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# taz.de -- Menschenrechte in Aserbaidschan: Der schöne Schein von Crystal Hall
> Der Alijew-Clan setzt auf ein modernes Image, bezahlt mit Öl- und
> Gasmilliarden. Damit zum Eurovision Song Contest alles klappt, werden
> Regimekritiker eingesperrt.
Bild: Schöne Fassaden hat es jedenfalls in Baku.
BERLIN taz | Wer die Kaukasusrepublik Aserbaidschan bereist und am
Heidar-Alijew-Flughafen ankommt, findet sich kurz darauf auf einer
überdimensionierten Heidar-Alijew-Autobahn wieder, die umsäumt ist von
riesigen Porträts des langjährigen Herrschers Heidar Alijew und dessen Sohn
und heutigem Präsidenten Ilham Alijew.
Bakus Skyline, die unzähligen westlichen, koreanischen und japanischen
Luxusautos auf den Straßen, eine lückenlose Versorgung mit
High-Speed-Internet und Mobilfunknetzen erinnern eher an die Vereinigten
Arabischen Emirate als an eine postsowjetische Republik.
Das Land, das sich modern und offen gibt, ist fest in der Hand der Familie
Alijew. 1969 hatte Aserbaidschans KGB-Chef Heidar Alijew in der
Sowjetrepublik Aserbaidschan die Macht angetreten. Nur selten hatten
seitdem Politiker, die nicht zur Familie Alijew gehören, dem Land
vorgestanden. 2003, kurz vor dem Tod des Vaters, hatte Ilham Alijew von
diesem das Präsidentenamt übernommen.
## Viel Öl, viel Militär
Am Samstag stellte eine aserbaidschanische Delegation die Bewerbung Bakus
für die Olympischen Sommerspiele 2020 vor, 2016 wird die Europäische
Fußballmeisterschaft für die U17-Teams in Aserbaidschan ausgetragen. Dem
Land geht es dank seiner reichen Öl- und Gasvorkommen gut. „Sämtliche
Infrastrukturprojekte Aserbaidschans, alle Projekte von Bildung und
Wissenschaft werden so finanziert“, berichtet der aserbaidschanische
Soziologe Avas Hasanov von der in Baku ansässigen „Gesellschaft für
humanitäre Studien“.
„60 Prozent der Einnahmen im Staatshaushalt“, so Hasanov, „kommen aus dem
Öl- und Gasgeschäft. Allein der aserbaidschanische Verteidigungshaushalt
ist mit seinen ungefähr 3 Milliarden Euro größer als der gesamte armenische
Haushalt.“ Armenien, der Nachbar und Erbfeind.
Der Waffenstillstand zwischen Aserbaidschan und den Armeniern vom Mai 1994
wird zunehmend instabiler. Fast täglich werfen sich beide Seiten
Verletzungen des Waffenstillstandes vor. Im März schlossen sich 16
aserbaidschanische Nichtregierungsorganisationen zu einer Allianz zusammen,
die für eine militärische Lösung des Karabach-Konflikts werben will.
Die Unzufriedenheit in der Bevölkerung wegen der Menschenrechtslage wächst.
Mehrere tausend Menschen waren am 8. April in Baku auf die Straße gegangen,
um die Freilassung aller politischen Gefangenen, ein Ende der Korruption
und Parlamentsneuwahlen zu fordern. Für den 22. April ist eine weitere
Demonstration mit über 10.000 Menschen angekündigt.
## Mehr Zwangsräumungen
„62 politische Gefangene sitzen derzeit in aserbaidschanischer Haft“,
berichtet die aserbaidschanische Menschenrechtlerin Lejla Junus, Direktorin
des Instituts für Frieden und Demokratie. Sechs Journalisten seien derzeit
in Untersuchungshaft, einer bereits rechtskräftig verurteilt, so Junus,
deren Büro am Dienstag von Sicherheitskräften einer Hausdurchsuchung
unterzogen worden war.
Die Hauptleidtragenden von Aserbaidschans Streben, vor der
Weltöffentlichkeit zu glänzen, sind Menschen, deren Wohnungen den
Prestigebauten weichen müssen. „Seit 2009 wurden 60.000 Menschen allein in
Baku zwangsgeräumt, weil deren Wohnungen geplanten Prestigebauten im Weg
standen. Seitdem bekannt ist, dass der ESC in Baku stattfinden wird, hat
das Räumungstempo zugenommen“, so Junus.
„Betroffen von den Zwangsräumungen waren auch Menschen, die am Platz der
Flagge, wo der Song Contest stattfinden soll, wohnten.“ Junus weiß, wovon
sie spricht. Das Büro des Instituts für Frieden und Demokratie im
Stadtzentrum wurde im August 2011 niedergewalzt.
18 Apr 2012
## AUTOREN
Bernhard Clasen
Bernhard Clasen
## TAGS
Schwerpunkt Eurovision Song Contest
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