# taz.de -- ELEMENTARPÄDAGOGIK: Dialog am Graben zwischen Schule und Kita | |
> Kindergarten und Grundschule sind zwei verschiedene Welten, die Pädagogen | |
> beider Institutionen begegnen sich oft mit Misstrauen und Missgunst. | |
> Darunter leidet die pädagogische Arbeit. | |
Bild: Welche Buchstaben brauchst du für deinen Namen? Kita-Kinder lernen am Bu… | |
Die bildungspolitische Sprecherin der Grünen, Sülmez Dogan, will „Schule | |
und Bildung neu denken“. Mit einer Reihe von Veranstaltungen will sie sich | |
Anregungen dazu holen. Mit der Frage nach dem Übergang zwischen Kita und | |
Schule hat es Anfang dieser Woche begonnen: „Kindergarten und Schule enger | |
verzahnen?“ war als Frage formuliert. Das Fragezeichen ist dabei | |
unbegründet: „Sind die Bremer so weit zurück?“ hat sich ein Schulpsycholo… | |
aus Münster gefragt, als er die Einladung nach Bremen gelesen hat. | |
In Ländern wie Kanada bilden nach einer Reform in den 1970er Jahren | |
Frühförder-Phase und Grundschul-Phase eine Einheit, berichtete Petra | |
Milhoffer, Bremer Professorin für Erziehungswissenschaften. In Deutschland | |
sind die Zäune besonders hoch, die die Behörden aufgebaut haben. Das | |
ungleiche Lohngefüge dokumentiert für die Kita-Erzieherinnen eine geringere | |
Wertschätzung ihrer Arbeit, es schafft ein Abgrenzungs- und | |
Konkurrenzdenken unter den Pädagoginnen. Lothar Dunkel, als Experte | |
geladener Schulpsychologe aus Münster, hat schon im Jahre 2006 sein | |
Anliegen, mehr Kooperation und „eine flexible Einschulung je nach | |
Entwicklungstempo“ des einzelnen Kindes einzuführen, im Spiegel erläutern | |
können. Viel bewirkt hat es nicht. „Dabei ist die pädagogische Arbeit in | |
Kitas und Grundschulen heute härter als die Arbeit in einer Oberstufe“, | |
sagt er – nur eine Änderung der Wertschätzung, wie sie auch in der | |
Ausbildung und den Löhnen deutlich werden müsste, könne eine Wende bringen. | |
Petra Milhoffer berichtete, dass die Elementarpädagogik in den | |
Gründerjahren der Bremer Reformuniversität beides, die Arbeit in den Kitas | |
und in der Grundschule, zusammen im Blick hatte. Abgeschafft wurden diese | |
Studien-Strukturen. Eine ihrer Studentinnen ist Maike Baasen, sie leitet | |
heute die Grundschule am Buntentorsteinweg. Mit fünf umliegenden Kitas hat | |
sie ein Modellprojekt „flexible Einschulung“ umgesetzt, das Modell ist | |
bisher einzigartig in Bremen. Baasen war nachträglich noch eingeladen | |
worden, um „aus dem Publikum“ der kleinen Diskussionsrunde ihre Arbeit | |
vorzustellen. | |
Entscheidend ist, erklärte sie, dass Kindergärten und Grundschule ein | |
gemeinsames Bildungskonzept erarbeiten, damit die Grundschule substantiell | |
anknüpfen kann an das, was vorher mit den Kindern passiert. Dazu kommt dann | |
eine Kontinuität von Ritualen, Liedern, ein Prozess des „Kennenlernens“ | |
durch gegenseitige Besuche. | |
Für einzelne Kinder bietet die Grundschule am Buntentorsteinweg auf dieser | |
Basis die Möglichkeit, im Frühjahr in die (jahrgangsübergreifende) | |
Lerngruppe der Schule zu wechseln. Die Schulbehörde will, dass diese Kinder | |
ein Jahr vorher angemeldet werden, damit sie die flexible Einschulung | |
verwalten kann. | |
Als interessiertes „Publikum“ war auch eine andere Expertin gekommen, Doris | |
Bollinger, die als Referentin der Sozialbehörde das Modellprojekt | |
„Transkigs“ geleitet hatte. Bei „Transkigs“ ging es über Jahre genau u… | |
Thema des Übergangs. Wenig ist davon geblieben, jede Grundschule macht, was | |
sie will. „Das Projekt ist beendet“, formuliert Bollinger das. Für die | |
Behörde jedenfalls hatte es keine Folgen – aus finanziellen Gründen. Dabei | |
ist eigentlich die Zeit für Projekte vorbei, in denen jede Schule ihren | |
eigenen Weg selbst erfinden muss, meinte Maresi Lassek. Ihre Grundschule am | |
Pfälzer Weg praktiziert seit 1993 eine enge Verbindung zu „ihren“ Kitas. | |
„Jeder bastelt so vor sich hin“, heute noch, so beschreibt Lassek die Lage. | |
Es gibt bis heute keine klaren Strukturen, die die Grundlagen für die | |
notwendige Verzahnung schaffen würden. | |
Im Grund kam die Diskussion der Grünen auch nicht weiter – weder Sozial- | |
noch Bildungsbehörde waren eingeladen. Sülmez Dogan fühlte sich offenbar | |
eher wie in einer Talkshow, sie sprach von „meinen Gästen“ und „mein | |
Publikum“. Und versprach zum Abschluss, „bestimmte Dinge voranzutreiben“. | |
s.a. Delphine auf dem deutsch-Parcours, www.taz.de/!89937/ | |
27 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Klaus Wolschner | |
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