# taz.de -- Fotovoltaikindustrie in der Krise: Solarworld aus den Fugen | |
> Das Unternehmen Solarworld schreibt tiefrote Zahlen. Der Firmengründer | |
> verklagt chinesische Konkurrenten, während das Management Fehler begangen | |
> hat. | |
Bild: Finanzielle Schieflage: Der deutsche Branchenprimus Solarworld fuhr im er… | |
BERLIN taz | Die von einer existenziellen Krise gebeutelte deutsche | |
Solarindustrie hat endgültig ein Sorgenkind mehr: Das Bonner Unternehmen | |
Solarworld macht im ersten Halbjahr 2012 einen Verlust von rund 160 | |
Millionen Euro. Der Umsatz schrumpfte um ein Drittel auf 340 Millionen Euro | |
– ein katastrophales Ergebnis. Bereits im Jahr 2011 setzte es einen Verlust | |
von 233 Millionen Euro. | |
Das Unternehmen ist der größte deutsche Hersteller von Solarprodukten. | |
Solarworld galt lange als Paradebeispiel für die vermeintlich blühende | |
Zukunft der deutschen Solarbranche, ebenso wie das bereits insolvente | |
Q-Cells aus Bitterfeld. Dort gibt es allerdings neue Hoffnung: Nach einem | |
Bericht der Leipziger Volkszeitung will der südkoreanische Mischkonzern | |
Hanwha bei Q-Cells einsteigen. Keiner der beiden Konzerne wollte die | |
Meldung bestätigen. | |
Von einer Insolvenz ist Solarworld nach Angaben des Unternehmens nicht | |
bedroht. Vorstandschef und Hauptaktionär Frank Asbeck sieht die Misere vor | |
allem chinesischer Billigkonkurrenz geschuldet. Von dort importierte | |
Solarmodule werden in Deutschland fast 30 Prozent billiger verkauft als die | |
heimischer Hersteller. | |
Asbeck wirft seinen Konkurrenten Preisdumping vor: „Chinesische Hersteller | |
brechen die Regeln und führen einen Handelskrieg“, schreibt er im | |
Zwischenbericht des Konzerns. Solarworld hat sich mit mehr als 20 anderen | |
europäischen Herstellern verbündet und bei der EU eine Beschwerde | |
eingereicht, in dem Strafzölle gegen chinesische Hersteller gefordert | |
werden. | |
## Unlauter Wettbewerb bestritten | |
Die setzen sich zur Wehr und bestreiten die Vorwürfe unlauteren | |
Wettbewerbs. Auch in Deutschland sind nicht alle begeistert: „Das Letzte, | |
was der deutsche Photovoltaik-Maschinenbau jetzt gebrauchen kann, ist ein | |
langwieriger und unnützer Handelskonflikt mit einem seiner Kernmärkte“, so | |
der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer. | |
Ein großer Teil der Verluste von Solarworld sind auf eigene Fehler | |
zurückzuführen. So hat der Konzern damit gerechnet, dass Silizium, | |
Grundstoff der Solarzellen, immer teurer wird – und damit auf das falsche | |
Pferd gesetzt. Denn seit Jahren schon sinken die Preise. Solarworld ist | |
aber wegen langfristiger Lieferverträge an höhere Preise gebunden. | |
Zudem muss das Unternehmen wegen der Verträge mehr einkaufen, als es | |
verbraucht. Allein dadurch entstand im ersten Halbjahr ein Verlust von 80 | |
Millionen Euro. Bedenklich zudem: Selbst wenn man derartige Sondereffekte | |
herausrechnet, macht Solarworld mit dem Verkauf seiner Solarzellen Verlust. | |
Florian Söllner, der für das Magazin Der Aktionär die Solarbranche | |
beobachtet, sieht Solarworld vor allem strategisch falsch ausgerichtet. Die | |
Firma versucht die gesamte Produktkette der Photovoltaik abzudecken – von | |
der eigenen Siliziumgewinnung über diverse Vorprodukte bis zur fertigen | |
Dachanlage. Eine Lösung für deutsche Hersteller sei es, die Solarmodule in | |
Asien billig einzukaufen und dann in Deutschland zu vollständigen Systemen | |
zu integrieren. | |
13 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Ingo Arzt | |
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Reichtum | |
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