| # taz.de -- FDP-Parteitag in Karlsruhe: Inhaltliches Desaster | |
| > Beim FDP-Parteitag wird deutlich: Rösler ist nicht die Person, die die | |
| > Partei aus der Krise führt. Anwesende Unternehmer warten aber auf | |
| > vernünftige Rahmenbedingungen. | |
| Bild: Philip Röser verschwimmt während Jörg Uwe Hahn hinter seinem Rücken t… | |
| KARLSRUHE taz | Zum Beispiel Albert Ritter. Der 58-Jährige ist aus Essen | |
| nach Karlsruhe zum FDP-Parteitag gekommen. 350 Kilometer, den ganzen Tag in | |
| eine lichtlosen Messehalle eingesperrt. Warum? Weil Albert Ritter Präsident | |
| des Deutschen Schausteller-Bundes ist, also sowas wie der Oberchef der | |
| Riesenrad-Unternehmer. Und weil Politik nun mal jeden Tag wirkt und die | |
| 4.000 Betriebe, die er vertritt, Probleme haben, die die Politik lösen | |
| müsste. Deshalb ist Albert Ritter nach Karlsruhe gekommen. Kontakte eines | |
| Verbandes von Gewerbetreibenden in eine Regierungspartei können da nicht | |
| schaden. Noch ist die FDP an der Macht. | |
| Ritter erzählt, wie der Paragraph 12 des Gaststättengesetzes seine Leute | |
| ärgert. Die dort geregelte Reisegewerbekarte gilt in manchen Bundesländern | |
| überall: der Schausteller zahlt einmal und kann seinen Kiosk aufbauen, wo | |
| er möchte. In anderen Ländern wie NRW oder Schleswig-Holstein müssen die | |
| Kirmesleute, die Mandelbrenner und Bratwurstverkäufer, in jeder Gemeinde | |
| eine „vorübergehende Gestattung nach Gaststättengesetz“ einzeln beantrage… | |
| Und zahlen. Abzocke, klar. Für solche Probleme der Schausteller ist das | |
| Wirtschaftsministerium zuständig. Dessen Chef ist FDP-Chef und heißt | |
| Philipp Rösler. | |
| Rösler hat an diesem Wochenende ganz offenbar andere Sorgen. Zwar halten | |
| sich die 660 Delegierten in der Karlsruher Messe an die vor dem Parteitag | |
| ausgegebene Losung der Geschlossenheit. Aber ansonsten war seine Rede alles | |
| andere als ein Zeichen des Aufbruchs. Eher ein inhaltliches und | |
| rhetorisches Desaster. | |
| Statt der interessierten Öffentlichkeit darzulegen, wie er sich als | |
| Vizekanzler die liberale Tagespolitik in der verbleibenden schwarz-gelben | |
| Koalitionszeit vorstellt, orgelte er sein programmatisches Wachstumsmantra | |
| herunter. Und statt zu erklären, wie er es in den nächsten Wochen und | |
| Monaten hinbekommen will, dass die Wähler doch noch einmal ihr Kreuzchen | |
| bei der FDP machen, maulte er gegen die politischen Mitbewerber. | |
| Rösler hatte die Chance, die Mitglieder zu streicheln, ihnen Mut zu machen. | |
| Statt dessen hat er mit seiner Rede auf unheimliche Weise klargemacht, dass | |
| er sicher nicht jene Person ist, die die FDP aus ihrer Krise führen kann. | |
| Die drückt sich ja nicht nur in miserablen Umfragewerten aus. Der | |
| politische Liberalismus hat sich auf ungute Weise von den tagespolitischen | |
| Realitäten entfernt, daran ändert auch das in Karlsruhe beschlossene | |
| Grundsatzprogramm nichts, dessen Thesen jeder Demokrat guten Gewissens | |
| unterschreiben könnte. Immer nur sagen, dass die FDP „ein ganz besonderes | |
| Angebot“ macht, reicht einfach nicht. Ergebnisse sind die Währung der | |
| Politik. | |
| Albert Ritter wartet auf solche Ergebnisse. „Wir wünschen uns, dass die FDP | |
| vernünftige Rahmenbedingungen schafft“, sagt er. 45.000 Arbeitsplätze | |
| schaffen seine Mitgliedsbetriebe, zwei Milliarden Euro Umsatz | |
| erwirtschaften die Schausteller jedes Jahr, erzählt er selbstbewusst. „Wir | |
| wollen keine Subventionen. Wenn man uns lässt, sorgen wir schon dafür, dass | |
| es läuft.“ Ein liberaler Traum, dieser Herr Ritter! Kann denn der | |
| FDP-Wirtschaftsminister Philipp Rösler die bürokratischen Hürden für die | |
| Kirmesbetriebe abbauen? Ritter lacht aus blaugrauen Augen. „Sagen wir mal | |
| so: Wir hatten schon Koalitionen, die effektiver waren für uns.“ | |
| 22 Apr 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Anja Maier | |
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