# taz.de -- Nationale Betreuungsstudie: Schlechtes Zeugnis für Kitas | |
> In einer bundesweiten Befragung schneiden Kitas schlecht ab. Nur eine von | |
> zehn Einrichtungen ist „gut“. Die Hälfte der Kindergärten gilt als | |
> „unzureichend“. | |
Bild: Gut betreut? Wahrscheinlich nicht. | |
BERLIN taz | Die Kitas in Deutschland sind gerade mal Mittelmaß. Das ergibt | |
der Zwischenbericht zur ersten „Nationalen Untersuchung zur Bildung, | |
Betreuung und Erziehung in der frühen Kindheit“ (Nubbek). Dazu wurden 2.000 | |
Kinder und ihre Familien und die Beschäftigten in 600 Kitas befragt. | |
Das Ergebnis: Von guter Qualität waren weniger als 10 Prozent der | |
Betreuungseinrichtungen – seien es Kitas oder Tagesmütter. In den | |
Bildungsbereichen wie Lesen, Mathematik, Naturwissenschaften und | |
Interkulturelles Lernen schnitt jeder zweite Kindergarten „unzureichend“ | |
ab. | |
Diplompädagogin Katrin Gralla-Hoffmann, Projektleiterin am Standort Berlin, | |
weist darauf hin, dass viele Kindergärten im Zuge des Betreuungsausbaus | |
altersgemischte Gruppen auch für Kleinkinder öffnen, auf diese aber | |
pädagogisch nicht eingerichtet sind. Als besonders schwierig beurteilen die | |
ForscherInnen, dass die Träger die Qualität der Betreuung nicht messen und | |
keine einheitlichen Standards haben. Die Landschaft sei deshalb extrem | |
heterogen. | |
Einen Ansatzpunkt für die Verbesserung der Qualität sieht Gralla-Hoffmann | |
in den Strukturen: Erzieherinnen fehle es an Aus- und Weiterbildung, aber | |
vor allem seien die Gruppen zu groß: „Wenn eine Erzieherin krank oder im | |
Urlaub ist, werden die Gruppen oft zusammengelegt“, beschreibt sie das | |
häufig auftretende Dilemma. Kinder, die früh in die Kita gehen, haben einen | |
leichten Entwicklungsvorteil gegenüber den ausschließlich daheim erzogenen: | |
Sie konnten sich besser verständlich machen und hatten bessere | |
Alltagsfertigkeiten. | |
Dieser Vorteil kann aber nur zum Teil eine mangelnde Qualität der Betreuung | |
in der Familie wettmachen: Insgesamt sei die Familie für die Entwicklung | |
des Kindes sehr viel wichtiger als die Kita, so die ForscherInnen. Sie | |
raten, Kitas zu Familienzentren umzubauen und mehr niedrigschwellige | |
Angebote für Eltern-Kind-Gruppen zu machen. | |
## Kitas weiter ausbauen | |
Anreize, die Kinder aus den Einrichtungen fernzuhalten, werten die | |
ForscherInnen als „kontrainindiziert“. „Das Betreuungsgeld halten wir für | |
falsch“, so Gralla-Hoffmann. Stattdessen plädiert die Pädagogin für eine | |
Erweiterung des Kitaausbauprogramms. „Nach der ersten Runde, in der es um | |
die Zahl der Plätze ging, brauchen wir ein zweites Paket, in dem die | |
Qualität ausgebaut wird.“ In dem Forschungsbericht heißt es dazu in klaren | |
Worten: „Die Verbesserung der Rahmenbedingungen ist kostspielig und bedarf | |
des politischen Willens.“ | |
Das Justizministerium wies derweil einen Bericht zurück, nach dem es | |
„verfassungsrechtliche Bedenken“ gegen das Betreuungsgeld angemeldet haben | |
soll. Man werde erst den konkreten Gesetzentwurf prüfen, so ein Sprecher. | |
Kanzlerin Merkel bekräftigte erneut, die Prämie einführen zu wollen. | |
27 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Heide Oestreich | |
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