# taz.de -- Schönefeld II: "Wir wollen den Knast verhindern" | |
> Die sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Ülker Radziwill, über | |
> eine mögliche Bundesratsinitiative, um das Asylverfahren am neuen | |
> Flughafen zu stoppen. | |
Bild: Hier klingelt niemand freiwillig: Tür zum Abschiebegewahrsam am Flughafen | |
taz: Frau Radziwill, im März hat die SPD-Fraktion einen Antrag der Grünen | |
gegen das Flughafenasylverfahren abgelehnt – nun will die LAG Migration | |
selbst einen verabschieden. Warum dieser Sinneswandel? | |
Ülker Radziwill: Das ist kein Sinneswandel, das war immer die Position der | |
LAG Migration. Wir versuchen schon lange, den Regierenden Bürgermeister | |
davon zu überzeugen, eine Bundesratsinitiative zu starten. Leider hat | |
Berlin als Bundesland keine juristische Handhabe, das Flughafenverfahren zu | |
verhindern. Deshalb hat die Fraktion den Antrag der Grünen aus formalen | |
Gründen abgelehnt. Inhaltlich arbeite ich mit der LAG intensiv dafür, den | |
vorgesehenen Flughafenknast zu verhindern. | |
Wenn es juristisch gar keine Möglichkeit dazu gibt, was bringt dann der | |
Antrag? | |
Wir möchten das Thema innerhalb der Partei in die Diskussion bringen und | |
mehr Unterstützung dafür organisieren, dass sich die SPD gegen das | |
Verfahren ausspricht. Deswegen wollen wir den Antrag auf den | |
Landesparteitag bringen. | |
Was spricht aus Ihrer Sicht gegen das Flughafenverfahren? | |
Es entspricht nicht europäischem Recht, die Bundesregierung geht hier einen | |
eigenen Weg. Räume auf dem Flughafen zu nichtdeutschem Territorium zu | |
erklären, bedeutet, Menschen Rechte zu verweigern, die ihnen hier zustehen. | |
Wenn wir zur EU stehen wollen, geht es nicht, dass wir europäische | |
Rechtsprechung nicht umsetzen. Das macht Deutschland unglaubwürdig. | |
Welche Chancen hat der Antrag in der LAG? | |
Er wird mit einer sehr großen Mehrheit durchgehen, wenn nicht sogar | |
einstimmig. | |
Und in der Landespartei? | |
Es wird auf dem Landesparteitag sicher eine Debatte zu dem Thema geben. Ich | |
erhoffe mir auch dort eine große Mehrheit für den Antrag. | |
Wenn die Partei zustimmt, was folgt dann aus dem Antrag? Die CDU als | |
Koalitionspartner zieht nicht mit. | |
Wir wollen, dass Berlin eine Bundesratsinitiative gegen das | |
Flughafenverfahren startet, damit die Bundesregierung dieses rechtswidrige | |
Verfahren abschafft. Um dafür die Unterstützung weiterer Länder zu | |
bekommen, kann der Landesparteitag den Antrag an den Bundesparteitag | |
weiterleiten, damit das Thema auch auf Bundesebene diskutiert wird. | |
Sie wollen das Thema nicht auf Senatsebene mit der CDU diskutieren? | |
Wir werden den Antrag auf allen Ebenen einbringen, die dabei helfen können, | |
das Verfahren einzustellen. | |
Ist die Berliner SPD da nicht etwas konfliktscheu gegenüber der CDU? | |
Kürzlich hat der Integrationsbeauftragte des Senats seinen Rücktritt | |
angekündigt, weil er die integrationspolitische Zusammenarbeit mit der CDU | |
nicht weiter möglich fand. Wie sehen Sie die künftige Zusammenarbeit mit | |
der CDU in diesem Bereich? | |
Es wird sicher in vielen Bereichen Schwierigkeiten geben. Aber wir werden | |
die nötigen Themen auf den Tisch bringen. | |
Wie viel Mitgestaltungsmöglichkeiten hat dabei die LAG? | |
Viele, wir können etwa Anträge stellen. Viele LAG-Mitglieder sind | |
gleichzeitig Fraktionsmitglieder. Das heißt, Debatten, die bei uns geführt | |
werden, erreichen mitsamt unseren Forderungen schnell die Fraktion. | |
23 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Alke Wierth | |
## TAGS | |
Flughafen Berlin-Brandenburg (BER) | |
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