# taz.de -- FDP beschließt neues Grundsatzprogramm: Liberale finden sich einma… | |
> Nach 15 Jahren gibt sich die FDP ein neues Grundsatzprogramm. | |
> Steuersenkung wird vom Mantra des Wachstums abgelöst. Manchen Liberalen | |
> war das nicht genug. | |
Bild: Programmatisches Papier: Im neuen FDP-Grundsatzprogramm soll es um Wachst… | |
KARLSRUHE taz | Wolfgang Kubicki lag mal wieder richtig. Von der Bild | |
gefragt, was er von Philipp Röslers Wachstumsbegriff von Anfang Januar | |
halte, antwortete er kürzlich: „So wie die FDP den Begriff Wachstum derzeit | |
propagiert, können die Leute damit wenig anfangen. Was soll das denn sein? | |
Familienwachstum? Haarwachstum?“ | |
Und tatsächlich gab es beim Karlsruher Parteitag um ebendiesen Begriff die | |
heftigsten Debatten. Das neue Parteiprogramm, die „Karlsruher | |
Freiheitsthesen der FDP für eine offene Bürgergesellschaft“, sollen die | |
seit 1997 gültigen „Wiesbadener Grundsätze“ ersetzen und die Partei neu | |
positionieren. | |
Leiter der Programmkommission war Christian Lindner, seit dessen Rücktritt | |
als Generalsekretär Patrick Döring. Mehr als zwei Jahre hatten die | |
Mitglieder darüber diskutiert. Insgesamt verlief die Debatte in der | |
Karlsruher Messe sehr munter. Ein Zeichen an die Parteiführung, dass die | |
Mitglieder durchaus willens sind, inhaltlich zu arbeiten. | |
Die verabschiedeten Freiheitsthesen unterteilen sich, grob gesagt, in | |
Innen-, Außen- und Wirtschaftspolitik. Die Freiheit des Einzelnen in | |
Verantwortung ist das alles überwölbende Thema. Die FDP sei die einzige | |
Partei, die diese zum Maß, Mittel und Zweck ihrer Politik mache, steht in | |
dem Papier. | |
## Verschiedenheit als Normalzustand | |
Dazu gehören auch die Bereiche Familie und Gleichstellung. Die Liberalen | |
vertreten ein Familienbild, zu dem auch Alleinerziehende, Patchwork- und | |
Homofamilien gehören. Geschlecht, ethnische Herkunft, Sexualität, | |
Behinderung, Religion und Weltanschauung seien Teil der Persönlichkeit | |
eines jeden Menschen. Verschiedenheit soll als Normalzustand gelten. | |
Sozialleistungen will man durch ein sogenanntes liberales Bürgergeld als | |
„stigmafreie Grundsicherung“ ersetzen. Das Sozialversicherungssystem halten | |
die Liberalen angesichts des demografischen Wandels für nicht ausreichend | |
abgesichert, sie fordern mehr Geld, vor allem für die Pflege. | |
Den Atomausstieg und die damit verbundene Energiewende begreifen die | |
Liberalen als Chance, international mit gutem Beispiel voranzugehen. Die | |
Partei versucht bei diesem Thema, alles zu wollen und nichts zu | |
versprechen. Zwar will man den Ökoimage-Zug nicht verpassen, aber Energie | |
soll für Bürger und Unternehmen bezahlbar bleiben, indem auch neue Gas- und | |
Kohlekraftwerke gebaut werden. | |
Beim Thema Urheberrecht will man einen Kompromiss finden zwischen den | |
Rechten der geistigen Urheber und dem Recht, zu vertretbaren Bedingungen | |
mit deren geistigem Eigentum arbeiten zu können. Der Komplex ist nicht nur | |
wichtig, um sich von den Piraten abzugrenzen, die den Liberalismus immer | |
mal wieder für sich reklamieren. Er ist auch Klientelpolitik – unter den | |
FDP-Mitgliedern finden sich viele Freiberufler und Kreative. | |
Trotz der unschönen Debatte über den Rettungsschirm ESM, eine „geplante | |
Insolvenz Griechenlands“ und den Mitgliederentscheid dazu, der die Partei | |
fast zerrissen hätte, bekennen sich die Liberalen zu Europa. Und: Die Rede | |
ist nun nicht mehr von Steuern. „Wir setzen auf Wachstum“, steht in den | |
Freiheitsthesen. Geht man mit dem Kieler Kubicki, könnte Parteichef Rösler | |
dabei auch an die Umfragewerte für seine Partei gedacht haben. | |
22 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Anja Maier | |
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