „Befähigung zum Richteramt wünschenswert“ | |
| wäre. Also ein Jurist. In der neuen Ausschreibung stand dann nur noch: | |
| „Leitungserfahrung im öffentlichen Bereich“ werde vorausgesetzt. Das Wort | |
| „Bereich“ umfasst dabei mehr als den öffentlichen Dienst – auch die | |
| Fraktionen der Bürgerschaft. Was Korol als Genosse aus der SPD-internen | |
| Gerüchteküche wusste: Frank Pietrzok, der gegenwärtige | |
| SPD-Fraktionsgeschäftsführer, sollte den Posten bekommen. | |
| Soweit, so schlicht. Damals, 2007, war der Bürgerschaftsdirektor Rainer | |
| Oellerich vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden, weil die Chemie mit | |
| dem Präsidenten Christian Weber (SPD) nicht mehr stimmte. Nun ist | |
| Nachfolger Karl-Heinz Hage nach gut zwei Dienstjahren spazieren gehen | |
| geschickt worden, weil die Chemie mit Christian Weber nicht mehr stimmte. | |
| Wo liegt eigentlich das Problem, fragt Korol: „Was war der triftige (!) | |
| Grund, sich von dem bisherigen Stelleninhaber zu trennen?“ | |
| Darüber spricht man nicht. Auch SPD-intern nicht. Tatsache ist, dass dem | |
| Bürgerschaftsdirektor im vergangenen Herbst untersagt worden ist, an den | |
| Leitungssitzungen der Parlamentsverwaltung teilzunehmen oder Sitzungen der | |
| Bürgerschaft zu besuchen. Dagegen hatte Hage im Dezember Widerspruch | |
| eingelegt. Über diesen Widerspruch hat der Bürgerschaftsvorstand aber gar | |
| nicht entschieden – sondern ihn schlicht in den einstweiligen Ruhestand | |
| geschickt. | |
| Noch eine Änderung, die ein Licht auf den internen Konflikt wirft, fällt | |
| auf beim Vergleich der Stellenausschreibungen. 2007 begann der Text mit dem | |
| Satz: „Der Direktor leitet die Verwaltung der Bremischen Bürgerschaft.“ In | |
| der neue Ausschreibung steht da jedoch: „Der Präsident leitet die | |
| Verwaltungsgeschäfte der Bremischen Bürgerschaft...“ | |
| Wenn der Präsident, der durch seine Repräsentationspflichten nicht | |
| ausgelastet ist, die Bürgerschaftsverwaltung gern selbst leiten will – | |
| wofür braucht er dann aber einen derart hoch bezahlten Direktor? „Der | |
| Posten war, ehe Herr Hage ihn 2009 antrat, seit dem Jahr 2007 verwaist und | |
| ich glaube, es hat wohl keiner so richtig gemerkt“, schrieb ein | |
| Leserbriefschreiber im Weser-Kurier. | |
| Das lag an der guten Arbeit der Stellvertreterin Marlis Grotheer-Hüneke | |
| (SPD), einer Juristin, die nun zum zweiten Male „kommissarisch“ die | |
| Funktion des Parlamentsdirektors ausfüllt. Übrigens „nur“ mit einem B | |
| 3-Gehalt. Der Stadtstaat Hamburg besoldet seinen Bürgerschaftsdirektor mit | |
| B 6, Berlin mit B 5. SPD-Mann Korol findet die Bremer Bezahlung nach B 7 | |
| „maßlos“. Im Klartext: „Diese Stellenausschreibung steht für Privilegien | |
| feudaler Art. Wollen wir eine leistungsgerechte Bezahlung im Öffentlichen | |
| Dienst oder feudalistische Zustände auf Kosten der Allgemeinheit?!“ | |
| Nun gibt es trotz der versteckten Ausschreibung einige BewerberInnen, deren | |
| formale Qualifikation deutlich höher ist als die des | |
| SPD-Fraktionsgeschäftsführers Pietrzok. Auch juristische Fachkenntnisse | |
| wären für die Verwaltungsspitze einer Legislative sicherlich hilfreich. Die | |
| Absenkung der Bewerbungsvoraussetzungen enthebt das Bürgerschaftspräsidium | |
| nicht der nach dem Beamtenrecht vorgeschriebenen Bestenauslese. Nach 2007 | |
| war das Amt wegen einer Konkurrentenklage über ein Jahr vakant – das könnte | |
| jetzt wieder passieren. | |
| 16 Apr 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Klaus Wolschner | |
| ## TAGS | |
| Bremen | |
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