# taz.de -- Wahlen in Schleswig-Holstein: CDU und SPD gleichauf | |
> Bei den vorgezogenen Landtagswahlen in Schleswig Holstein liegen CDU und | |
> SPD nach den ersten Hochrechnungen gleichauf. Piraten und FDP ziehen in | |
> den Landtag, die Linke nicht. | |
Bild: Wer wird Ministerpräsident? Jost de Jager (CDU, r.) oder Torsten Albig (… | |
BERLIN taz | Sympathisch, nett - so wollte SPD-Spitzenkandidat Torsten | |
Albig siegen. Er ließ auf jedes Plakat ein Herz und den Slogan „Mein | |
Lieblingsland“ drucken. In den Umfragen lag er vorn, er hatte gute Chancen, | |
Ministerpräsident zu werden. Doch aus Albigs Wunschkoalition Rot-Grün wird | |
nichts, ob er den Posten des Ministerpräsidenten in einer großen Koalition | |
einnehmen kann, war zunächst unklar. | |
Der Nochbürgermeister von Kiel und seine Partei landen nach ersten | |
Hochrechnungen bei rund 30 Prozent, CDU-Kontrahent Jost de Jager bei knapp | |
31. Die Grünen liegen bei gut 13 Prozent. Erstarkt sind derweil die | |
Piraten: gute 8 Prozent. Und auch die FDP schafft den Sprung in den Landtag | |
mit etwa 8 Prozent. Derweil fliegt die Linkspartei erstmals aus einem | |
Landesparlament wieder raus – gut 2 Prozent. Die vermeintlich kleine Wahl | |
in Kiel am Sonntag manifestiert große Änderungen in der Parteienlandschaft. | |
Schwarz-Gelb, die bisherige schleswig-holsteinische Landesregierung unter | |
Peter Harry Carstensen, ist abgewählt – nur zweieinhalb Jahre nach der | |
letzten Abstimmung. Das Landesverfassungsgericht hatte die Neuwahl im | |
Norden angeordnet, es hielt die Sitzverteilung im Landtag für nicht | |
rechtmäßig. | |
Noch im März hatte es nach gut 50 Prozent für Rot-Grün ausgesehen. Die CDU | |
kämpfte mit sich. Der 65-jährige Carstensen hatte früh angekündigt, sich | |
aus der Politik zurückzuziehen. Sein Nachfolger Christian von Boetticher | |
(„Es war schlichtweg Liebe“), ging, als sein Verhältnis zu einer | |
16-Jährigen bekannt wurde. Jost de Jager kam, 47, Sohn einer | |
Pfarrersfamilie, Landeswirtschaftsminister, wenig bekannt. Die FDP dümpelte | |
derweil bei 2 Prozent, mit den Piraten rechnete kaum jemand. Doch dann | |
traten die Piraten dem Vorwurf entgegen, eine Einthemenpartei zu sein, | |
gaben sich das Motto „Jetzt mit mehr Inhalt“. Die Partei bekam Zulauf – u… | |
machte den Grünen Stimmen streitig. | |
„Man boxt gegen Pudding, wenn man sich mit den Piraten auseinandersetzt“, | |
sagte der grüne Spitzenkandidat Robert Habeck im Wahlkampf. Er wählte den | |
Slogan „Für hier mit Dir“, hat über „Heimat“ geredet, ohne Scheu vorm | |
Sparen. Fast 30 Milliarden Euro Schulden plagen das Land. Habeck stand | |
immer im Verdacht, nicht nur mit Rot-Grün, sondern auch mit Schwarz-Grün zu | |
liebäugeln. | |
## Auch offen für die CDU | |
Jost de Jager wäre mit Habeck sicher zurechtgekommen. Er hielt sich am | |
Wahlabend alle Optionen offen: „Wir wollen mit allen Parteien über eine | |
Koalition sprechen“, ließ er wissen. Der CDUler hat in den letzten Wochen | |
vor allem versucht, sich inhaltlich zu profilieren – über das Thema | |
Schuldenabbau. Er hat die Erhöhung der Pendlerpauschale abgelehnt, das | |
Betreuungsgeld auch. Offenbar hat das gewirkt und er hat sich – Slogan | |
„Klare Kante Zukunft“ – einen Namen gemacht. | |
Die Wählerstimmung hat sich im Laufe der letzten Wochen auch zugunsten der | |
FDP gewandelt. Mit einer Kampagne „Wählen Sie doch, was Sie wollen“ hat | |
Krawallmacher und Spitzenkandidat Wolfgang Kubicki offenbar die liberale | |
Klientel für sich gewonnen. Er verschafft der mickernden FDP erst einmal | |
eine Atempause. Ob Bundesparteichef Philipp Rösler der richtige Mann ist, | |
bleibt allerdings offen. Theoretisch könnte im Norden auch eine | |
Jamaika-Koalition möglich werden, bei den Grünen wäre sie aber nur schwer | |
durchzusetzen. | |
In den letzten Tagen, als die meisten schon nicht mehr an einen klaren Sieg | |
von Rot-Grün glaubten, sprach sich Torsten Albig im TV-Duell für eine | |
Konstruktion aus, die es nur in Schleswig-Holstein geben kann: die | |
Dänenampel, ein Dreier-Bündnis aus Rot, Grün und Südschleswigschem | |
Wählerverband. Der SSW, die Partei der aus 50.000 Menschen bestehenden | |
dänischen Minderheit, kam auf 4,5 Prozent und ist von der 5-Prozent-Hürde | |
befreit. Doch das Bündnis hätte kaum mehr als eine Stimme Vorsprung. Albig | |
will es offenbar trotzdem versuchen: „Wir können auch | |
Einstimmenmehrheiten“, sagte er am Abend. | |
Albig hat eine große Koalition mit der CDU nicht prinzipiell | |
ausgeschlossen. Ob er daran festhält, wenn de Jager ihm das Amt des Chefs | |
streitig macht, ist offen. „Mir graut vor gar keiner demokratischen | |
Lösung“, so Albig. Es könnte ein Leitsatz für alle Politiker werden. Am | |
Sonntag wählt Nordrhein-Westfalen. | |
6 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Hanna Gersmann | |
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