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# taz.de -- Thomas D vor dem Eurovision Song Contest: Der Chefrocker vom Eifelh…
> Thomas D fliegt nächste Woche nach Baku und wird dort sehr viel reden
> müssen. Er hofft auf seinen Schützling Roman Lob. Bei
> Menschenrechtsfragen bleibt er nüchtern.
Bild: Väterliche Figur, die leicht über dem Geschehen schwebt.
Auf seinem Hof ist es lärmig. Sägen kreischen, Maschinen machen Krach, man
hört Handwerkerkommandos: „Ist hier irgendwo 'ne Flex?“ Mittendrin Thomas
D, Fanta-4-Entertainer, in der Eifel zu Hause. Sein Zuhause wird mal wieder
aufgemöbelt. „Ich baue wahnsinnig gern um.“
Mit dem Bauen sei es doch so: „Hast schnell ein direktes Ergebnis. Und
siehst was direkt.“ Eine „schöne Art von Befriedigung“ – zwischen Idee…
Realisation liegt nur eine überschaubare Zeit.
Thomas D hat mal über Leonardo da Vinci und seine „Mona Lisa“ gelesen: „…
der Maler mit dem letzten Pinselstrich fertig war, hatte er das gleiche
Gefühl wie alle Künstler, die große Werke beendet haben – fertig.“ Fertig
im Sinne von: jetzt reicht es, sich dauernd zu erschöpfen und nicht zu
wissen, ob es am Ende schön geworden ist. „Da gibt es keine großen
Emotionen mehr – alle Gefühle waren schon in den Entstehungsprozess
geflossen.“ Was bleibt dann? „Eine Feststellung. Man sagt sich: Mhhm, so
ist es halt geworden und sieht nun so aus wie die Mona Lisa.“
So ähnlich kann man sich auch das Projekt „Roman Lob“ vorstellen. Besser:
die Fortsetzung der Geschichte von „Unser Star für Baku“. Gott sei Dank,
sagen alle Beteiligten dieses Castingverfahrens für den Eurovision Song
Contest, habe da einer wie der Industriemechaniker aus dem Pfälzischen
teilgenommen – er war eine Rarität unter all den AspirantInnen, die um das
Ticket zum Dasein als Star und zum Eurovision Song Contest buhlten. Roman
Lob, sagt Thomas D, habe ihn gleich „geflasht“. Stimme und Aussehen nennt
der Fanta-4-Mann überzeugend, er habe vor allem jedoch diese gewisse scheue
Aura, die auf der Bühne den Anschein von Scheinwerfergeilheit dimmt.
## Väterliche Figur
Er ist jetzt sein Schützling, mit ihm geht Thomas D nächste Woche nach
Baku, dort wird Roman Lob „Standing Still“ performen und hoffen, gut
abzuschneiden. Doch jetzt, hier in der Eifel, geht es um ihn, um Thomas D,
seinen Job – und der ist eventuell gut beschrieben als Mentor, als
väterliche Figur, die leicht über dem Geschehen schwebt.
Er hat ja Zeit. Fanta-4-Verpflichtungen sind nicht näher projektiert,
Solistisches ebenso wenig. So kann er in die Rolle des erfahrenen Behüters
hineinwachsen. Voriges Jahr wurde Thomas D von Stefan Raab gefragt, ob er
den Juryvorsitz von „Unser Star für Baku“ übernehmen könne. Warum nicht?
Der Eurovision Song Contest ist kein Imagekiller mehr für einen wie ihn,
prominentester Kopf des German HipHop.
Roman Lob? „Ich bin früh Fan von ihm geworden“, sagt er. Dem Publikum blieb
das nicht verborgen, schon während der Wettbewerbsrunden im Januar und
Februar wusste er den Anschein von Neutralität gut zu zerstreuen. Als
Popkünstler müsse man auch Schauspieler sein – und so musste er tun, als
seien ihm alle Kandidaten gleich genehm. Nein, Thomas D musste den
Leidenschaftlichen geben, obwohl er gedanklich vielleicht längst auf Roman
Lob festgelegt war.
In diesen Wochen hat er dessen erstes Album produziert. In wenigen Wochen
nur, was für eine halbwegs sinnvoll zusammengestellte Kollektion von
Liedern kurz war. Aber es war nötig – das war der Preis, den Roman Lob
neben dem Ticket nach Baku gewann: ein Album einzuspielen. Thomas D steht
nun nicht selbst auf der Bühne und sagt, dass er eigentlich dachte, in Baku
würde er zehn Tage am Hotelpool liegen und Cocktails schlürfen. „Ich habe
mich umgehört und weiß inzwischen, dass vieles passieren kann – aber das
nicht.“
## Empfang A hier, Party B dort – und dazwischen Shuttlefahrten
Was denn sonst? Thomas D macht eine Handbewegung mit Zeigefinger und
Daumen, Dauergeschnatter symbolisierend: Rund um die Uhr reden und reden
und reden. Bis zum Finale am 26. Mai, wenn Roman Lob auftritt. Interviews,
Gespräche vor und hinter den Kulissen, Empfang A hier, Party B dort – und
dazwischen Shuttlefahrten und Interviewauftritte vor Kameras. Stetes
Geplapper wie überall, wo es auf einen kommunikativen Zenit, auf ein
schließliches Resultat hinausläuft – über das dann auch wieder dauernd
geschnattert wird.
Er fährt, sagt er selbst, mit entspanntesten Gefühlen nach Aserbaidschan.
Und er findet Roman Lob sympathisch, er guckt ihn, wenn man so will, mit
den Augen eines behütenden großen Bruders an – Kumpel irgendwie in den
Klamotten der Jugendlichkeit, Sneakers, Jeans, Shirt und, obligatorisch bei
ihm, eine Wollmütze. Roman Lob – „der ist wie ein Homie aus der Eifel“, …
erdiger Typ, natürlich bis an die zarte Grenze der Unschuld.
Als es an die Aufnahmen für das Album ging, fragte der Sänger, ob er einen
Kumpel mitbringen könne. Ja, sagte Thomas D. Am anderen Morgen fragte Roman
Lob per SMS neuerlich: Darf ich? Na, da rumpelte Thomas D ihn an und sagte,
wie er sich erinnert: „Klar, wenn der Rocker-Boss sagt, du kannst einen
Kumpel mitbringen, dann kann du das auch.“ Der Nachwuchs auf dem Mofa darf
mal auf den Parkplatz, wo die fetten Maschinen vom Boss stehen.
## Bekennender Öko auf eigener Scholle
Wie wahr sich selbst beschrieben: Thomas D, der Chefrocker, der nichts mehr
nötig hat. Der als Teil von Fanta 4 Stadien füllte und Kritiker zu
Komplimenten brachte. Der in der Eifel lebt auf eigener Scholle,
bekennender Öko ist, ein Mensch, der wohlhabend ist und auf nachhaltigen
Lebensstil setzt, sich von keinen Tieren ernährt – und künstlerisch keine
offenen Posten mehr hat.
Der ist jetzt der Boss, der Roman Lob sagt: Vergiss nicht, es könnte
aufregend werden, aber eigentlich ist es nur ein Liederwettbewerb. „In drei
Minuten ist alles vorbei – und für Roman soll es gut werden. Es ist wie
beim Zahnarztbesuch. Im Zweifelsfall Augen zu und durch.“
Nicht jedoch in Sachen Menschenrechte und Aserbaidschan, eine Frage, bei
der Thomas D eher zu den Nüchternen zählt. Er hat für Amnesty International
einen Aufruf unterzeichnet – Statement genug. Aber: „Man muss schon die
Verhältnismäßigkeit wahren. Ich will mich nicht raushalten und sagen, es
ist mir wurscht. Ist mir ja nicht wurscht. Aber es hört sich an, als ob in
Aserbaidschan zigtausende von Menschen in politischer Gefangenschaft sind –
ich hörte, es sind siebzehn.“
## „Gedanken über Menschenrechte sind Luxus"
Wird plötzlich fast kühl und fügt an, Frauenbeschneidung in Afrika, die
politischen Verhältnisse in Russland … überall lässt sich Schlimmes
entdecken, aber manche Journalisten tun so, als sei die Frage der
Menschenrechte in Aserbaidschan die allerwichtigste und als seien sie seit
Jahren mit nichts anderem befasst. „Wir kommen, wenn alles vorbei ist,
zurück in unsere warmen Buden, in unsere Energiesparautos. Es ist ein
wahnsinniger Luxus, sich über Menschenrechte Gedanken zu machen, wenn du
den Raum dafür hast.“
Letzte Frage, ehe er sich wieder dem Verlauf der handwerkerischen Arbeiten
an seinem Haus widmen kann: Ist Roman Lob ein Star? Thomas D sagt, am
besten wäre, würde er sich jetzt schon mit seinem zweiten Album
beschäftigen – sich damit auseinandersetzen, was sein wird, wenn der
Eurovision Song Contest vorbei ist.
Er, der Chefrocker, wird ihn weiter begleiten, der Industriemechaniker muss
nicht fürchten, am 27. Mai nur noch eine lauwarme Kartoffel zu sein, die
man eben zu Boden hat fallen lassen: „So lange, bis er sagt, lass mich in
Ruhe, und das dürfte nach zwei, drei Platten vielleicht der Fall sein, wenn
er sich gut entwickelt.“
11 May 2012
## AUTOREN
Jan Feddersen
Jan Feddersen
## TAGS
Schwerpunkt Eurovision Song Contest
Schwerpunkt Syrien
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