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# taz.de -- Bankenanalyst über Solarförderung: „Der Konkurrenzkampf ist bru…
> Der Analyst Matthias Fawer glaubt, dass bald kaum noch Solarzellen in
> Europa produziert werden. Er sieht trotzdem eine Zukunft für die Branche.
Bild: Die Branche bleibt hart. Monteure bauen in Freiberg in einem Solarpark ei…
taz: Herr Fawer, haben der Rückzug von First Solar aus Deutschland und die
Insolvenz des einstigen deutschen Solar-Champions Q-Cells Sie überrascht?
Matthias Fawer: Überhaupt nicht. Momentan ist der Konkurrenzkampf auf dem
Solarmarkt brutal.
Was haben die Unternehmen falsch gemacht?
Die ganze Branche wurde überrannt von dem enormen Kapazitätsausbau
chinesischer Unternehmen. Dazu kommt der Druck der Politik, die ständig die
Einspeisevergütungen senkt. Diesen Teufelskreis nach unten haben viele
Unternehmen zu spät erkannt und ihre Kosten nicht gedrückt.
Haben die Europäer denn keine Qualitätsvorteile?
Darauf haben die Unternehmen zu lange gesetzt und wurden nun eines Besseren
belehrt. Mittlerweile sind die chinesischen Topmodule ebenbürtig.
Woran liegt das?
Solarmodule sind einfach keine Hightechprodukte, sondern relativ simpel zu
produzieren. Das Wissen steckt in den Produktionslinien. Die kommen von
deutschen oder schweizerischen Unternehmen, die auch künftig gute Geschäfte
machen werden. Aber wenn deren Maschinen in China stehen, wird dort ebenso
gut produziert. Solarmodule sind Massenware.
Welche Strategie sollten die Unternehmen dem entgegensetzen?
Ein Beispiel könnte Solarworld sein: Dieses deutsche Unternehmen hat schon
früh Wafer, Zellen und Module selbst hergestellt. Es wandte sich mit seinen
Modulen früh an Endkunden und hat mit Fernsehwerbung eine Marke aufgebaut.
Der Häuslebauer nimmt also einen höheren Preis für mehr Qualität in Kauf?
Richtig, genau dort können sie eine Premiummarke aufbauen. Bei großen
Solarparks, auf die First Solar und Q-Cells lange setzten, spielt dagegen
jeder Cent eine Rolle. Da haben die Chinesen unschlagbare Kostenvorteile.
Trotzdem hat auch Solarworld 2011 Verlust gemacht.
Das stimmt. Allerdings hat die Solarbranche international mörderische
Konditionen. Suntech, der weltgrößte Solarhersteller aus China, hat im
vergangenen Jahr eine Milliarde Dollar Verlust geschrieben. Die haben
allerdings staatliche Banken hinter sich, die den Geldhahn nicht zudrehen.
Momentan kommen alle unter Druck.
Wollen die Chinesen staatlich konzertiert deutsche Hersteller vom Markt
drängen?
Die chinesische Regierung will die Kredite für die Solarbranche verringern
und nicht jede Firma durchfüttern. Sie hat ganz klar gesagt, dass das Geld
jetzt in den Aufbau einer eigenen solaren Stromproduktion fließen soll,
weil man da gewaltig hinterherhinkt. Trotzdem haben die erfolgreichen
chinesischen Unternehmen dank der staatlichen Banken einen längeren Atem.
Deutsche und europäische Banken wollen den Unternehmen hierzulande dagegen
nicht über die Durststrecke helfen. Das halte ich für falsch, weil viele
Solarunternehmen in ein, zwei Jahren wieder Gewinne einfahren können. Falls
sie überleben.
Aber sicher nicht alle.
Nein, auch die reine Zellproduktion wird Massenware. Da haben wir keine
Chance. Das geht nach Asien, wie wir es in anderen Branchen wie der
Halbleiterindustrie schon früher gesehen haben.
Die Europäer müssten also ihre Produktion verlagern?
Nicht unbedingt. Dass die Produktion der Module immer billiger wird, macht
sie wieder attraktiver für Europa, weil die Kosten für den Transport einen
immer größeren Anteil am Preis ausmachen. Die reinen Zellen kann man in
Asien herstellen. Die sind relativ klein und einfach zu transportieren. Die
Module selbst, also komplette Solaranlagen für die Dächer, sind viel
größer. Da werden viele Zellen in Reihe geschaltet, die ganze Elektronik
kommt noch dazu. Diese Endfertigung könnte in Europa passieren. Das haben
die Chinesen bereits erkannt: Der Solarbauer LDK hat deshalb die deutsche
Sunways übernommen.
Wie müssen sich deutsche und europäische Unternehmen also positionieren?
Eine große strategische Chance sind komplette solare Energiesysteme. Wer
sich heute in Deutschland eine Anlage aufs Dach baut, bekommt für 20
Prozent des erzeugten Stromes keine Förderung und muss versuchen, ihn
selbst zu verbrauchen. Dazu kommt, dass Solarstrom künftig das Netz stabil
halten muss, mal ins Netz eingespeist und mal zwischenspeichert wird. Es
geht also um Energiemanagement, um komplexe Gesamtsysteme und deren
Steuerung. Da können die Europäer Gehirnschmalz reingeben und wieder
Vorreiter werden. Dann bleibt auch ein Großteil der Wertschöpfung hier.
Hat Deutschland die weltweite Solarindustrie durch seine Förderung
aufgebaut?
Da kann ich nur ein Loblied singen. Wir wären global nicht da, wo wir heute
sind, ohne das deutsche Fördersystem. Da können auch wir Schweizer uns nur
bedanken.
19 Apr 2012
## AUTOREN
Ingo Arzt
## TAGS
China
Reiseland Deutschland
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