# taz.de -- Erneuerbare Energien: Länder gegen Solarkürzungen | |
> Es wäre eine Niederlage für Umweltminister Röttgen: Im Bundesrat gibt es | |
> offenbar eine Mehrheit gegen die beschlossenen Solarkürzungen – darunter | |
> auch eigene Leute. | |
Bild: Gegen Solarkürzungen: Jetzt wird Kritik auch von den Ländern laut. | |
BERLIN taz | Zwei Tage vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen droht dem | |
CDU-Spitzenkandidaten, Bundesumweltminister Norbert Röttgen, eine | |
energiepolitische Niederlage: Auch mit Stimmen seiner eigenen Partei will | |
der Bundesrat an diesem Freitag die von Regierung und Bundestag | |
beschlossenen Kürzungen bei der Förderung von Solarstrom stoppen. | |
Neben den Bundesländern, in denen die SPD mit Grünen oder Linken regiert, | |
hatten bisher die großen Koalitionen in Thüringen und Sachsen-Anhalt | |
angekündigt, den Vermittlungsausschuss anzurufen; beide Länder sind | |
wichtige Solarstandorte. Am Dienstagabend schloss sich das ebenfalls von | |
SPD und CDU regierte Berlin an. Damit steht eine Mehrheit gegen das Gesetz. | |
Der Bundestag hatte Ende März beschlossen, dass die gesetzlich garantierte | |
Vergütung zum 1. April je nach Anlagengröße um 30 bis 40 Prozent sinkt – | |
und damit deutlich stärker und früher als zuvor vorgesehen. Große | |
Freiflächenanlagen werden gar nicht mehr gefördert. Branchenvertreter und | |
Umweltverbände hatten gewarnt, dass damit der deutsche Solarmarkt | |
zusammenbrechen werde. | |
## Kompromiss Erneuerbare-Energien-Gesetz | |
Weil die Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes im Bundesrat nicht | |
zustimmungspflichtig ist, können die Länder die Regelung mit ihrem | |
Einspruch nicht komplett stoppen. Mit der nun stehenden Mehrheit können sie | |
aber – sofern sie sich auf ein gemeinsames Ziel einigen – den | |
Vermittlungsausschuss anrufen, in dem Vertreter von Bundestag und Bundesrat | |
einen Kompromiss suchen können. | |
Wird ein solcher nicht gefunden, kann der Bundesrat Einspruch gegen das | |
Gesetz einlegen. Diesen wiederum kann der Bundestag überstimmen, allerdings | |
nur mit der sogenannten Kanzlermehrheit, bei der die absolute Mehrheit der | |
Sitze – und nicht der Anwesenden – erreicht werden muss. Ob das der | |
Koalition gelingen würde, ist offen; bei der namentlichen Abstimmung im | |
März hatten vier Abgeordnete der Union ihre Zustimmung verweigert, viele | |
weitere fehlten. | |
Um das Risiko einer Niederlage, das angesichts der massiven Probleme der | |
ostdeutschen Solarindustrie eher größer geworden sein dürfte, zu umgehen, | |
könnte die Bundesregierung darum auf einen Kompromiss setzen.Wie dieser | |
aussehen könnte, ist allerdings unklar. | |
Der Sprecher von Sachsen-Anhalts Ministerpräsidenten Reiner Haseloff (CDU), | |
Franz Kadell, sagte der taz, das Land stelle keine Detailforderungen, | |
sondern wolle eine „grundlegende Überarbeitung“ des Gesetzes. Thüringens | |
Wirtschaftsminister Matthias Machnig (SPD) hatte dagegen zuvor etwas | |
detaillierter erklärt, um eine „energiepolitische Vollbremsung“ zu | |
verhindern, müssten die Kürzungen geringer ausfallen; zudem solle geprüft | |
werden, ob europäische Produkte künftig bei der Förderung bevorzugt werden | |
können. | |
## China-Einstieg bei Conergy | |
Die deutsche Solarindustrie verfolgt die Entwicklung angespannt. | |
Schließlich ist sie in den letzten Monaten stark unter Druck geraten. Der | |
ehemalige Branchenprimus Q-Cells hatte Anfang März Insolvenz angemeldet, | |
Mitte April kündigte der Brachenriese First Solar den Abschied aus | |
Deutschland an. Beim deutschen Hersteller Conergy, der ebenfalls | |
wirtschaftliche Probleme hat, will einem Bericht der Financial Times | |
Deutschland zufolge nun ein chinesischer Solarkonzern knapp 30 Prozent der | |
Aktien übernehmen. | |
Auch bisher gut verdienende Unternehmen wie Solarworld oder SMA fürchten | |
angesichts der Kürzungspläne um die Zukunft ihres Geschäfts. Man spüre | |
„eine starke Verunsicherung der Kunden“, sagte beispielsweise | |
Solarworld-Chef Frank Asbeck der Agentur Reuters. | |
Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Version des Artikels war | |
Thüringens Wirtschaftsminister Matthias Machnig fälschlicherweise als | |
Ministerpräsident benannt worden. Wir bitten um Entschuldigung. | |
10 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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