# taz.de -- Living Planet Report des WWF: Problempatient Erde | |
> Der Living Planet Report fordert von den reichen Ländern veränderten | |
> Konsum und von den armen mehr Naturschutz. Der WWF reagiert damit auf | |
> Altbekanntes. | |
Bild: Die Rückkehr wilder Wölfe in gemäßigte Breiten ist ein Zeichen dafür… | |
BERLIN taz | Mehr Effizienz in der Produktion und ein verändertes | |
Konsum-verhalten in den reichen, mehr Naturschutz in den armen Ländern – | |
diese kombinierte Therapie will der World Wide Fund For Nature (WWF) dem | |
„Patienten Erde“ verordnen. | |
Seinen miserablen Zustand dokumentiert die Umweltorganisation alle zwei | |
Jahre in ihrem Living Planet Report. Heute erscheint weltweit die Version | |
2012, gestern wurde sie in Berlin vorgestellt. „Wir haben den Fokus auf die | |
Lösungen der Probleme gesetzt“, sagte der Vorstand des WWF Deutschland, | |
Eberhard Brandes. | |
Die Probleme seien lange bekannt: ein dramatisches Artensterben, vor allem | |
in den Tropen; eine stetige Übernutzung von Ressourcen, wie fruchtbarem | |
Boden, Fischbeständen oder Wald, sowie ein stetiger Anstieg der | |
Treibhausgas-Emissionen. | |
Der WWF – dem Kritiker eine zu große Nähe zur Industrie nachsagen – misst | |
den Zustand der Erde mit zwei Indikatoren: Dem Living Planet Index, der die | |
Größe von über 9.000 Populationen von 2.600 Tierarten beobachtet und so | |
Aussagen über ihren Zustand machen kann; außerdem mit dem ökologischen | |
Fußabdruck, der den Ressourcenverbrauch des Menschen angibt. | |
## „Kein Grund zum Jubeln“ | |
Derzeit werden demnach „1,5-mal so viele Ressourcen verbraucht, wie sich | |
jährlich erneuern“, so Brandes. Seit 1970 betrage der Rückgang der | |
Artenvielfalt 28 Prozent, in tropischen Regionen sogar 60 Prozent. In den | |
gemäßigten Breiten steigt sie hingegen leicht an. „Kein Grund zum Jubeln“, | |
urteilt Brandes. | |
Schließlich habe man die Biodiversität dort schon vor langer Zeit stark | |
reduziert und beobachte nun eben eine Erholung auf äußerst niedrigem | |
Niveau. Immerhin zeige die Entwicklung: „Konsequenter Naturschutz lohnt | |
sich“, so Brandes. Positive Beispiele seien die wachsende Zahl von | |
Seeadlern und die Rückkehr des Wolfes. | |
Konsequenten Schutz fordert er, mit Blick auf den Nachhaltigkeitsgipfel | |
Rio+20 in Brasilien, weltweit. Obwohl er dem Staatentreffen Ende Juni „ein | |
großes Maß an Skepsis“ entgegenbringt, sei es doch wichtig. „Wir brauchen | |
beides, die großen internationalen Foren und die einzelne Tat vor Ort, | |
einzelne Unternehmen, die vorangehen und zum Beispiel besonders effizient | |
produzieren“, sagt Brandes. | |
## Bericht zur Lage der Welt 2012 | |
In Europa gebe es eine Bevölkerung, die zu großen Veränderungen bereit sei, | |
und trotzdem komme man nicht weiter, kritisiert er. Auch mit einer „noch | |
emotionaleren Ansprache“ müsse den Verbrauchern klar gemacht werden, dass | |
ihre Konsumentscheidungen auf die Biodiversität weltweit einwirkten, so | |
Brandes. | |
In ihrer Analyse einen Schritt weiter geht die Heinrich-Böll-Stiftung, die | |
heute zusammen mit der Entwicklungsorganisation Germanwatch ihren Bericht | |
zur Lage der Welt 2012 vorstellt. Auch er steht unter dem Vorzeichen des | |
Gipfels in Rio. | |
35 Autoren machen darin Vorschläge, wie Wirtschaft, Politik und | |
Zivilgesellschaft eine grüne und faire Lebensweise befördern können, heißt | |
es von der grünennahen Stiftung. Sie diskutieren auch die Frage, inwieweit | |
das Konzept einer „Green Economy“ in einer wachstumsorientierten Wirtschaft | |
überhaupt greifen kann. | |
15 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Heike Holdinghausen | |
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