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# taz.de -- Schönefeld I: Flughafenasyl in Turbulenzen
> In der SPD organisiert sich Widerstand gegen das Asylverfahren am neuen
> Flughafen - Mitglieder kritisieren das "Wegducken" der Politik vor dem
> Thema.
Bild: Der neue Hauptstadtflughafen soll am 3. Juni eröffnet werden.
In der Berliner SPD regt sich Protest gegen das Asyl-Schnellverfahren am
neuen Schönefelder Flughafen. Am heutigen Montagabend will die
Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Migration der Partei über einen Antrag
gegen das Verfahren abstimmen. Wird dieser angenommen, wäre der nächste
Schritt eine Abstimmung der Delegierten auf dem Landesparteitag der SPD im
Juni.
Das Flughafenverfahren, bei dem der Asylantrag innerhalb von 14 Tagen
entschieden wird und Flüchtlinge solange auf dem Flughafen festgehalten
werden, sei angesichts der massiv gesunkenen Asylbewerberzahlen „nicht mehr
zeitgemäß“, heißt es in dem Antrag der LAG, die derzeit mehr als 600
Mitglieder hat. Zudem habe der Europäische Menschenrechtsgerichtshof das
Verfahren bereits 1996 als „ungerechtfertigte Freiheitsentziehung“
bezeichnet. Kritisiert wird zudem das „Wegducken“ der politisch
Verantwortlichen in Berlin vor dem Thema. Die Chancen, dass der Antrag auch
auf Landesebene angenommen wird, hält die Vorsitzende der LAG, Ülker
Radziwill, für sehr gut (siehe Interview).
In Brandenburg hat die SPD bereits im Februar gemeinsam mit Linkspartei und
Grünen eine Bundesratsinitiative gegen das Flughafenverfahren beschlossen.
Man wolle mit den Berliner GenossInnen eine gemeinsame Position finden,
hatte Britta Stark, Innenexpertin der SPD im Brandenburger Landtag, damals
im taz-Interview gesagt. In Berlin jedoch hatten CDU und SPD noch im März
einen Antrag der Grünen gegen das Verfahren abgelehnt. Zwar erklärte der
Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) damals, er könne sich eine
Unterstützung der Bundesratsinitiative gegen das Verfahren vorstellen –
doch die SPD regiere nicht alleine. Der für Flüchtlinge zuständige
CDU-Innensenator Frank Henkel nannte das Schnellverfahren „gerecht“.
Berlin, sagte Henkel, werde eine Bundesratsinitiative nicht unterstützen.
Frank Zimmermann, Vorsitzender des Arbeitskreises Inneres der Fraktion,
sagte der taz am Freitag, für die Durchführung des Verfahrens auf dem
Flughafen, der auf Brandenburger Gebiet liegt, sei Berlin zwar nicht
zuständig. Man könne aber „darüber streiten, ob das Verfahren mit seinen
kurzen Fristen sinnvoll ist“. Er stehe einer Bundesratsinitiative mit dem
Ziel, das Schnellverfahren bundesweit abzuschaffen, „aufgeschlossen
gegenüber“.
## Fünf deutsche Flughäfen
Das 1993 eingeführte Flughafenschnellverfahren wird derzeit an fünf
deutschen Flughäfen, darunter Schönefeld, durchgeführt. Asylanträge von
Flüchtlingen, die ohne Papiere oder aus sogenannten sicheren Drittstaaten
kommen, müssen dabei innerhalb von zwei Tagen abgelehnt oder zur weiteren
Bearbeitung angenommen werden. Bei Ablehnung bleiben drei Tage Zeit für
Widerspruch. Über den muss ein Gericht innerhalb von 14 Tagen entscheiden.
Während dieser Zeit dürfen die Schutzsuchenden ihre Unterbringung auf dem
Flughafen nicht verlassen. Kritiker bezeichnen diese Unterbringung als
Inhaftierung.
Auf dem Flughafen Schönefeld wurden bisher jährlich etwa zwei bis drei
Asylanträge im Schnellverfahren bearbeitet, zwischen 1999 und 2011
insgesamt 48. Mit der Erweiterung des Flughafens wird künftig mit etwa 300
Fällen jährlich gerechnet. Gegner des Verfahrens wollen am Samstag auf dem
Potsdamer Platz für dessen Abschaffung demonstrieren.
23 Apr 2012
## AUTOREN
Alke Wierth
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