# taz.de -- Kommentar Wahl in Schleswig-Holstein: Die rot-grüne Schwäche | |
> Der SPD fehlt die Trennschärfe zur CDU. Darum hat Rot-Grün in | |
> Schleswig-Holstein auch nicht die absolute Mehrheit geholt. Piraten und | |
> FDP sind daran nicht schuld. | |
Die Wahl in Kiel hat drei Botschaften. Erstens: Sogar eine schwächelnde | |
Union, die ihren Spitzenkandidaten austauschen musste, beschert Rot-Grün | |
keine eigene Mehrheit mehr. | |
Man kann Landtagswahlen nicht einfach auf den Bund hochrechnen. Doch was | |
hier sichtbar wird, gibt es nicht nur in Kiel: Rot-Grün fehlt es an | |
Strahlkraft. Auch in Berlin ist die Performance der Opposition blass. In | |
Kernfragen wie der Europolitik stützt Rot-Grün Merkel. Dass die SPD in | |
Schwerin, Berlin und Saarbrücken freiwillig große Koalitionen einging, weil | |
ihr linkere Alternativen irgendwie zu anstrengend waren, verstärkt den | |
Eindruck, dass es im Grunde um nichts geht. Vor allem der in die Mitte | |
strebenden SPD fehlt die Trennschärfe zur CDU. | |
Zweitens: Die Piraten etablieren sich weiter. Der Erfolg in Kiel ist etwas | |
anders als in Berlin oder Saarbrücken. Denn in Kiel mussten Wähler erstmals | |
einkalkulieren, dass, wer für die Piraten votiert, damit die große | |
Koalition herbeiwählt. Geschadet hat diese Aussicht den Piraten nicht. | |
## Die großen Koalitionen kommen | |
Es spricht einiges dafür, dass wir noch mehr Sechsparteienparlamente | |
bekommen. Die Chance für Rot-Grün sinkt damit, die Wahrscheinlichkeit von | |
großen Koalitionen steigt. Die Piraten sind nicht schuld an dem Trend. Aber | |
ihre Erfolge wirken in diesem Prozess wie ein Enzym. | |
Drittens: die wundersame Wiedergeburt der FDP. Sie zeigt, dass die Wähler | |
bürgerlicher Parteien kühl entscheiden. Dieser Erfolg gilt Wolfgang | |
Kubicki, der einen bis zur Halsstarrigkeit eigenständigen Kurs einschlug. | |
Die FDP in Kiel hat etwas früher als die Rest-FDP begriffen, dass | |
neoliberal pur ins Aus führt und etwa auf den Kampf gegen den Mindestlohn | |
verzichtet. | |
Der wesentliche Grund für die Wiederkehr aber ist: Ohne FDP gibt es | |
dauerhaft nur Mitte-links-Regierungen oder große Koalitionen. Das ist die | |
Automatik hinter der Rettung der FDP, die sich auch für NRW abzeichnet: | |
kein Mitleid, sondern Kalkül der Wähler. | |
Insgesamt: keine guten Aussichten für die Bundestagswahl 2013. Die | |
Alternative, für die Mitte-links steht – wo ist sie? | |
7 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Stefan Reinecke | |
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